«Süss sind die Rüben diesen Herbst leider nicht so. Das ist bitter für die Produzenten», leitete Adrian Kramer von Schweizer Verband der Zuckerrübenpflanzer (SVZ), die Informationsveranstaltung für die Zuckerrübenpflanzer am Donnerstag vor Wochenfrist in Ins ein. Die Aula des Inforama Seeland war zum Bersten voll.

Bakterienkrankheit macht sich an den Zucker

Samuel Jenni, der Geschäftsleiter der Schweizer Fachstelle für Zuckerrübenanbau (SFZ), informierte die Anwesenden über die Ausbreitung der gefürchteten Krankheit Syndrome des Basses Richesses (SBR). Das Syndrom der tiefen Zuckergehalte ist eine Bakterienkrankheit. Die Bakterien werden durch ein Insekt, die Schilf-Glasflügelzikade, auf die Rüben übertragen. Das Bakterium unterbricht die Saftströme innerhalb der Zuckerrüben. Dadurch können diese nicht mehr genügend Zucker produzieren.

Die Standard-Rübensorten verlieren so ein bis vier Prozent Zuckergehalt. Auch an den Blättern zeigt sich die Auswirkung von SBR. Sie scheinen ab Mitte August goldgelb verfärbt. Bereits aus dem Herz heraus wachsen verdrehte kleine Blätter. Im Jahr 2017 ist die Krankheit erstmals grossflächig in der Schweiz aufgetreten. Genauer ausgedrückt in der Westschweiz. Damals waren 1000 ha betroffen. 2018 waren es bereits 2000 ha. Betroffene Gebiete sind im Waadtland, in Neuenburg und Freiburg. Das zentrale Gebiet liegt um Yverdon herum.

Rund 3000 Hektaren sind betroffen

«Die Bauern an der Versammlung in Yverdon haben fast geweint, weil ihre Rüben so tiefe Zuckergehalte haben», erzählte Samuel Jenni in Ins. 2019 tritt SBR bereits weit über den Rösti-graben hinaus auf. Mittlerweile sei sie gar bis nach Aarberg vorgerückt und auch in Büren an der Aare seien erste Verdachtsfälle aufgetreten (siehe Karte). Heuer sind ungefähr 3000 ha betroffen. Die Verbreitung folgt nun dem Lauf der Aare.

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Die Bakterienkrankheit SBR verbreitet sich immer weiter von Westen nach Osten. Das rote Gebiet bedeutet Befallsgebiet. Die Karte ist nur grob, betont die Fachstelle. (Grafik BauZ, Quelle SFZ)

50 Rappen unter 15 Prozent

Die Zuckerrübenbranche hat aufgrund der aktuellen Situation die Branchenvereinbarung angepasst. Der Abzug für tiefere Zuckergehalte wurde angepasst,

weil die Produzenten nichts dafür können, oder eben auch nichts dagegen. Neu werden erst bei einem ­Gehalt unter 15 Prozent 50 Rappen pro Tonne reine Rüben abgezogen. Liegt der Zuckergehalt unter 14%, bleibt der Abzug bei

50 Rappen und geht nicht mehr auf einen Franken. Von dieser Vereinbarung profitieren aber nur Produzenten, die im nächsten Jahr wieder mindestens 80 Prozent der Rübenmenge produzieren, erläuterte Josef Meyer, Präsident vom Schweizer Verband der Zuckerrübenpflanzer. Damit will man die Anbaufläche auf demselben Niveau halten.

Tolerante Sorten gesucht

Bisher gibt es keine direkte Bekämpfungsmethode für die Bakterienkrankheit. Das Einzige, worauf die Fachstelle im Moment setzt, sind tolerante Sorten. Auf der Sortenliste werden derzeit zwei Sorten für SBR-Befalls- und Risikogebiete empfohlen. «Rhinema» und «Rhinema-Bio» ist eine Sorte, die in bekannten Befallsgebieten angebaut werden soll. Für Übergangsgebiete, also Regionen mit SBR-Risiko, empfiehlt die Fachstelle die Sorte «BTS 2725».

«Westlich von Ins gehen die Standardsorten nicht mehr», so Jenni. Die SBR-Spezialsorten haben gegenüber den Standardsorten einen Zuckergehaltsvorteil von 1,5 bis 2%. Somit liegen die Gehalte immer noch unter dem Fabrikdurchschnitt von 16% Zucker. «Rhinema ist keine Wundersorte, aber immerhin eine Verbesserung», sagt Jenni. Für die Sortenbestellung fürs nächste Jahr empfiehlt er: «Wenn Ihre Zuckergehalte 1% unter dem Fabrikdurchschnitt liegen, kann man damit rechnen, dass etwas nicht stimmt. In diesem Fall empfehle ich die Übergangssorte BTS 2725.» Westlich von Witz-wil sei «Rhinema» die richtige Wahl. Ein Problem dabei ist aber, dass viele Rübenpflanzer die Gehalte ihrer Rüben noch gar nicht kennen, weil diese noch an den Haufen liegen.

Samuel Jenni erklärte zudem, dass auch viele weitere Sorten derzeit getestet würden. Jeder Züchter könne nächstes Jahr acht Sorten in die Versuche geben.

Kampagne verzögert sich

Auch ein weiteres Thema besorgte die anwesenden Rübenproduzenten in Ins, nämlich die Dauer der Kampagne. Dominik Hänni vom Rübenring Seeland war es anzusehen, dass die Verladesaison alles andere als optimal verläuft. Stand Donnerstag letzter Woche waren 212 000 Tonnen abgelieferte Rüben. Die Ertragserhebungen lassen erwarten, dass nochmals 176 000 t bis zum Ende der Saison zu verladen sind. Diese zieht sich immer weiter nach hinten.

Diese Verzögerung hat mehrere Gründe. Einerseits sind die Erträge grösser, als bei den ersten Probegrabungen erwartet. Zudem verlangsamen erhöhte Erdanteile und die tieferen Zuckergehalte die Arbeit in der Fabrik. Bereits drei Tage stand die Fabrik wegen verstopfter Filter still. «Jeder Tag, an dem die Fabrik still steht, bedeutet etwa eine Woche Verzögerung.»Schon seit einigen Wochen steht fest, dass die Transportsaison auch über die Festtage hinaus dauern wird. Darüber zeigen sich die Produzenten und Transporteure an der Versammlung höchst unerfreut. «Es ist auch eine Frechheit, dass die Bahn den Transport am 20. Dezember einstellt und wir Bauern dafür an die Säcke müssen», so klang es etwa aus den Reihen.

Wie im aktuellen Wochenbericht steht, wird die Kampagne in beiden Zuckerfabriken noch bis Anfang Januar dauern.