Auf dem Plantahof sei stets eine «edle Braunviehherde» zu halten. Unter anderem mit dieser Auflage verband Rudolf Alexander von Planta im Jahr 1895 die Schenkung seines Gutsbetriebs in Landquart an den Kanton Graubünden. Der Kanton hat sich über die Jahrzehnte an diese Vorgabe gehalten. Im neuen Milchviehstall des Plantahofs stehen auch heute noch Braunviehkühe. Seit dem Jahr 2003 sind es sogar zwei Herden.
Spannweite aufzeigen
Der Grund dafür ist in den Leitsätzen des Plantahofs für die Weiterentwicklung seiner Gutsbetriebe festgehalten. Durch die Unterteilung in mindestens zwei Teilherden unterschiedlicher Produktionsfirmen soll eine möglichst grosse Spannbreite der bäuerlichen Milchviehhaltung aufgezeigt werden. Bis ins Jahr 2016 wurde am Plantahof neben der Leistungsherde (siehe Kasten) eine Raufutterherde geführt. Das Ziel dieser Herde bestand darin, auf Basis von Raufutter, aber ohne den Einsatz von zugekauftem Soja oder anderem Kraftfutter eine optimale Milchleistung zu erzielen. Da sei erstaunlich viel möglich, weiss Marco Bettini, Stallchef und Leiter Milchviehzucht am Plantahof: Die Differenz in der Laktation zwischen Leistungs- und Raufutterherde hätten sich lediglich zwischen 1000 und 1500 Kilogramm bewegt – und dies bei einer Leistungsherde mit ausgeprägt hohen Milchleistungen von um die 10 000 Kilo gramm pro Laktation.
Hohe Milchleistung
Die Leistungsherde des Plantahofs besteht aus 30 Kühen. Die Zuchtziele dieser Herde sind identisch mit jenen von Braunvieh Schweiz. Die Tiere werden über das ganze Jahr im Laufstall mit dem grosszügigen Laufhof gehalten und mit einer Totalmischration gefüttert, Kraftfutter beziehen sie über Automaten. Auch wenn im Moment kein absolutes Spitzentier wie etwa Zeus-Palma, Europameisterin des Jahres 2016, im Stall des Plantahofs steht, nimmt der Plantahof mit Tieren aus dieser Herde an Schauen teil. Neben guten Exterieur-Merkmalen gehört auch eine hohe Leistungsbereitschaft zu den Zuchtzielen. Bei einer durchschnittlichen Milchleistung von rund 11 500 Kilo bei 26 Abschlüssen im Jahr 2019 ist diese Bereitschaft zur Leistung gegeben.Gute Tiergesundheit und ein auf das Minimum beschränkter Einsatz von Antibiotika sind weitere Bestandteile des Betriebsmanagements.
Seit dem Jahr 2016 wird die Raufutterherde in eine Grünlandherde umgebaut. Gefüttert wird diese ausschliesslich mit Gras und Heu. Lediglich zu Beginn der Laktation erhalten die Kühe der Grünlandherde, sozusagen als Energieschub, Kraftfutter: 300 Kilogramm pro Tier und Jahr. «Diese Ration ist absolut tauglich mit den Vorgaben zur graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion», sagt Rolf Hug, der Leiter Gutsbetriebe am Plantahof. «95 Prozent der Fütterung basiert auf Gras.»
OB-Herde im Aufbau
Die Grünlandherde umfasst gegenwärtig 40 Brown-Swiss- Kühe. In diese Herde integriert sind vier Original-Braunvieh-Kühe. Ziel ist es, den Bestand an OB-Kühen auf zehn zu erhöhen. Mit dem Aufbau einer OB-Herde wollen die Verantwortlichen des Plantahofs auch dieser wichtigen Sparte der Braunviehzucht ein repräsentatives Schaufenster geben. Gegenwärtig steht der Milchviehstall des Plantahofs mehr als zur Hälfte leer. Die Kühe der Graslandherde befinden sich seit Mitte Mai auf der zum Plantahof gehörenden Alp Parpan. Dort bleiben sie bis zum Ende der Alpsaison, voraussichtlich bis Mitte September. Der Weidegang ist ein wichtiger Bestandteil im Management der Grünlandherde. Bereits ab etwa Mitte März werden die Kühe neben dem Stall in Landquart wechselweise über Nacht oder Tag geweidet. Ab Anfang April herrscht dann Vollweidebetrieb, die Kühe sind rund um die Uhr auf der Weide. «Das ist an sich ideal», sagt Rolf Hug. «Der Wechsel vom Tal- zum Alpbetrieb ist für die Kühe mit keiner weiteren Umstellung bei der Ernährung verbunden. Sie wechseln von der einen zu einer anderen Weide.» Beim Aufbau der Genetik der Grünlandherde spielt der Aspekt der Langlebigkeit eine wichtige Rolle. Deshalb soll sich diese Herde inskünftig aus mittelgrossen Tieren zusammensetzen. Die Entwicklung dieser Herde ist allerdings ein dynamischer Prozess, da man keine Tiere zukaufte, sondern mit der früheren Raufutterherde weiterzüchtet.
