«Schon für einfachste Anweisungen an die Angestellten brauchte ich einen Übersetzer. Ich habe dann oft einen anderen Mitarbeitenden dazugeholt. Das war aufwendig und störte die Arbeitsabläufe», erzählt Simon Lüthi. Er ist Betriebsleiter bei Egli’s frische Küchenkräuter AG in Riedbach BE.
150 bis 180 Angestellte
Wie viele landwirtschaftliche und landwirtschaftsnahe Betriebe beschäftigt das Unternehmen viele ausländische Mitarbeiter(innen) – bei Egli’s stammen sie vor allem aus Polen und Portugal. Die Firma, die Küchenkräuter, Sprossen und essbare Blumen produziert und verpackt, braucht je nach Saison 150 bis 180 Arbeitskräfte. Viele davon sprechen kein oder nur wenig Deutsch.
Bund und Kantone unterstützen
Simon Lüthi wollte deshalb einen Deutschkurs organisieren und suchte nach Anbietern. Die Wahl fiel auf die Flying Teachers GmbH. Dort machte man ihn auch auf das Förderangebot «Einfach besser! … am Arbeitsplatz» (siehe Kasten) aufmerksam.
Mit diesem Programm unterstützen Bund und Kantone Betriebe, die die Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen, Computer oder Sprache der Mitarbeitenden fördern wollen. Die Kurse werden auf die konkrete Situation eines Betriebs angepasst, damit alle Beteiligten den grösstmöglichen Nutzen daraus ziehen können. Deshalb wird jeweils zuerst der konkrete Lernbedarf der Mitarbeitenden analysiert.
Spezifischer Wortschatz
Simon Lüthi gestaltete das Kursprogramm zusammen mit den Fachleuten der Flying Teachers. «Klar war, dass die mündliche Kommunikation in unserem Fall oberste Priorität hat. Ausserdem wurde Wissen vermittelt, das bei uns in den täglichen Arbeitsprozessen wichtig ist.» Sprich: Zahlen, Gewichte, Uhrzeiten, Werkzeuge, Verpackungsmaterial. «Und auch Sätze wie ‹Ja, ich habe es verstanden› oder ‹Nein, kannst du es bitte nochmals erklären?›.» Bevor sie das konnten, hätten die Mitarbeitenden oft genickt und dann irgendetwas gemacht, aus Angst, zuzugeben, dass sie den Auftrag nicht verstanden haben, so Lüthi.
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«Wir konnten Fehlerquellen minimieren.»
Simon Lüthi sagt, dass es dank besserem Deutsch zu weniger Patzern bei der Arbeit kommt.
Während der Arbeitszeit und kostenlos für Mitarbeitende
So wurde ein Grund- und Aufbaukurs von je 20 Lektionen, wöchentlich 4 Lektionen, für 8 Mitarbeitende erarbeitet. Dieser fand während der Arbeitszeit statt und war für die Mitarbeitenden gratis – das sind zwei Bedingungen im Rahmen des Förderprogramms des Bundes.
Bei der Auswahl der Mitarbeitenden ging Simon Lüthi «pragmatisch» vor: «Wir haben Chauffeure mit direktem Kundenkontakt ausgewählt, Führungskräfte oder Leute in Spezialfunktionen oder mit abteilungsübergreifenden Kontakten, die nur wenig Deutsch können. Die restlichen Plätze gingen an Leute, von denen wir dachten, dass sie am meisten profitieren.»
«Der Deutschkurs war sehr nützlich»
Eine der Mitarbeitenden, die am Kurs teilnehmen durfte, ist die junge Portugiesin Ana Gomes, die in der Kräuterverarbeitung tätig ist. «Der Deutschkurs war sehr nützlich. Ich habe gelernt, wie ich mich bei der Arbeit und in meinem täglichen Leben ausserhalb des Jobs zurechtfinde», bilanziert Gomes. Besonders gefiel ihr, «dass ich gelernt habe, was ich im Arbeitsalltag brauche».
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«Ich will mich unbedingt weiter verbessern.»
