Quasi Schichtwechsel an den landwirtschaftlichen Bildungszentren und auf den Lehrbetrieben. Viele starteten im August ihre Ausbildung. Andere, wie Ivan Heller, wurden im Juli diplomiert und geniessen nun neue Freiheiten, wie ein Besuch in Hergiswil bei Willisau zeigt.

Heller bleibt noch ein wenig

Wobei sich für Ivan Heller aus Willisau vorderhand nicht so viel verändert hat, vom Schulstress mal abgesehen. Dabei ist Stress im Fall von Heller nicht das richtige Wort ist. Er ging nicht ungern ans BBZN nach Schüpfheim im Kanton Luzern, es war jedenfalls kein «Müssen».

Anlässlich der Diplomierung wurde er sogar mit dem Goodwill-Preis ausgezeichnet. Ein Preis, mit dem das Verhalten in der Klasse und während des Unterrichts gewürdigt wird. Heller vermutet, dass er diesen bekommen habe, weil er «ständig den Zeigefinger hochstreckte». Damit ist gemeint, dass er gerne auf Fragen antwortet oder selber solche stellte, wie er lachend erklärt.

Der 18-Jährige arbeitet noch bis Ende August auf seinem 3.-Lehrjahr-Betrieb bei Familie Bernadette und Ludwig Grüter auf dem Spitzacher mit. Bei Grüters ist Sohn Pascal, der nach der Ausbildung zum Landwirt bei einem Stalleinrichter arbeitet und nebenbei noch die Betriebsleiterschule besuchte, zurück auf dem Betrieb. Heller dürfte vorerst deshalb der letzte Lehrling gewesen sein, bemerkt Ludwig Grüter, der mit seinem Sohn eine Generationengemeinschaft plant. Die drei Landwirte unterstützen nun während der kurzen Umbauphase in einen Roboterstall die Monteure.

Sägerei und Militärdienst

Danach hat Ivan Heller, der in seiner Freizeit mit dem Motorrad unterwegs ist und in der Werkstatt gerne allerlei «Sachen flickt», bereits eine Anstellung in einer Sägerei. Auch das Militär wartet. Auf seinem elterlichen Betrieb in Willisau, der als BG geführt wird mit Milchwirtschaft und Schweinehaltung, braucht es ihn vorerst in erster Linie als Aushilfe an Wochenenden und während Arbeitsspitzen.

Seine drei Lehrbetriebe hat er nach einigen Schnuppertagen während des 8. Schuljahres ausgesucht. Alle sind sie in seiner Region und wichtig waren ihm vor allem die Betriebszweige Milchwirtschaft, Schweine- und Geflügelmast. «Das frühe Aufstehen am Morgen war nicht ganz einfach», erinnert sich Ivan Heller an die ersten Tage zurück. Nach dem gemütlichen Ausklang des 9. Schuljahres doch eine ziemliche Umstellung. Daran hat er sich aber rasch gewöhnt. Auch Grüters brauchten ihn morgens nie zu wecken, wie Berufsbildner Ludwig Grüter anfügt.

Freude am Beruf

Solange der Einsatz stimme, halte er wenig von zu vielen Regeln, seien es «Einrückzeiten» am Sonntagabend oder der Umgang mit dem Handy während der Arbeitszeit. Die beiden scheinen ein gutes Verhältnis zu haben. «Bei ihm sah man sofort die Freude am Beruf», so Grüter über seinen elften Lehrling. Die ersten Wochen seien für Lehrling, Lehrmeister und Familie immer eine spezielle Zeit, berichtet Grüter aus Erfahrung: «Man muss sich gegenseitig ein wenig finden». Die Freude am Beruf sei massgebend, wenn die teils erst 13-Jährigen erstmals auf den Betrieb kommen für ein paar Schnuppertage. Viel wichtiger für ihn als etwa die Physis oder gute Schulnoten. «Gute Noten sind nicht entscheidend, ob man ein guter Landwirt wird», findet Grüter, der auch als Experte Prüfungen abnimmt und in der Viehzuchtszene als Präsident von Swissherdbook Luzern und als Schaurichter bekannt ist.