Dem Zeitgeist geschuldet
Die Neuorientierung weg von einer Raufutterherde hin zu einer Grünlandherde sei bis zu einem gewissen Grade auch dem Zeitgeist geschuldet, sagt Rolf Hug. So werde gegenwärtig in der Agrarpolitik die graslandbasierte Fleisch- und Milchproduktion gefördert. Die züchterischen Ziele, die der Plantahof mit der Grünlandherde verfolgt, entsprechen zudem fast eins zu eins jenen der IG Neue Schweizer Kuh und orientieren sich am Weidezuchtwert von Braunvieh Schweiz. Und auch in der gegenwärtig öffentlichen Meinung, so konstatiert Hug, komme eine Low-Input-Strategie mit viel Weidegang, die hinter der Grünlandherde steht, wohl gut an. Besser als eine Strategie, die mit einem hohen Einsatz an zugekauftem Kraftfutter verbunden ist und auf Weidegang verzichtet.
Von Alpwirtschaft geprägt
«Es sind zwei extreme Formen der Milchviehzucht, die wir mit unseren beiden Herden den Lernenden vorstellen», sagt Rolf Hug. «Für die Ausbildung ist dies aber gut.» Die meisten Lernenden würden sich im Berufsleben für einen Mittelweg entscheiden. In der Praxis sei es zentral, dass man die Ausrichtung seines Betriebs den örtlichen Gegebenheiten anpasse. Im Falle des Plantahofs ist die Ausrichtung der Grünlandherde stark von der Alpwirtschaft geprägt. Dies nicht zuletzt aus einem wirtschaftlichen Aspekt: Alpkäse ist ein gefragtes Produkt. Er ermöglicht einen guten Preis für die Milch, die auf der Alp gemolken und verkäst wurde. Deshalb ist den Verantwortlichen des Plantahofs eine hohe Milchleistung auch während der Alpung wichtig: «Wir erreichen durchschnittlich über 1200 kg pro gealpte Kuh. Das ist ein guter Wert», konstatiert Marco Bettini. Die Alpung hat auch noch einen weiteren Einfluss auf das Herdenmanagement. Ziel ist eine saisonale Abkalbung während der Winterfütterung. Das bedingt eine Erstabkalbung im Alter von entweder 24 oder aber 36 Monaten. Das erstere ist relativ früh und widerspricht in einem gewissen Grad einem extensiven System. «Wir werden von Fall zu Fall entscheiden, welche Variante für welches Tier besser ist», sagt Rolf Hug.
Kritische Reaktionen
Graubünden ist ein Kanton mit einer relativ grossen Zahl an bekannten Züchterfamilien, die mit ihren Tieren regelmässig an grossen und wichtigen Schauen Preise und Auszeichnungen gewinnen. Die Ankündigung, die Leistungsherde zu verkleinern und die Raufutterherde in eine Graslandherde umzubauen, hat denn auch zu kritischen Reaktionen geführt. Diese Aufregung habe sich gelegt, sagt Rolf Hug. Nicht zuletzt, weil man mit den Leuten gesprochen habe und die Überlegungen hinter der Neuausrichtung dargelegt hat. Und auch deshalb, weil sich der Plantahof in keiner Weise vom Schauwesen verabschieden möchte. Dieses liegt Marco Bettini, dem Leiter der Milchviehzucht des Plantahof, am Herzen. Bettini ist offizieller Schau-experte von Braunvieh Schweiz und richtet und kommentiert in dieser Eigenschaft nationale Viehschauen. Dem Wunsch von Rudolf Alexander von Planta nach einer «edlen Braunviehherde» dürfte am Plantahof weiterhin nachgelebt werden.