Mitarbeiterin Ana Gomes will nach dem Deutschkurs weiterlernen.
Geschäftsleitung überzeugen
Die grösste Herausforderung für Simon Lüthi war die Organisation, vor allem, alle Teilnehmenden während der Arbeitszeit zusammenzubringen. «Wir haben zwei Standorte – und gerade bei den Chauffeuren, die unterschiedliche Touren und Arbeitszeiten haben, war das logistisch ein Kraftakt.»
Zusätzlich musste er die Geschäftsleitung erst mal vom Nutzen überzeugen. «Bedenken hegten sie einerseits während des Organisationsaufwands, aber auch, ob sich ein Kurs lohne, weil wir wie viele landwirtschaftliche Betriebe eine recht hohe Fluktuation haben. Wir sind ein Sprungbrett, die Mitarbeitenden kommen erstmals in die Schweiz, arbeiten bei uns und ziehen dann weiter, wenn sie sich etwas eingelebt haben oder besser Deutsch sprechen.»
Der Betriebsleiter konnte diese Bedenken dank der Subventionen für den Kurs entkräften und aufzeigen, dass weniger Arbeitszeit und Ressourcen verloren gehen, wenn direkt kommuniziert werden kann. «Ausserdem fühlten sich die Mitarbeitenden durch den Kurs wertgeschätzt. Sie merkten, dass man sich für sie interessiert.» Bis auf wenige Ausnahmen seien alle, die teilnahmen, bislang im Betrieb geblieben.
Womöglich nicht der letzte Kurs
Simon Lüthi ist sicher, dass der Nutzen trotz Aufwand für alle Beteiligten gross ist: «Wenn Fehler passieren, erhalten die Kunden falsche Ware oder solche, die nicht den Qualitätsansprüchen genügt. Mit besseren Deutschkenntnissen konnten wir diese Fehlerquellen minimieren.»
Subventionierten Kurs umsetzen
Mit dem Förderprogramm «Einfach besser! … am Arbeitsplatz» unterstützen Bund und Kantone Betriebe, die die Grundkompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen, Computer oder Sprache ihrer Mitarbeitenden fördern wollen. Das Angebot eigne sich für alle Branchen, heisst es bei den Verantwortlichen.
Der Kurs ist für die Teilnehmenden kostenlos und gilt als Arbeitszeit. Er kann zwischen 20 und 40 Lektionen dauern, aber nicht mehr als 4 pro Tag. Teilnehmen können zwischen 3 und 12 Mitarbeitende. Die Subventionen betragen 3000 Franken pauschal für die Entwicklung eines neuen Kurses und zudem 15 Franken pro Lektion und Kursteilnehmende. Das sind die wichtigsten Bedingungen des Bundes. Einige Kantone bieten zusätzlich eine kantonale Förderstruktur mit leicht anderen Kriterien an.
So setzt man einen Kurs um:
- Anforderungen und Lernbedarf der Mitarbeitenden eruieren.
- Aus der Bedürfnisanalyse einen Kurs entwickeln, der passgenau auf den Betrieb zugeschnitten ist.
- Wenn Kurskonzept und Teilnehmende feststehen: Gesuch für finanzielle Unterstützung beim Bund oder Kanton einreichen. Ausbezahlt werden die Förderbeiträge, wenn der Kurs abgeschlossen ist.
- Kurs im Betrieb umsetzen.
- Bildungsanbieter können bei allen Schritten unterstützen.
Weitere Infos unter: www.besser-jetzt.ch/betriebe
Deshalb wird die Firma womöglich weitere Deutschkurse anbieten. Derzeit stellt sie den Mitarbeitenden kostenlos ein Onlinetool zum Selbststudium zur Verfügung. «Ende Jahr werden wir analysieren, wie wir weiter vorgehen. Ich persönlich bin ein Verfechter einer Kombination von Onlinetool und Frontalunterricht, weil jeder Mensch etwas anders lernt.» Auch Ana Gomes ist motiviert: «Ich will mein Deutsch unbedingt weiter verbessern.»