Eine naturnahe und nachhaltige Lebensmittelproduktion ist Landwirt Pirmin Adler ein wichtiges Anliegen. Vor rund einem Jahr stiess der 42-Jährige auf das Thema Regenerative Landwirtschaft, befasste sich intensiv damit, besuchte dieses Jahr auch einen neuntägigen Kurs. Und bewirtschaftet nun den 22-Hektaren-Betrieb mit Mutterkuhhaltung in der Reussebene nach diesen Grundsätzen.
Fleisch nach Kundenwunsch
Den Betrieb hat Pirmin Adler von den Eltern vor fünf Jahren übernommen, der Vater hatte schon vor 18 Jahren von Milch- auf Mutterkühe gewechselt. Ein grosser Teil des Fleisches der reinrassigen Limousin-Mastrinder wird direkt vermarktet, unter dem Logo Adlerzart. Geschlachtet werden eher schwere Rinder mit einem Gewicht von rund 600 Kilogramm, nur wenige leichtere noch als Natura-Beef. Die Zerlegung nach Kundenwünschen besorgt die nahe Metzgerei Klauser, dort kann Pirmin Adler das Fleisch auch einlagern.
Betrieb Adler
Betriebsleiter: Pirmin Adler
Ort: Reusshöfe, Oberrüti, 400 m ü. M.
Flächennutzung: 22 ha LN, davon 2 ha Mais, zusätzlich rund 3 ha Schnittnutzung extern
Tierbestand: 35 Limousin-Mutterkühe, insgesamt 85 Stück Vieh
Arbeitskräfte: Einmannbetrieb,Mithilfe der Eltern bei Spitzenzeiten
Chance Direktvermarktung
Ökologie und die Produktionsweise seien vielen Kunden ein Anliegen, sagt Adler. Das sei mit ein Grund für den Umstieg auf die neue Produktionsweise. «Das ist ein Differenzierungsmerkmal in der Direktvermarktung gegenüber Mitbewerbern.» Vor allem im Detailhandel finde man noch keine Produkte, die so deklariert seien.
Wer Regenerative Landwirtschaft betreibe, erfülle relativ einfach die Richtlinien der biologischen Landwirtschaft. Der Umstieg auf Bio ist auf 2022 geplant, derzeit in der Aufbauphase wolle er noch flexibel bleiben.
Humus auf- statt abbauen
Die Böden hier seien zwar gut, eher schwer und die Wiesen raigrasfähig. Dank der Grünlandwirtschaft werde schon heute wenig Humus gezehrt. Gleichwohl wolle er diese verbessern, den Humusaufbau fördern, und mehr Leben in die Böden bringen. Das ist ein wichtiger Grundsatz der Regenerativen Landwirtschaft, im Gegensatz zur weit verbreiteten «deregenerierenden Landwirtschaft», wo global die Flächen eher Humus verlieren. «Intensive Bewirtschaftung führt zu Humusabbau, so drohen Flächen global langfristig zu verwüsten.»
Im Zentrum der Regenerativen Landwirtschaft stehe ein gesunder Boden mit einer gesunden Bodenbiologie. «Nur so können auch gesunde Pflanzen wachsen, und so resultieren gesunde Menschen, ein gesundes Klima, und gesundes Wasser», erklärt Adler.
Boden als C-Speicher
Es sei ihm deshalb ein Anliegen, zu den Böden Sorge zu tragen und diese eher noch aufgewerteter gegenüber heute weiterzugeben, sagt Adler. Humus bestehe zu 58 Prozent aus Kohlenstoff, und je mehr Humusgehalt, desto höher auch die Wirkung als CO2-Speicher. Das verbessere auch die Biodiversität. Hohe Humusgehalte ermöglichten zudem eine Absicherung bei extremem Wetter, dank hoher Wasserspeicherung. Ein Vorteil, bei zunehmend trockeneren Jahren. Solche Böden seien einfach stabiler, und dank des Potenzials der CO2-Kompensation könne das auch eine neue Einkommensquelle sein. Adler sieht da durchaus Potenzial für die Schweizer Landwirtschaft. «Boden hätte so eine gewaltige Kraft als CO2-Speicher.» Das wäre auch ein gutes Argument, um die Landwirtschaft besser zu vermarkten.