Betriebsbesuche fehlten

Bis Ende August bleibt nun Ivan Heller noch bei Grüters, dann sollte der Melkroboter laufen. Reisen reize den jungen Berufsmann vorerst nicht. Für ihn geht es direkt in die 100 %-Anstellung in eine Sägerei im bernischen Huttwil.

Was würde Ivan Heller ändern am theoretischen Teil der Ausbildung? Eigentlich wenig, sagt er. Gerne wäre er mehr auf Betrieben gewesen, das war aber mehr Corona geschuldet als dem Unterrichtsplan. Ansonsten habe man Wahlfreiheit, könnte etwa mehr in Richtung Biolandbau machen, bei Interesse. Dass die Lehrer eigene Wertvorstellungen von der Landwirtschaft einbringen, findet er «gut und normal». Jeder könne selber mitnehmen, was er will. Eine Zweitausbildung, wie aktuell im Trend bei junge Berufsleuten (siehe Kasten unten), ist bei ihm vorerst kein Thema. Auch wenn es an Interesse, wie der Goodwill-Preis fürs «Strecken» zeigt, wohl nicht fehlen würde. 

 

Die Bildungszentren sind gut ausgelastet

Bäuerliche Berufe bleiben beliebt und die Bildungszentren in der Zentralschweiz und im Aargau damit gut ausgelastet, wie eine kleine Umfrage der BauernZeitung zeigt.

230 Junglandwirte im Aargau

«Über alle Bildungsgänge gesehen haben wir die höchste Belegung seit Jahren», berichtet Hansruedi Häfliger, Direktor des Aargauer LZ Liebegg. Konkret sind es gesamthaft betrachtet 420 Lernende oder Teilnehmende, verteilt auf 25 Klassen. Davon sind, alle Ausbildungsjahre addiert, 230 Agrarpraktiker und Landwirte. Gemäss Häfliger ist die Tendenz insgesamt leicht steigend, was auch den Prognosen des Bundes entspreche. Zunahmen verzeichnet auch das Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung Luzern. «Seit 2005 haben wir eine Zunahme der Anzahl Lernenden der Grundbildung um mehr als einen Viertel», sagt Rektor Walter Gut. In den kommenden Jahren werde mit stabilen Zahlen gerechnet. Mehr Schüler aufs neue Jahr verzeichnet das BBZN im ersten Lehrjahr, der Bio-Klasse im dritten Lehrjahr und bei der Nachholbildung mit EFZ.

Volle Klassen in Uri

In Seedorf berichtet Adrian Arnold, Leiter der Abteilung Landwirtschaft am Berufs- und Weiterbildungszentrum Uri von vollen Klassen in jedem Lehrjahr mit 22 bis 24 Lernenden. In Uri hat man sich erfolgreich auf die Zweitausbildung spezialisiert. Am Römerrain in Pfäffikon schwankten die Zahlen der EFZ-Lernenden in der Vergangenheit meist zwischen 60 und 70 über die drei Jahre gesehen. «Die 77 Lernenden für das Schuljahr 2021/ 2022 sind deutlich über dem Durchschnitt», geben Benjamin Bucher und Beat Gügler von der Abteilung Beratung und Weiterbildung zu Protokoll. Leicht zunehmend entwickelten sich die Schülerzahlen Landwirt EFZ am BWZ Obwalden in Giswil. Pro Lehrjahr wird eine Klasse geführt, aktuell sind es 17 Lernende aus dem ersten, 19 aus dem zweiten und 22 aus dem dritten Lehrjahr, weiss der Zuständige Urs Burch. Dazu kommen bis zu zehn Agrarpraktiker EBA aus der ganzen Zentralschweiz.