Ab diesem Jahr führen die Behörden schweizweit vermehrt risikobasierte Kontrollen für die Direktzahlungen durch (wir berichteten). Grundkontrollen gibt es aber weiterhin. Diese werden allerdings reduziert. So dehne sich beispielsweise der maximale Abstand zwischen zwei Grundkontrollen für alle Direktzahlungsprogramme und den Ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN) von vier auf acht Jahre aus, erklärt Florie Marion vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Wir fragten nach, was sich dadurch ändern wird.
Definition «risikobasiert»
Die neue Kontroll-Art verfasste eine Arbeitsgruppe des BLW, Landwirtschaftsämter, Kontrollstellen und der Schweizer Bauernverband (SBV). Das risikobasierte Kontrollsystem orientiert sich an folgenden Punkten:
- Mängelfreie Betriebe werden weniger häufig kontrolliert.
- Betriebe mit Verstössen und Mängeln aus früheren Kontrollen werden häufiger kontrolliert.
- Die Zahl der Grundkontrollen nimmt ab.
- Die Grundkontrollen dauern weniger lang als früher, weil nur die Fokus-Kontrollpunkte geprüft werden und nicht mehr alle Kontrollpunkte.
Insgesamt 15 bis 20 % weniger Kontrollen durch das neue System
Florie Marion erklärt auf Anfrage, dass aufgrund der gezielteren Vorgehensweise rund 15 bis 20 weniger Kontrollen nötig seien. Gleichzeitig gilt eine strengere Meldepflicht bei offensichtlichen Verstössen ausserhalb des Kontroll-Auftrages.
Die Kontrollstellen sollen die vorhandenen Ressourcen vor allem in Betriebe investieren, die gewisse Risiko-Kriterien aufweisen, berichtet das BLW. Die Kriterien sind die folgenden:
- Festgestellte Mängel aus früheren Kontrollen.
- Begründeter Verdacht.
- Wesentliche Änderungen auf dem Betrieb (beispielsweise grosse RAUS-Milchviehbetriebe, Programm-Anmeldung, Bewirtschafter-Wechsel, Umstellung).
Was unter die Lupe kommt
Die Bereiche mit höheren Risiken werden vom BLW jährlich angepasst und erweitert. Für dieses Jahr gelten folgende Punkte als Risiko-Bereiche:
- Erosionsschutz und Begrünung
- Pflanzenschutz (ab 2022 jährlich rund 1000 Rückstandsanalysen)
- Pufferstreifen aller Art
- Tierwohl: Weideflächen, regelmässiger Auslauf (RAUS)
Anhand von Fokus-Kontrollpunkten wolle man die wichtigen und kritischen Kontroll-Bereiche eines Programms oder des ÖLN genauer unter die Lupe nehmen. Auch diese legt das BLW jährlich fest. Die jährlichen Veränderungen würden aber relativ gering sein, heisst es in einer Präsentation des BLW.
Mängel regional verschieden
Betriebe, die Mängel aufweisen, werden im Folgejahr im entsprechenden Mangelbereich nochmals überprüft. Bei Verstössen werden Direktzahlungen gekürzt. Florie Marion erklärt, dass das Kontroll-Personal in Regionen mit hohen Nutztierdichten vermehrt Tierwohl-, Tierschutz- und Nährstoffbilanzverstösse feststelle. In Bereichen, wo der Pflanzen- und Ackerbau vorherrscht, seien es hauptsächlich Verstösse im Bereich der Dokumentationen, der Biodiversität und des ÖLN. Die von der Verordnung über die Koordination der Kontrollen auf Landwirtschaftsbetrieben (VKKL) beschriebenen Weisungen seien eine Vorgabe des Bundes und betreffen alle Kantone, erklärt Marion. Innerhalb dieser Vorgaben seien die Kantone jedoch frei, die Kontrollen zu organisieren.
Die Anzahl unangemeldeter Tierwohl-Kontrollen nimmt
«Ein Beispiel: Jeder Kanton muss mindestens 40% der Tierwohl-Kontrollen unangemeldet vornehmen anstatt bisher mindestens 10%. Es gibt Kantone, die machen über 90% der Tierwohl-Kontrollen unangemeldet, andere nur 50%», so Marion weiter. Kontrollstellen müssten auch jene Mängel melden, die sie ausserhalb ihres Kontroll-Auftrages feststellen. Diese Vorgabe gelte neu auch für alle offensichtlichen Mängel und nicht nur für gravierende Verstösse.
Augenschein und Rundgang
Ebenfalls neu ist, «dass bei einer ÖLN-Kontrolle sowohl ein Betriebsrundgang als auch ein Augenschein der Tiere im Stall und auf der Weide – mit bestimmten Ausnahmen – zwingend ist», ist einer Meldung des BLW zu entnehmen. Bei der Kontrolle von Biodiversitätsflächen der Qualitätsstufe II und der Vernetzung soll sich das Kontroll-Personal auf eine Auswahl von Flächen jedes Biodiversitätstyps und jeder Vernetzungsmassnahme konzentrieren und nicht mehr zwingend alle Flächen untersuchen, berichtet das BLW.
Mängelfreie Betriebe sollen entlastet werden
Generell erwarten die Kontrollstellen, dass der administrative Aufwand für die Betriebe und die Behörden abnimmt. Daher sei das System durch die häufigeren Stichproben und die gezielteren Kontrollen glaubwürdiger und effektiver, ist Florie Marion überzeugt. So sollen die «schwarzen Schafe» an die Kasse gebeten und mängelfreie Betriebe entlastet werden.