Von den neuen umweltschonenderen Anforderungen im Pflanzenschutz sind auch die Weinbauern betroffen. Entweder machen sie bei den neuen Programmen mit oder sie verlieren bei den Direktzahlungen, denn ab 2023 wird der Basisbeitrag von 900 auf 600 Franken je Hektare gesenkt.
Zusätzliche Beiträge in Aussicht
Vizedirektor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW), Bernard Belk, informierte vor einer Woche am Fach- und Praxistag Rebbau am Strickhof in Wülflingen über die neuen Produktionssystembeiträge im Weinbau. Es handelt sich um folgende Massnahmen:
- Pflanzenschutzmittel: Verzicht auf Insektizide, Akarizide und Fungizide nach der Blüte. Dafür gibt es Fr. 1100.–/ha. Für Verzicht auf Herbizide gibt es Fr. 1000.–/ha
- Bio-Hilfsmittel: Bewirtschaftung mit Hilfsmitteln der biologischen Landwirtschaft wird mit Fr. 1600.–/ha belohnt.
- Boden: Angemessene Bedeckung des Bodens im Rebbau erzielt Fr. 1000.–/ha. Für die Rebfläche gilt die Dauerbegrünung zwischen den Reihen als Bodenbedeckung. Auch muss der Trester auf die Rebparzellen zurückgeführt werden.
- Biodiversität: Nützlingsstreifen erhalten Fr. 4000.–/ha. Dieser Beitrag wird für exakt 5 % der angemeldeten Fläche der Dauerkultur ausbezahlt, das entspricht also 200 Franken. Für «Rebflächen mit natürlicher Artenvielfalt» und «regionsspezifische Biodiversitätsförderfläche, Typ 16» werden jedoch keine Beiträge für Nützlingsstreifen ausgerichtet.
Es können verschiedene Flächen für unterschiedliche Massnahmen angemeldet werden (eine Fläche für Herbizidverzicht, eine andere Fläche für Verzicht auf Insektizide, Akarizide und Fungizide nach der Blüte) und es können auf derselben Fläche mehrere Massnahmen kombiniert werden. Die Umsetzung der Massnahmen muss auf 100 Prozent der angemeldeten Fläche eingehalten werden und man muss sich für vier aufeinanderfolgende Jahre verpflichten.
Robuste Sorten werden gefördert
Bernard Belk stellte zudem in Aussicht, dass mit dem Verordnungspaket 2022 im Obst- wie auch im Weinbau die Einführung eines Beitrags zur Förderung robuster Obst- und Rebsorten vorgeschlagen ist. Zudem werde das Parlament Vorstösse für eine Klimareserve für Schweizer Wein und eine Anhebung der Fördergelder zur Absatzstärkung diskutieren.
Die Steuerung der Agrarpolitik über Beiträge sei aber nicht neu, meldete sich Jürg Bachofner, Geschäftsführer des Branchenverbandes Deutschschweizer Wein, zu Wort: «Trotz Sistierung der AP 22+ puscht der Bund mit Vollgas die Ökologisierung. Woher nimmt er sein Mandat?» Er kritisierte die steigende Regelungsdichte.
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Umstellung ab Schrottkorngrösse
Michael Gölles, Leiter der Fachstelle Rebbau am Strickhof, präsentierte eine erste Bilanz des Projekts «Low Residue». Demnach werden die Reben nach der Blüte, wenn die Beeren Schrottschussgrösse erreicht haben, auf biologische Pflanzenschutzmittel umgestellt. Damit will man Rückstände auf Trauben und im Wein minimieren und die Verwendung von synthetischen Pflanzenschutzmitteln reduzieren. Auch habe man damit Anspruch auf die von Bernard Belk vorgestellten Direktzahlungen. «Wir stellen weniger Rückstände, aber nicht rückstandsfreie Weine fest. Kontamination im Rebberg und Keller sind weiterhin möglich», sagte Gölles.
Auf dem Weinbaubetrieb von Urs Pircher in Eglisau wird «Low Residue» seit 2017 praktiziert. Zuerst parzellenweise erprobt und danach schrittweise ausgedehnt. Die Erfahrungen sind positiv. «Wenn der Winzer Ende Vegetation keinen Mehltau sieht, dann hat er zu viel gespritzt», sagte Pircher. Wer auf diese Methode setze, dürfe keine Abschlussspritzung bezüglich der Botrytis ausführen.
Schnitthöhe von 15cm einhalten
Abschliessend zeigte Beatrice Steinemann vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FibL) die Vorteile einer Begrünung im Weinbau auf. Die Ganzflächenbegrünung empfiehlt sie für Standorte mit genügend Sommerniederschlag und wasserspeicherfähigen Böden. Wo das Wasser während des Sommers eher knapp ist, kann man auf eine Teilbegrünung setzen. Auch soll bei einem alternierenden Mulchen einen Schnitthöhe von 15 cm eingehalten werden. «Mit hohem Mähen kann der Mulch gut abtrocknen, die Fauna wird geschont und die Artenvielfalt gefördert werden», führte Steinemann aus.