26 Bauernbetriebe gibt es in der rund 10 600 Einwohner zählenden Gemeinde Flawil – und es hat ca. 120 aktive Vereine. Man hat den Eindruck, jeder und jede Einwohner(in) sei irgendwie engagiert. So auch Roman Stüdli.

Bauernverein und Fachstelle

Er ist Präsident der Bauernvereinigung Flawil und der IG Nachhaltige Zukunft Flawil. Zudem ist er, seit er nicht mehr Gleitschirm fliegt, im Vorstand des Frisbee-Clubs und öfters auf dem Frisbee-Parcours unterwegs. «Das ist mein Ausgleich zum Beruf», sagt der Landwirt, der den Betrieb Landberg oberhalb von Flawil bewirtschaftet. Seit dem 1. Juli hat er noch einen weiteren Job: Er teilt sich die Leitung der Fachstelle Obst mit Stefan Freund.

Zu weiteren Vereins- oder Parteizugehörigkeiten befragt, sagt der 43-jährige Obstbaumeister: «In einer Partei bin ich nicht. Aber man kennt sich und kann mit allen Parteipräsidenten gut zusammenarbeiten.» Besonders wichtig ist ihm die Bauernvereinigung Flawil. «Wir haben einen regelmässigen Austausch mit den Gemeindebehörden und verschaffen uns Gehör», berichtet er. So können die Bauern ihre Bedenken zu Strassenbauprojekten ansprechen, wenn beispielsweise Strassen oder landwirtschaftliche Zufahrten durch Kreisel oder Poller so verengt würden, dass man mit den Maschinen nicht mehr durchkäme.

Holz statt mit Beton

Mit der IG Nachhaltige Zukunft Flawil setzte sich Stüdli 2021 dafür ein, dass die neue Turnhalle aus Holz statt mit Beton gebaut wurde. «Holzverarbeitung und Bauweise sind mir wichtig», sagt er. Das erstaunt nicht, schliesslich hat Stüdli Schreiner gelernt und mit dem Holztechniker HF abgeschlossen. Fünf Jahre lang arbeitete er als Werkstattchef, Ausbildner, Küchenplaner und Messeplaner bei der Schreinerei Türmlihuus in Flawil.

Als das Thema Hofübergabe auf dem elterlichen Betrieb Landberg aufkam, beschlossen Roman Stüdli und seine Frau Melanie, in den Betrieb einzusteigen. Er machte die Zweitausbildung zum Landwirt, dann die Betriebsleiterschule mit den Obstbaumodulen und schloss schliesslich die Meisterprüfung ab.

Die sechste Generation

«Unseren Familienbetrieb bewirtschaften wir in der sechsten Generation – also fast seit dem 17. Jahrhundert», erzählt Stüdli. Seither hat sich viel geändert. Auch Melanie und Roman Stüdli strukturierten den Betrieb 2012 um. Sie hörten mit den Mastsauen auf. 2018 gründeten sie eine Betriebszweiggemeinschaft (BZG), wodurch die Kühe den Hof verliessen und auf einen Nachbarbetrieb kamen. Seit 2023 bauen die drei BZG-Partner Braugerste an. Geliefert wird sie an die Brauerei Schützengarten, die daraus das «Landbier» herstellt. «Das ist eine ‹gfreute› Sache. So kann man mit guten Gewissen Most und Bier trinken», sagt Stüdli lachend.

Auf dem Landberg-Hof dehnte das Betriebsleiterpaar den Obstbau und die Direktvermarktung aus. Keines ihrer Produkte nimmt den Weg in den Handel. Alles wird direkt vermarktet. Roman Stüdli erinnert sich an seinen Betriebseinstieg: «Am meisten Mühe bereitete mir, dass man die Milch abliefert und der Abnehmer den Preis bestimmt.» Das war er sich von seiner vorherigen Berufserfahrung in einem Gewerbebetrieb nicht gewohnt. Dort zählten die Kosten. Vor- und Nachkalkulationen gehörten dazu – ebenso wie Verkauf, Werbung und Marketing.

Preisbildung und Wertschätzung

Mit der Direktvermarktung haben Stüdlis den wirtschaftlichen Erfolg in den eigenen Händen. «Das Schöne ist, dass man die Preisbildung selbst machen kann. Und die Wertschätzung, die Kunden einem geben», findet Roman Stüdli. Seine Kostenstruktur hat er im Griff. «Sich nur auf Richtpreise zu verlassen und darauf zu hoffen, dass etwas übrig bleibt, funktioniert nicht», bringt er es auf den Punkt. Rund 60 % der Kundschaft sind Stammkunden. Kirschen und Zwetschgen locken zudem viele Laufkunden in den Hofladen. Kindertagesstätten, Firmen oder Schulen beziehen regelmässig Obst von Stüdlis. Neben dem Hofladen stellen sie ab Beginn der Zwetschgensaison jeweils am Samstag einen Marktstand beim St. Galler Bauernverband in der Magdenauerstrasse in Flawil auf und verkaufen dort Zwetschen, Äpfel, Konfitüre und Landberg-Most.

