In nüchternem Ton schildert die Biobäuerin in einem Video, weshalb sie die Knospe von Bio Suisse verloren hat: Zum Zeitpunkt der Bio-Kontrolle seien 25 Nicht-Bio-Schafe des Nachbars auf dem Betrieb gewesen. Die Tiere sollten helfen, die steilen Flächen zu beweiden, denn in diesem Jahr sei das Gras so stark gewachsen, dass die Bio-Ziegenherde nicht mit Fressen nachgekommen sei. Das habe 25 Verstösse und «ziemlich viele Strafpunkte» gegeben – zu viele. «Das finde ich eine völlige Frechheit», macht die Bäuerin ihrem Ärger Luft. Bio Suisse sei für sie nicht mehr glaubwürdig, und sie habe daher beschlossen, auszutreten. Ihre Geschichte hat sich auf Facebook rasch verbreitet und für viel Empörung gesorgt.
«Leider nicht der Fall»
«Ich kann den Ärger der betroffenen Familie verstehen. Mir ginge es wohl gleich», sagt Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli auf Anfrage. Da handle man mit guter Absicht und werde dann mit der Aberkennung der Knospe «bestraft». «Auf den ersten Blick scheint es ein sehr harter Entscheid zu sein», räumt Brändli ein. «Doch die Auf-gabe der Kontrolle ist es, zu prüfen, ob die Richtlinien von Bio Suisse eingehalten werden. Und das war hier leider nicht der Fall.»
Das Weiden von Tieren vom konventionellen Nachbarn auf Bioland wird grundsätzlich toleriert, es müssen aber diverse Anforderungen erfüllt sein. Zum Beispiel dürfen die Tiere nicht eingestallt werden, und es gibt kantonale Unterschiede zu beachten. «Biobetriebe sollten sich vor dem Umgang mit nicht Bio-zertifizierten Waren oder Tieren immer vorgängig informieren – entweder bei uns auf der Geschäftsstelle, im Internet oder auch bei der Kontrollstelle», rät Urs Brändli. Die Aberkennung der Knospe geschehe entweder aufgrund grober Verstösse oder einer Summe kleinerer Vergehen.
Möglichkeit von Rekurs
«Nicht nur unsere Kund(innen), auch die Knospe-Betriebe erwarten, dass die Versprechen der Knospe um- und durchgesetzt werden», betont der Bio-Suisse-Präsident. Bei Unklarheiten oder Härtefällen bestehe immer die Möglichkeit, via Rekurs eine erneute Prüfung eines negativen Kontrollentscheids zu verlangen.