Bereits das zweite Jahr in Folge gilt in Teilen des St. Galler Rheintals eine Anbauverbot für Mais nach Mais. Grund ist der Maiswurzelbohrer. Er wurde im September mittels Pheromonfallen an fünf Standorten im St. Galler Rheintal  gefunden. Das kantonale Landwirtschaftsamt hat darauf für die Region den Maisanbau für 2021 auf sämtlichen Flächen eingeschränkt, auf denen dieses Jahr bereits Mais angebaut wurde. Betroffen ist eine Fläche von 700 ha, das ist etwa ein Drittel der Maisanbaufläche des Kantons St. Gallen.

Der Entscheid kam überraschend

Auch Jörg Geiger trifft die Einschränkung. Er führt in Kriessern in einer Betriebsgemeinschaft einen Milchwirtschaftsbetrieb mit 130 Milchkühen und 72 ha Land. Die Fruchtfolge besteht aus Kunstwiese und jeweils 20 ha Mais für die betriebseigene Fütterung. 

Die Allgemeinverfügung des Landwirtschaftsamtes kam für ihn überraschend, «auch wenn wir den Schädling immer im Hinterkopf präsent haben». Auf seinen Maisflächen wurden zwar keine Maiswurzelbohrer gefangen. Aber weil die Einschränkungen in einen Radius von zehn Kilometern um den Fundort gelten, darf auch Geiger auf seinen Maisparzellen nächstes Jahr kein Mais anbauen. Für ihn sei das für ein, zwei Jahre organisierbar, sagt Geiger. «Dauert dieser Zustand die nächsten vier, fünf Jahre an, bekommen wir Probleme», gibt er zu bedenken.

Mehraufwand kostet Zeit und Geld

Der Maisanbau ist im Rheintal weit verbreitet. Die Verfügung stellt viele Betriebe vor eine Herausforderung  und hat erheblichen Mehraufwand für die Bauern zur Folge. Für Jörg Geiger bedeutet das zusätzliche Bodenbearbeitung und höhere Maschinenkosten, plus die Mehrkosten für das Grassaatgut.

Auch anbautechnisch sei es eine Herausforderung. «Wenn wir einen schönen, trockenen Herbst wie dieses Jahr haben, ist es kein Problem, nach der Maisernte Gras zu säen», erklärt Geiger. Dann kann man nämlich bereits im Frühjahr den ersten Schnitt nehmen. Wenn die Saat im Herbst nicht möglich ist, kann man erst im Frühling säen und bringt im Juni des Folgejahres den ersten Schnitt mit Vollertrag ein. Je nach Betrieb müsste dann Futter zugekauft werden.

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Weder nachhaltig noch ökologisch

Nach Ansicht von Jörg Geiger macht die Anbaueinschränkung aber auch aus anderen Gründen wenig Sinn. «Es ist weder nachhaltig, noch ökologisch», sagt der Milchbauer. An vielen Orten müssen jetzt Naturwiesen umgebrochen werden, damit trotzdem Mais angebaut werden kann.

Ausserdem würden in Vorarlberg, von wo her der Maiswurzelbohrer eingewandert ist, weniger strenge Fruchtfolgeregeln gelten als in der Schweiz. «Dort haben sie den Maiswurzelbohrer schon länger und bauen trotzdem vier bis fünf Jahre in Folge Mais an», bemerkt Geiger.

In der Schweiz müsse man lernen, mit dem Schädling zu leben, findet er. Die vom Kanton verhängte Verfügung ist seiner Ansicht nach nicht nachhaltig. «Es gäbe andere Möglichkeiten», wendet er ein. «Wenn die Stängel nach der Maisernte gemulcht werden, verringern sich die Überlebenschancen der Larven.»

St. Gallen als Versuchsregion besser geeignet

Bruno Inauen, Chef des St. Galler Landwirtschaftsamts, würde sich wünschen, dass es einen anderen Weg als die Anbaueinschränkung gäbe. Er sagt: «Unsere Meinung deckt sich mit der Meinung von Jörg Geiger. Wir vollziehen hier aber Bundesrecht und können leider keine Alternativmassnahme genehmigen.» Man sei aber, wie schon letztes Jahr, daran, das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) dazu zu bewegen, die heutigen Vorgaben anzupassen.

Derzeit läuft ein Versuch im Kanton Luzern mit einer normalen Fruchtfolge gemäss ÖLN, um herauszufinden, ob das ausreichen würde. Beim Landwirtschaftsamt St. Gallen hätte man sich schon letztes Jahr gewünscht, diese Massnahme auch als Versuch laufen zu lassen.

«Wir sind überzeugt, dass wir der geeignetere Kanton wären, da der Aussendruck aus Vorarlberg während der Versuchszeit dauernd hoch wäre, was in Luzern nicht der Fall sein wird», führt Inauen aus. Und er versichert, dass man hartnäckig bleiben werde, damit Alternativmassnahmen in künftigen Jahren auch im Kanton St. Gallen möglich werden könnten.

 

Funde auch in Zürich und Graubünden

Auch in den weiteren Kantonen in der Ostschweiz wurde der Maiswurzelbohrer diesen Herbst nachgewiesen. Im Kanton Zürich wurden an fünf Fallenstandorten adulte Tiere gefangen. Die Anbaueinschränkungen betreffen  fünf Gemeinden im Kanton Zürich sowie neun Gemeinden im Kanton Thurgau. Dort wurden zwar keine Maiswurzelbohrer gefangen, die Gemeinden liegen aber in einem Radius von zehn Kilometern um die Fundorte.

Sorgen bereitet der Schädling auch im Kanton Graubünden. Dort ist er schon länger in den Bündner Südtälern, im Misox, verbreitet. Positive Fänge gab es diesen Jahr erstmals in Nordbünden sowie im Prättigau, in der Bündner Herrschaft, im Domleschg und im Oberland. Dies sind die Hauptmaisanbaugebiete des Kantons Graubünden. 

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