Regenerative Landwirtschaft
Durch gezielte Nutzung des Zusammenspiels von Fotosynthese, Bodenleben und von Haupt- und Zwischenkulturen sollen die Böden regeneriert werden, definiert Pirmin Adler. Wichtige Massnahmen dazu seien bodenbelebende Düngung, Lockerung des Unterbodens und Wurzelstabilisierung, dauerhafte Begrünung, ganzheitliches Weidemanagement. Und die Kulturen durch stressmindernde Behandlungen zur maximalen Fotosyntheseleistung zu bringen.
Bei Fleisch differenzieren
Als Fleischproduzent habe er überhaupt Mühe, wie heute Fleisch essen verteufelt werde, sagt Pirmin Adler. Dabei müsste doch viel mehr differenziert werden. Er produziere nachhaltig ohne Fremdfutter, auf gesunden Böden. Wiederkäuer würden doch wertvolle Produkte aus Gras ermöglichen, schiebt er nach. Das sei doch viel sinnvoller, als auf rein pflanzliche Produkte zu setzen, die irgendwo in Monokulturen auf Böden ohne Biodiversität angebaut würden und wo der Boden an Humus verliere und damit CO2 freisetze.
Neue Bewirtschaftungsmethoden
Pirmin Adler startete den Umstieg dieses Jahr zuerst mit einer Analyse, konkret mit detaillierten Bodenproben, welche Auskunft über die chemische Zusammensetzung und auch den Kohlenstoff-Gehalt liefern. So würden die Nährstoffverfügbarkeit und Schwachstellen im Boden erkannt.
Um die Nährstoffe ins Gleichgewicht zu bringen, müsse bodenbelebend gedüngt werden. Das heisst, wenn möglich nur Dünger einsetzen, welche die Bodenbiologie nicht stören.
«Verfaulte Produkte in den Boden zu bringen ist ein Schock für die Bodenbiologie.» Die Gülle wird konsequent fermentiert, dazu streut Adler täglich Pflanzenkohle und Gesteinsmehl über den Spaltenboden im Laufhof, in die Liegeboxen und den Miststock. Das verhindert Fäulnis, speichert Nährstoffe und reduziert die Gerüche.
In der Fütterung setzt er Zeolith ein, dieses Natursilikat bindet Ammonium schon in der Kuh. Zudem nutzt er «effektive Mikroorganismen» (EM) und vermehrt diese selber. Beim Boden wird darauf geachtet, dass dieser immer begrünt ist, im Mais setzt Adler deshalb auf Untersaaten. Möglichst alle Flächen werden beweidet und zwar nur kurz, täglich wird weitergezäunt. Die Wiesen werden gemulcht, Gründüngungen oberflächlich eingefräst. Die Verrottungsprozesse werden unterstützt mit milchsauren Fermenten. Adler setzt flächig auch Komposttee ein, zur Steigerung der pflanzlichen Fotosynthese.
Das sorge schon für Diskussionen, wenn er fast wöchentlich mit der Spritze auf die Wiesen fahre. Deshalb hat der den Tank beschriftet: «Ich vitalisiere mit Komposttee».
Und ab nächstem Jahr will er den Boden-Untergrund lockern und mit Wurzeln stabilisieren, eine Maschine dafür ist derzeit im Bau. Die Mechanisierung passt er nun laufend an, tüftelt an passenden Geräten, zusammen mit seinem Bruder, der gelernter Landmaschinenmechaniker ist. Er sei in der Region schon noch etwas ein Pionier, sagt Adler, er pflege deshalb den Wissensaustausch mit anderen Kursteilnehmern. Regenerative Landwirtschaft stosse aber auf zunehmendes Interesse.
Mit den ersten Erfahrungen nach einem Jahr ist Adler schon sehr zufrieden. Er konnte neue Kunden gewinnen und die Tiergesundheit sei sehr gut. «Wir hatten keinerlei Probleme mit unseren Tieren.» Berufskollegen würden ihm positive Veränderungen beim Pflanzenbestand bestätigen. Und die Erträge hätten keineswegs gelitten. Die Herausforderung sei, die richtigen Massnahmen zu finden, um ein optimales Gleichgewicht zu erreichen