Spätfröste können in Obstkulturen zu grossen Schäden führen. Auch die milderen Winter in den vergangenen Jahren hätten daran nichts geändert, erklärt Andreas Klöppel, Fachspezialist Obst am LZ Liebegg. Die Obstbäume würden stattdessen früher in die Vegetation starten, womit sich die Spätfrostgefahr bis hin zu den Eisheiligen sogar um rund zwei bis drei Wochen verlängert habe. «Die Vegetation beginnt entsprechend früher, und die Ängste bleiben somit länger auszustehen», so Klöppel.

Besonders anfällig für Frostschäden seien bei den Pflanzen dabei die offenen Blüten und die jungen Früchte. «In den letzten drei Nächten kam es bei uns an der Liebegg zu Frösten. Nach meinem Wissen kam es auch sonst in der gesamten Deutschschweiz zu Frösten», so Klöppel. Der Experte schätzt, dass es nur zu minimalen Schäden gekommen ist. «Einige haben Frostkerzen genutzt, andere die Frostschutzberegnung gestartet», so Klöppel. 

Erste Bäume beginnen bereits die Blüte

Während sich Äpfel und Birnen laut dem Fachspezialisten in frühen Lagen im Stadium Blühbeginn befinden, sind die Kirschen und Zwetschgen bereits in der Vollblüte (BBCH 65) und Aprikosen bereits im Stadium Blühende bis Nachblüte (Fruchtentwicklung). «Aufgrund ihrer früheren Entwicklung besteht bei den Aprikosen, Zwetschgen und Kirschen ein höheres Risiko. Zudem sollten beim Steinobst für einen Vollertrag 10 bis 15 % der Blüten zu einer Frucht heranwachsen. Bei Apfel und Birne hingegen sind es 3 bis 5 %», erklärt er.

Die Standortwahl will gut überlegt sein

Die Entstehung von Frost kann grundsätzlich auf drei Arten erklärt werden: Strahlung, Strömung und Verdunstung (siehe Kasten). Die drei Arten kommen laut gemeinsam erstelltem Merkblatt der Obstfachstellen AG, BE, BL, SO, ZH und Agroscope meist vermischt vor, wobei Wetterlage und Topografie bestimmen, welcher Mechanismus dominiert. «Die effektivste Vorsorge gegen Frost ist und bleibt die Standortwahl sowie die Auswahl der geeigneten Obstart und -sorte», heisst es im Merkblatt.

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Da sich die kalte Luft in Senken und Mulden sammelt, gilt es vor Errichtung einer Obstplantage, den Standort gut zu wählen. Häufig wird in den Anlagen laut Andreas Klöppel zum Schutz gegen Frost zudem das Gras kurz gemulcht. Dadurch könne der Boden die Einstrahlung der Sonne besser aufnehmen und in der Folge mehr Wärme abgeben, womit 1 bis 2 °C höhere Temperaturen erreicht werden können. Häufig werden die Regenschutzfolien der Kirschenanlagen zudem in Schutzstellung gebracht, wodurch die vom Boden aufsteigende Luft zurückgehalten werden kann. Hier liegt der Temperaturgewinn laut Merkblatt mit Folie bei 1 bis 3 °C.

Den Boden rechtzeitig bewässern

Eine weitere Massnahme ist die Bewässerung des Bodens. Damit wird die Wärmeabgabe aus dem Boden gefördert, und es erfolgt eine Erhöhung des Wärmespeichers. Wichtig ist laut Merkblatt, dass die Bewässerung 24 Stunden vor der Frostnacht durchgeführt wird. Ein ähnliches Prinzip wird bei der Überkronenberegnung genutzt. Hier werden anstelle des Bodens die Bäume beregnet. Durch das unmittelbar an den Pflanzen gefrierende Wasser kommt die abgegebene Wärme direkt den Pflanzenteilen zugute.

Eingeschaltet werden muss die Bewässerung dabei, bevor die Feuchttemperatur die kritische Pflanzentemperatur unterschreitet. Vorsicht ist bereits bei schwachen Windgeschwindigkeiten geboten, da es durch die damit verbundene erhöhte Verdunstung zu Kühleffekten und damit zu einer Schädigung der Pflanzenorgane kommt. Die Beregnung muss so lange gewährleistet werden, bis die Temperaturen über dem Gefrierpunkt liegen.

Nicht empfohlen wird der Frostschutz durch Hagelnetze in Schutzstellung, da diese die Bodenwärme nicht zurückhalten. Zusätzlich verringern sie tagsüber durch die Beschattung die Erwärmung des Bodens und der Kulturen.

Teure Frostschutzkerzen 

Das Aufstellen von sogenannten Frostkerzen ist laut Andreas Klöppel heutzutage nicht mehr weit verbreitet. «Eine Kerze kostet rund 10 Franken pro Stück, davon werden pro Hektare und je nach Temperatur mindestens 200 bis 300 Stück benötigt. Je nach Dauer des Frostereignisses reicht eine Kerze nicht für eine Nacht. Und die Tiefsttemperaturen fallen bei Sonnenaufgang nochmals ab», erklärt er.