Der Sortenspiegel ist vielseitig, sodass die Kunden neben Gala auch mal einen Ladina, Diwa oder Rubinette ausprobieren können. Letztes Jahr hatten Stüdlis im Gegensatz zu vielen Obstbauern Pech. Im Mai zerstörte ein lokales Hagelereignis einen Grossteil der Ernte. «Bei den Zwetschgen gab es gar nichts. Die Kirschen waren gedeckt, die konnten wir retten.» Dafür sei er anschliessend eine Weile mit dem Flicken des Hagelnetzes beschäftigt gewesen.

Holunderplantage

Dieses Jahr sieht es gut aus. «Die Sonne im Mai und Juni war Gold wert», sagt Stüdli und geht durch die Holunderplantage. Die Holunderbäume stehen seit 30 Jahren und sind so geschnitten, dass Stüdlis alle Blüten vom Boden aus ernten können. Die Ernte beginnt Ende Mai. «Wir machen mit zehn bis zwölf Helfern, allen voran meinen Eltern, jeweils vier bis fünf Pflückdurchgänge», erklärt der Betriebsleiter. Auch jetzt noch sind einzelne Blüten zu sehen, in erster Linie aber die viele Beeren. «Die Holunderbeeren reifen ungleichmässig. Man muss sie lange hängen lassen, bis jede Beerentraube durchgehend ihre dunkle, satte Farbe hat», sagt Stüdli. Je länger sie hängen, desto grösser sei aber das Risiko, dass sie von der Essigfliege befallen werden. «Dann hilft nur Spinosad», sagt Stüdli. Das Insektizid basiert auf natürlichen Wirkstoffen und ist auch im Biolandbau zugelassen – aber nicht unbedingt gut für die Artenvielfalt der Insektenwesen.

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Gerne etwas mehr Flexibilität

Biodiversität ist aber für Roman Stüdli wichtig. 14 % der Betriebsflächen sind BFF-Flächen – und alle im QII-Status. Von QI auf QII zu kommen, sei nicht so einfach. «Das braucht Zeit», sagt Stüdli. Auf einer Parzelle – eine Weide mit steilem Bort – machten sie 2019 eine Neuansaat. Dafür ebneten sie Kuhwege aus und der BZG-Partner fuhr mit der Kreiselegge-Säkombination. Dafür sei eine Seilwinde nötig gewesen. Auf einer anderen QI-Parzelle transferierten sie von einer schönen und artenreichen Blumenwiese das Schnittgut, sodass dieses versamte. Das Resultat kann sich als QII-Wiese sehen lassen. 

«Manchmal wünsche ich mir bezüglich der BFF-Vorschriften etwas mehr Flexibilität», sagt Stüdli. Erstmals entdeckte er dieses Jahr auf seiner Wiese Klappertopf. «Wenn ich nächstes Jahr früh, also vor dem offiziellen Schnittzeitpunkt am 15. Juni, mähen könnte, wäre der Klappertopf weg», sagt er. Für einen frühen Schnitt brauche es jedoch eine Sonderbewilligung. Diese erhält man erst, wenn der Deckungsgrad des Klappertopfs in QII einen Anteil von mindestens 25 % hat. Nichts da mit «wehret den Anfängen». Stüdli findet: «Auch alle paar Jahre eine Mistgabe auf den Ökoflächen wäre gut.» Sonst würden diese Wiesen dermassen ausmagern, dass auch die Biodiversität verloren gehe. 

Stefan Freund aus Bühler
Stefan Freund und Roman Stüdli treten die Nachfolge von Richard Hollenstein an und teilen sich seit dem 1. Juli zu je 50 % die Leitung der Fachstelle Obstbau am LZSG. Stüdli ist hauptsächlich für Tafelobst zuständig, Stefan Freund für Hochstamm, Obstverarbeitung sowie die Edelbrandprämierung. Beide sind engagiert im Unterrichts- und Kurswesen. «Die gegenseitige Stellvertretung ist sichergestellt. Das ist uns wichtig», sagt Stefan Freund.[IMG 3]

Stefan Freund (52) ist Meisterlandwirt und seit 29 Jahren als Betriebsleiter der Obstversuchsflächen für die Fachstelle Obstbau tätig. Er bewirtschaftet mit seiner Familie einen 16 ha grossen Biobetrieb in Bühler. Der Bauernhof «Göbsi» ist online gut zu finden – mit der schönen Webadresse www.freundlicher.ch. «Wir produzieren Natura-Beef und Strom für zwölf Familien», erzählt er. Mostobst gebe es vor allem für die Selbstversorgung. Und weiter: «Bei einer reichhaltigen Ernte beliefern wir die IG Appenzeller Obst für die Herstellung von ‹Bschorle›.»

Betriebsspiegel Landberg Hof

Name: Melanie und Roman Stüdli

Ort: Flawil SG

Nutzfläche: 15,3 ha 

Kulturen: Obst und Beeren 3 a Erdbeeren, 0,25 ha Kirschen, 60 a Äpfel, 60 a Holunder, 20 a Zwetschgen

Tierhaltung: 130 Legehennen

Weiteres: 2,5 ha Wald