Preise und Margen dürften «nicht zum Spielball der Agrarpolitik werden», fordert die IG Agrarstandort Schweiz (Igas) in einem neuen Positionspapier. Auch in der Landwirtschaft müsse bei der Preisgestaltung weiterhin das Prinzip «Staat hands off» gelten, also «Staat: Hände weg».

Verbesserungen dank Marktsystem

Seit die Preisbildung dem Markt überlassen werde, hätten sich Schweizer Wein, Käse, Rapsöl und Fleisch in Bezug auf Innovation, Qualität und Angebot positiv entwickelt. Zugleich seien Lebensmittelpreise im Gegensatz zu den restlichen Lebenshaltungskosten in den letzten Jahren nicht gestiegen. 

«Der Rückzug des Staates aus Preisgestaltung und Mengensteuerung von Schweizer Agrarprodukten hat sich bewährt», heisst es im Positionspapier. Die Vergangenheit habe gelehrt, dass staatliche Eingriffe in Margengestaltung oder Preise kontraproduktiv seien.

Erinnerung an Butterberge und Milchseen

Auch beim Schweizer Bauernverband (SBV) zieht man trotz der aktuellen Probleme eine positive Bilanz der Entflechtung von Markt und Staat. «Es hat sich vor allem in der Vergangenheit gezeigt, dass es sich nicht bewährt hat, wenn der Staat zur stark in die Preisgestaltung eingreift», sagt SBV-Direktor Martin Rufer: «Die Folge waren Butterberge und Milchseen». 

Ruf nach dem «Regulator»

Ganz anders tönt es beim Verein Faire Märkte Schweiz (FMS). Wegen der zunehmenden Marktmacht der Abnehmer würden die Produzenten nur ungenügend an der Wertschöpfung beteiligt, schreibt FMS in einer Reaktion auf das Igas-Papier. Der Staat müsse deshalb als ­Regulator «deutliche Impulse setzen». 

«Weniger Staat wirkt sich zulasten der Bauern aus», sagt FMS-Präsident Flückiger: «Die Konsequenz wäre: noch mehr Marktmacht und noch mehr Ungleichgewichte entlang der Wertschöpfungskette».

Marktposition nicht noch schwächen

Abo Proteste SBV setzt auf Petition, Kleinbauern unterstützen «Bauernaufstand» Friday, 2. February 2024 Heute sei das Problem eher, dass der Staat zu stark in die landwirtschaftliche Produktion eingreife und so Kosten verursache, sagt dagegen Martin Rufer: «Wir sind vor allem dankbar, wenn der Staat unserer Marktposition nicht durch weitere Auflagen und Kosten schwächt.»

Gefragt wäre staatliches Handeln aus Sicht des SBV allerdings beim Grenzschutz. Dieser müsse funktionieren. «Wir erwarten, dass der Bund diesen mit allen Mittel verteidigt», stellt Rufer klar. 

Verhandlungsgeschick gefragt

Um die Situation der Bauernfamilien zu verbessern, brauche es in der aktuellen Situation vor allem mehr Transparenz, ist Rufer überzeugt und spricht Klartext: «Zwischen Produzentenpreis und Konsumentenpreis haben wir aktuell keine Ahnung, wo die Preise liegen.»

Beim Aushandeln der Richtpreise sieht Rufer aber auch Verbesserungspotenzial auf Seiten der Landwirtschaft. Es brauche nun «klare Verhandlungsstrategien und eine konsequente Vorgehensweise derjenigen Produzentenvertretenden, die in den Branchen die Richtpreise verhandeln.» Hier könne die Landwirtschaft noch zulegen.