Landwirte klagen über die zunehmende Bürokratie und den damit verbundenen Aufwand. Das ist verständlich – niemand entscheidet sich für einen so vielseitigen Beruf wie die Landwirtschaft, um dann stundenlang am Computer rumzutippen.

Zum Glück gibt es verschiedene Hilfsmittel. Eines der neuesten ist die künstliche Intelligenz (KI): Programme wie Chat GPT von der amerikanischen Firma Open AI sind über das Internet und als App auf Computer und Handy verfügbar.

Doch welchen konkreten Nutzen bringen sie der Landwirtschaft? Erleichtern sie tatsächlich die Arbeit? Diesen Fragen widmete sich Bernd Robert, Verantwortlicher für Smart Farming am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen (LZSG), vergangene Woche in einem Onlinekurs.

Arbeit mit Wahrscheinlichkeiten

Bisher konnten Landwirte bei Fragen auf Suchmaschinen wie Google zurückgreifen. Diese lassen sich mit riesigen Bibliotheken vergleichen, in denen ein Bibliothekar nach passenden Büchern sucht. Gibt man eine Anfrage ein, präsentiert die Maschine eine Auswahl an Quellen, die sie für relevant hält.

Künstliche Intelligenz funktioniert jedoch anders. Sie basiert auf einem «neuronalen Netz», also einer Art elektronischem Gehirn, das ähnlich arbeitet wie ein menschliches Gehirn. Trainiert mit grossen Datenmengen aus dem Internet, generiert sie Antworten auf Basis von Wahrscheinlichkeiten. Sie analysiert den eingegebenen Text und erstellt eine Antwort, indem sie Wort für Wort die wahrscheinlichste Fortsetzung wählt.

Ein Beispiel: Gibt ein Benutzer die Wörter «Eine Tomate ist ...» in eine Suchmaschine ein, zeigt diese verschiedene Websites mit Informationen zu Tomaten an – ähnlich wie ein Bibliothekar eben, der passende Bücher heraussucht.

Eine künstliche Intelligenz wie Chat GPT hingegen analysiert den Satz und vervollständigt ihn nach Wahrscheinlichkeiten. In der neutralen Version lautet seine Antwort: «... eine Frucht, die oft als Gemüse verwendet wird. Sie gehört zur Familie der Nachtschattengewächse.» Das Programm tritt also in einen vermeintlichen Dialog, indem es die wahrscheinlichste menschliche Antwort erzeugt.

Ein perfekter Schauspieler

Als Benutzer kann man die Antwort der künstlichen Intelligenz personalisieren, indem ihr verschiedene Rollen zugewiesen werden. Als Marketingverantwortliche vervollständigt sie den Tomatensatz wie folgt: «… ein wahres Multitalent der Natur! Saftig, aromatisch und voller wertvoller Nährstoffe.» Als Anbauleiter eines Gemüsebaubetriebs lautet die Antwort: «... eine ertragreiche, aber anspruchsvolle Kultur. Der Anbau erfordert sorgfältige Sortenwahl.»

Die Rollenzuweisung ist entscheidend für den erfolgreichen Einsatz von KI. So kann sie als Analyst Informationen aus Websites oder Dokumenten extrahieren, als kaufmännischer Assistent geschäftliche E-Mails verfassen oder als Eventplaner bei der Organisation eines Hoffestes helfen. Auch im Bereich Social Media unterstützt sie, indem sie Ideen für Beiträge liefert und Redaktionspläne erstellt.

Für einen maximalen Erfolg im Umgang mit der künstlichen Intelligenz dient laut Bernd Robert das «RAZZIA». Das steht für:

Rolle: Weisen Sie der KI eine spezifische Rolle zu, um passende Ergebnisse zu erzielen.

  • Aufgabe: Formulieren Sie in klaren, einfachen Sätzen, welche Aufgabe erledigt werden soll.
  • Zielgruppe: Definieren Sie die Zielgruppe, um die Textausgabe optimal abzustimmen.
  • Ziele: Beschreiben Sie, was die Zielgruppe durch den erstellten Text erreichen oder empfinden soll.
  • Informationen: Stellen Sie relevante Hintergrundinformationen bereit, um die Qualität der Ausgabe zu erhöhen.
  • Ausgabe: Geben Sie an, in welcher Form die Ergebnisse präsentiert werden sollen.

Risiken beim Einsatz

Wer mit künstlicher Intelligenz arbeitet, sollte sich der möglichen Risiken bewusst sein: Sämtliche eingegebenen Daten werden von Open AI genutzt, um das Modell weiterzuentwickeln, weshalb der Schutz der Privatsphäre eine zentrale Rolle spielt. Es sollten darum keine personenbezogenen Daten wie Namen oder Geburtstage etc. eingegeben werden.

Auch besteht die Gefahr, dass die bereitgestellten Informationen veraltet oder fehlerhaft sind, da die KI nicht in Echtzeit auf aktuelle Entwicklungen zugreifen kann. Als extremes Beispiel verweigert sie – je nach Herausgeber – auch eine Antwort oder liefert Propaganda. Bestes Beispiel dazu ist die künstliche Intelligenz «Deep Seek». Weil die Herstellerfirma aus China stammt, verweigert Deep Seek bei bestimmten Themen wie zum Beispiel dem Tiananmen-Massaker konsequent die Antwort.

Trotz ihrer nützlichen Funktionen ersetzt künstliche Intelligenz somit (noch) nicht das menschliche Fachwissen. Sie hilft aber etwa im Büro, verschiedene administrative Aufgaben zu erleichtern. Je nach Komplexität oder Fragestellung der Aufgabe bleibt die Kontrolle durch den Menschen aber unerlässlich.