Kommt künftig Kompost aus Trockentoiletten auf Feldern und Wiesen zum Einsatz? Ein Pilotversuch aus Uster liefert erfreuliche Ergebnisse und zeigt, wie menschliche Ausscheidungen unter bestimmten Voraussetzungen in Zukunft genutzt werden können.
Raus aus dem Kreislauf
40 000 Tonnen Stickstoff und 6 400 Tonnen Phosphor verliert die Schweiz jährlich mit ihrem Abwasser. Dieses gelangt via Kanalisation in die Kläranlagen, die es reinigen und zu Klärschlamm umwandeln. Früher schloss sich hier der Kreislauf, Landwirte bezogen den Klärschlamm ab Kläranlage und brachten ihn auf ihren Flächen als Dünger aus.
Das war aber problematisch, weil Klärschlamm neben Pflanzennährstoffen auch unerwünschte Schadstoffe wie Schwermetalle, Mikroplastik, Chemikalien und Arzneimittel-Rückstände enthält. Seit 2006 wird der Klärschlamm darum getrocknet, verbrannt und landet als Klärschlamm-Asche inklusive darin enthaltenem Phosphor auf einer Abfalldeponie.
Pflicht zur Rückgewinnung
Im Sinne des Kreislaufgedankens – die Schweiz importiert jährlich rund 15 000 Tonnen Phosphor in der Form von Dünger und Futtermitteln – und der 2016 eingeführten Abfallverordnung (VVEA), muss dieser Phosphor ab 2026 mindestens zu 50 % und ab 2036 zu mindestens 75 % rückgewonnen werden.
Die technischen Herausforderungen bei der Rückgewinnung sind gross, gerade weil hier die menschlichen Ausscheidungen mit Umwelt- und Industrieabwasser kontaminiert sind.
Einfacher hingegen ist die Situation, wenn die menschlichen Ausscheidungen von Anfang an separat gesammelt werden, wie zum Beispiel bei einer Trockentoilette von der Winterthurer Firma Kompotoi AG.
Pilotversuch in Uster
Die 2012 von Jojo Casanova-Linder gegründete Kompotoi stellt Trockentoiletten her, welchen die menschlichen Ausscheidungen getrennt (fest und flüssig) sammeln. Der Urin lässt sich bereits heute mit einem chemischen Verfahren zu Dünger rezyklieren. Die festen Ausscheidungen werden mit Holzspänen gemischt und können anschliessend kompostiert werden. Offen blieb bislang die Frage, ob dieser Kompost problematische Rückstände wie Medikamente, Krankheitserreger oder Antibiotika enthält.
Um dies zu klären, führte Kompotoi zusammen mit der Gärtnerei Kunz Baumschulen AG zwischen 2022 und 2024 in Uster einen Pilotversuch durch und produzierte Kompost aus Trockentoiletten-Inhalten. Dieser Inhalt besteht laut Kompotoi schätzungsweise aus 87 vol% Holzspänen, 10 vol% Urin und Kot und 3 vol% Toilettenpapier.
Die Gärtnerei Kunz legte auf ihrem Gelände in Uster zwei Kompostmieten mit einem Anteil von 13 bis 16 % Toiletteninhalt an. Grundlage der Mieten bildeten geschredderte Grünabfälle.
Sobald diese die nötige Heissrottephase erreicht hatten, wurden die Inhalte der Trockentoiletten beigemischt, um eine rasche Hygienisierung des Materials sicherzustellen. Nach sechs Wochen folgte eine sechswöchige Veredelungsphase zur Stabilisierung der Nährstoffe
Aus diesem Kompost entnahm man Proben, die von externen Partnern, wie dem Labor für Boden und Umweltanalytik (Schwermetalle), der Bachema AG (Seuchenhygiene – Krankheitserreger) und der ETH Zürich (Arzneimittelrückstände) untersucht wurden.
Ergebnisse überzeugen
Im April 2024 präsentierten die Verantwortlichen die Resultate des Schlussberichts im Rahmen einer Medieninformation.
Die gewonnenen Ergebnisse überzeugten: Grundsätzlich erfüllten die Kompost-Proben die gesetzlichen Qualitätsanforderungen an einen guten Kompost. Die Belastung mit Schwermetallen war unter den gesetzlichen Grenzwerten und lag gar unter dem Wert von normalem Gartenkompost.
Bei den Krankheitserregern lagen die Werte weit unter den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerten, bestimmte Erreger, wie zum Beispiel Salmonellen, konnten gar nicht gefunden werden.
Auch bei den Arzneimittelrückständen überzeugte der Kompost – er wies mehrheitlich keine Rückstände und wenn, nur in Spuren auf.
Warten auf Gesetzgeber
Die Ergebnisse aus dem Versuch zeigen somit: Menschliche Ausscheidungen, die nicht mit Umwelt- und Industrieabwasser verunreinigt sind, können schon heute verwertet werden.
Noch darf dieser Kompost aber nicht auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht werden – dazu fehlt eine gesetzliche Regelung. Der Schlussbericht des Pilotversuchs liegt inzwischen bei den Behörden, die nun über das weitere Vorgehen entscheiden.