2021 war wohl betreffend Pilzkrankheiten seit Jahrzehnten das anspruchsvollste Rebjahr. Zugleich wurde an der Urne intensiv über Pflanzenschutz diskutiert und dieser gar infrage gestellt. Bezüglich Ertrag sollten sich nun deutliche Unterschiede zwischen den alten europäischen Sorten und den vielen neuen pilzwiderstandsfähigen Sorten (Piwi) zeigen. Diese Vergleiche sind aber grundsätzlich nicht als abschliessend zu bezeichnen, da es mehrere Jahre braucht, um entsprechend klare Schlussforderungen zu ziehen.
Nach 2021 ist die Bilanz ernüchternd
Die Weinlesedaten 2021 des grössten Deutschschweizer Weinbaukantons Zürich fallen eher ernüchternd aus. Eine erste Gesamtbeurteilung zeigt, dass sich die neuen, eigentlich pilzwiderstandsfähigen Sorten ertragsmässig nicht als Überflieger erwiesen haben.
Über den ganzen Kanton hinweg sind bei den roten AOC-Weinen 358 und bei den weissen 403 Gramm pro Quadratmeter geerntet worden. Bei der wichtigsten Traubensorte Blauburgunder mit 276 Hektaren waren es bei den AOC 376 Gramm und beim Landwein 1245 Gramm. Beim Riesling Sylvaner lag der Ertrag beim AOC bei 468 Gramm und beim Landwein bei 829 Gramm. Die einst grosse rote Piwi-Hoffnung Regent brachte es gerade einmal auf 400 respektive 1457 Gramm pro Quadratmeter. Auch der bereits seit zwei Jahrzehnten kultivierte Cabernet Jura hat mit 299 Gramm nicht geglänzt.
Im Kanton Schaffhausen zeigt sich ein ähnliches Bild: Die beiden Hauptsorten Blauburgunder und Riesling Sylvaner wurden mit 421 Gramm respektive 506 Gramm pro Quadratmeter gelesen. Der Regent brachte es auf 696 Gramm, während es beim Cabernet Jura als zweitwichtigste Piwi-Sorte gerade einmal 268 Gramm waren.
Interessant sind auch die Zahlen vom Gut Rheinau, bei dem die gesamte Rebfläche von 3,85 Hektaren ausschliesslich mit vier Piwi-Sorten bepflanzt ist und nach Demeter-Richtlinien durch den Pächter der Stiftung Fintan bewirtschaftet wird. Dieser Betrieb wäre im Hinblick auf die Wahl der Sorten und die altersmässig mitten im Vollertrag stehenden Reben aus der Sichtweise eines nachhaltigen Weinbaues prädestiniert für einen Ernteerfolg. Doch auf der gesamten Fläche sind gerade einmal 10 235 Kilogramm respektive 266 Gramm pro Quadratmeter geerntet worden, wobei kein Hagel zu verzeichnen war. Gerade die vielversprechenden Sorten mit Solaris und Cabernet Jura brachten mit 257 respektive 239 Gramm pro Quadratmeter gar noch tiefere Erträge unter dem Betriebsertragsmittel. Nur Monarch mit 337 und Sauvignon Soyhières mit 361 Gramm lagen etwas darüber.
Doch auch im übrigen Kantonsgebiet vermochten diese Sorten nicht als Überflieger zu überzeugen. Bei den AOC-Weinen erreichte der Cabernet Jura 299 Gramm, der Solaris 428 Gramm, der Monarch 387 Gramm und der Sauvignon Soyhières 479 Gramm Ertrag. Im benachbarten Kanton Schaffhausen lag der Cabernet Jura bei 268 Gramm und der Solaris bei 349 Gramm.
Schlüsse können erst nach Jahren gezogen werden
Bei den bekannten Piwi-Sorten Maréchal Foch oder Léon Millot zeigt sich ein ähnliches Bild. Bei diesen liegen die Erträge im Kanton Zürich bei 264 respektive 362 Gramm pro Quadratmeter. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch im Kanton Schaffhausen ohne nennenswerte Hagelschäden. Weder der Léon Millot mit 389 Gramm noch der Maréchal Foch mit 185 Gramm konnten überzeugen.
Einzig als vorerst vielversprechende weisse Alternative hat sich der neue Souvignier Gris erwiesen. Im AOC-Anbau brachte diese Weissweinsorte 195 Gramm bei 90,5 Grad Oechsle, während er als Landwein in einer Parzelle im Zürcher Weinland mit 1345 Gramm und 83°Oe gelesen wurde. Doch auch hier braucht es noch einige Jahre, um nachhaltige Schlüsse zu ziehen. So muss der entsprechende Weisswein auch die Konsumenten und Konsumentinnen ansprechen und es gilt beispielsweise auch, die Frosthärte im Winter wie auch Frühling noch genauer auszuloten.
Von der Gunst der Konsumenten abhängig
Die Sortenwahl hängt auch von der Nachfrage bei den Konsumenten ab. Besonders im Kanton Zürich zeigte sich in den letzten beiden Jahren, dass der Blauburgunder mit seinen vielfältigen Möglichkeiten sehr gefragt ist. Dies ist nicht zuletzt auch auf ein grosses Absatzpotenzial in einem Grossverteiler als Federweiss zurückzuführen. Zugleich erlebt auch der Riesling Sylvaner eine eigentliche Renaissance. Dass sich neue Sorten auch in grösseren Mengen am Markt durchsetzen können, hängt auch von der Gunst der Konsumentinnen ab. Gerade die Erfahrungen mit dem einst vielversprechenden roten Newcomer Regent zeigen, dass ökologisch hochgepriesene neue Sorten noch lange kein Garant für einen durchschlagenden Markterfolg sind. Es besteht auch die Gefahr, dass mit den Cuvées und Landweinen eine gewisse regionale Identität in Verbindung mit den Trauben verloren geht, respektive einfach austauschbar wird.
Zuerst muss das benötigte Pflanzgut mit neuen Sorten in genügenden Mengen verfügbar sein. Denn bereits dies stellt die Rebschulen bei der enormen Vielfalt an neuen Rebsorten in Kombination mit den verschiedenen Klonen, Unterlagen und den Setzlingsgrössen vor grosse logistische Herausforderungen. Doch auch aus Sicht der Rebbauern ist die Sortenwahl gut zu prüfen. Der Absatz der Trauben muss zu einem wirtschaftlich tragbaren Preis sichergestellt sein. Dies ist auch mit Blick auf die Lebensdauer einer Rebanlage von mindestens 25 Jahren unerlässlich, weil damit beachtliche Kosten von über 100 000 Franken Anlage- und Aufzuchtkosten verbunden sind.