Die Kosten pro Frostnacht seien also hoch. Zudem wisse man beim ersten Einsatz nicht, wie viele weitere Frostnächte folgen werden. «Einmal angefangen, muss man jedoch bis zur letzten Frostnacht durchziehen, sonst sind die Kosten der vorherigen Einsätze verloren», erklärt der Experte. Verwendet würden die Kerzen somit nur noch in Kulturen mit hoher Wertschöpfung wie Süsskirschen.

Die Solaranlage als Schutz?

Einen weiteren teilweisen Frostschutz soll die Agri-Photovoltaikanlage mit dem optionalen dynamischen Witterungsschutz der Firma Insolight bieten. Während oben Strom produziert wird, können zwischen den Baumreihen Netze oder Folien zum Schutz der Kulturen angebracht werden. «Die Anlage ähnelt einem klassischen Witterungsschutzsystem, jedoch ist die gesamte Unterkonstruktion aus Stahl gebaut», erklärt Niclas Soljan der Firma Insolight. Mit der hohen Aufständerung von drei bis vier Meter Höhe und Lichtsimulationen für die Kulturen wolle man die Bewirtschaftung im Stein- und Kernobstbau sowie im Beerenbau weiterhin ermöglichen und vor allem genügend Licht für die Kulturen bereitstellen.

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Dank der Minderung der Abstrahlungswärme unter den Modulen und Folien biete die Anlage Schutz vor Frost. Dies wies eine auf einem niederländischen Landwirtschaftsbetrieb durchgeführte Pilotstudie nach. Hierzu wurde eine agrivoltaische Abdeckung mit halbtransparenten Paneelen mit einem Referenzgebiet mit Folienabdeckung verglichen. Die Untersuchungsergebnisse zeigten, dass die Auswirkungen von Wetterextremen durch die Anlage von Insolight wirksam abgemildert werden konnten.

4 °C höhere Temperaturen

Die damaligen ungünstigen Regentage und mehrere Frostnächte zwischen März und April wirkten sich laut Studienbericht in der gesamten Region negativ auf die Knospen und Blüten aus. Trotz Frostschutzstrategien wie Frostberegnung und dem Einsatz von Frostkerzen zeigte sich laut Bericht im Referenzgebiet ein zehnmal geringerer Ertrag als normal. Erfreulichere Ergebnisse zeigten sich in der Anlage von Insolight. Hier kam zusätzlich zum Schutz durch die Anlage einzig eine Frostberegnung zum Einsatz. Dennoch konnte fast die Hälfte des erwarteten Ertrags erreicht werden.

Einen vollständigen Schutz biete die Anlage jedoch nicht: «Auch wenn unter unseren Anlagen die Kulturen sicherlich einen guten zusätzlichen Schutz vor Frost geboten bekommen, raten wir meistens dazu, diese mit klassischen Frostschutzsystemen, angepasst an unsere Anlagen, zu kombinieren», so Niclas Soljan. Je nach Froststärke, Frostart (Strahlungs- oder Advektionsfrost), Frostdauer und Windverhältnissen seien zusätzliche Frostschutzmassnahmen notwendig. «Im Schnitt haben wir unter unseren Anlagen aber merkbar weniger Frost, und die Temperaturen können bis zu 4 °C höher sein», erklärt der Insolight-Vertreter. Dies spiegelt sich auch in den gemeinsam mit Agroscope erhobenen Forschungsergebnissen in Conthey VS wider. Zur Ergänzung sind laut Soljan weiterhin alle «klassischen» Frostschutzmethoden einsetzbar, mit Ausnahme der Frostschutzkerzen.

Weitere Informationen: www.insolight.ch

 

Verschiedene Massnahmen

Grundsätzlich kann Frost laut Merkblatt auf folgende drei Arten entstehen:

Strahlungsfrost (Inversion): Die von der Erde abgestrahlte Wärme kann in sternenklaren Nächten nicht von den Wolken zurückgestrahlt werden. Hat es kaum Wind, bilden sich besonders in Mulden und Tallagen Kaltluftseen. Über der kalten Luftschicht ist bei Inversionslagen jedoch wärmere Luft vorhanden.
Massnahmen: Überkronenberegnung, Unterkronenberegnung, Vermischung von Luftschichten mithilfe von Windmaschinen, Heizen in Kombination mit Folienabdeckung.

Strömungsfrost (Advektion): Durch die Zufuhr von polarer Kaltluft kühlen sich alle Luftschichten ab. Aufgrund der ebenfalls kalten oberen Luftschichten ist diese Frostart schwer zu bekämpfen. Zum Schutz der Kulturen sind grosse Energiemengen notwendig.
Massnahmen: Überkronenberegnung, Heizen in Kombination mit Folienabdeckung

Verdunstungskälte: Durch die zusätzlich feuchten Pflanzenteile kommt es durch Verdunstung zu einer weiteren Abkühlung. Bedeutend ist dieser Effekt besonders bei tiefer relativer Luftfeuchtigkeit und bei Wind. Die Temperatur der Pflanze kann sich bis zu 4 °C senken. Zur Beurteilung der Frostgefahr gilt es daher immer die Feuchttemperatur zu messen. Diese widerspiegelt die Temperatur, der die Pflanzenorgane ausgesetzt sind, besser.