Die Ausbreitung von Erdmandelgras ist in der Schweiz in den letzten Jahren zunehmend zu einem Problem für die Landwirtschaft geworden. Wird es nicht bekämpft, muss mit grossen Ernteeinbussen gerechnet werden. Besonders betroffen sind auch Gegenden in den Kantonen Zürich, Thurgau und St. Gallen.

Um den Landwirten den Umgang mit dem Erdmandelgras aufzuzeigen, organisierte der Strickhof vor einer Woche in Lindau eine Informationsveranstaltung. Der Zeitpunkt macht Sinn: «Das Erdmandelgras sollte möglichst noch vor der Blüte bekämpft werden», sagte Fiona Eyer von der Fachstelle Pflanzenschutz am Strickhof. Dies, weil die Pflanze etwa zeitgleich mit der Blüte damit beginnt, eine Vielzahl an unterirdischen Mandeln zu bilden, über welche das Gras weiterverbreitet wird.

Eine Übertragung ist schnell passiert

Dabei erweist sich das Erdmandelgras als sehr konkurrenzstark. «Wird nichts dagegen unternommen, breitet es sich rasch aus», so die Agronomin. Aus einem Einzelbefall wird innerhalb weniger Jahre ein Flächenbefall, weil die Mandeln mit den Bearbeitungsmaschinen über das ganz Feld verteilt werden. Was die Invasion zu einer Herausforderung macht, sind vor allem zwei Faktoren: Zum einen gibt es kein Wundermittel dagegen – die zur Verfügung stehenden Herbizide wirken bestenfalls moderat. Zum anderen erfolgt die Übertragung von einem Feld auf ein anderes sehr schnell. «Wendet man etwa eine Maschine, an welcher Erde mit Erdmandeln klebt über einem Nachbarfeld und die Erde fällt runter, ist es schon passiert», so Eyer.

Wie schlimm ein Befall mit Erdmandelgras ist, hängt von der Fruchtfolge ab. Bei Getreide, Mais und Kunstwiese lässt sich der Eindringling einigermassen gut mit intensiver Bodenbearbeitung und Pflanzenschutzmitteln in Schach halten. In langsam wachsenden, tief wurzelnden Kulturen wie Zuckerrüben, Kartoffeln oder Hackfrüchten führt aber schon ein geringer Befall zu grossen Problemen, da eine Bekämpfung kaum möglich ist.

Leicht mit Hirse zu verwechseln

Seit dem 1. Januar 2021 gilt im Kanton Zürich bei einem Befall mit Erdmandeln Meldepflicht. Tatsächlich jedoch werden gegenwärtig nur wenige Fälle gemeldet, was die unbeabsichtigte Weiterverbreitung durch Maschinen fördert. Dies hat zunächst damit zu tun, dass das Erdmandelgras oft gar nicht als solches erkannt wird. Es kann etwa leicht mit Hirse verwechselt werden, die ebenfalls um Mitte April herum keimt. «Wer sich bei einem Fund nicht sicher ist, sollte uns unbedingt informieren», betonte Fiona Eyer. «Lieber ein Fehlalarm zu viel als ein nicht gemeldeter Befall. Je schneller man eingreift, desto eher bekommt man das Problem noch in den Griff.»

Zusätzlich zur Meldepflicht bei der Fachstelle Pflanzenschutz gilt eine gegenseitige Informationspflicht: So muss ein Landwirt den Lohnunternehmer unbedingt darüber orientieren, wenn er auf Anzeichen von Erdmandelgras gestossen ist. Umgekehrt hat der Lohnunternehmer zu melden, wenn er zuvor ein mit Erdmandeln verseuchtes Feld bearbeitet hat. So wissen beide Seiten, woran sie sind, und können entscheiden, ob sie das Risiko in Kauf nehmen oder nicht. Auch gilt die Sorgfaltspflicht. Das heisst, beim Verlassen von einem befallenen Feld sind die Maschinen gründlich zu reinigen. Gemeldete Standorte werden auf dem GIS-Browser eingezeichnet, sind also öffentlich einsehbar. Zur Pflicht gehört ausserdem eine minimale Bekämpfung gemäss Weisungen.

Das Feld flach bearbeiten

Bei den Zuckerrüben ist eine Invasion von Erdmandelgras besonders herausfordernd. Dazu trägt auch die Bodenbearbeitung bei: «Mit dem Einsatz von Roder und Rüben-Maus wird viel Erde bewegt, die Mandeln können sich dadurch leicht verbreiten», stellte Luzi Schneider von der Schweizerischen Fachstelle für Zuckerrübenanbau fest. Er empfiehlt, den Boden möglichst flach zu bearbeiten, eine lockere Bodenstruktur zu schaffen und eine rasche Jugendentwicklung zu fördern. Mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wie Dual Gold, Spectrum/Frontier oder Conviso One sei keine eigentliche Bekämpfung möglich, es lasse sich lediglich eine Massenverbreitung verhindern, so Schneider. Eine Bekämpfung des Erdmandelgrases müsse daher in anderen Kulturen oder auf einer Schwarzbrache erfolgen.

Alle Beteiligten müssen mitziehen

Der Fachmann rief dazu auf, befallene Parzellen beim Kanton zu melden und jeweils auch die Transportorganisation Frauenfeld zu informieren. «Es ist wichtig, dass alle mitziehen», sagte Luzi Schneider. «Erdmandelgras geht alle etwas an, vom Landwirt über den Lohnunternehmer bis zur Rübenlogistik.»

Ein betroffener Landwirt berichtete von seinen Erfahrungen mit dem Erdmandelgras. Er rät, gefundene Pflanzen grosszügig auszustechen, die betroffenen Stellen auf einem Feld in einem Plan zu markieren und als Schwarzbrache liegenzulassen.

Bei der Diskussion unter den Teilnehmern wurde auch die Erfahrung geteilt, dass bereits kleine Inkonsequenzen bei der Bekämpfung mit herben Rückschlägen bestraft werden. Ein Landwirt ermahnte zudem, das Waschwasser von Maschinen, die auf einem befallenen Feld zum Einsatz kamen, möglichst nicht ins Gülleloch zu leiten. Die Gefahr ist gross, dass das Wasser noch keimfähige Mandeln enthält. Einig war man sich, dass eine hartnäckige Bekämpfung durch alle Beteiligten notwendig ist. «Es besteht noch immer die Chance, eine weitere Verbreitung des Erdmandelgrases einzudämmen», sagte Fiona Eyer abschliessend.

Weitere Informationen und Adresse für Neumeldungen: Fachstelle Pflanzenschutz am Strickhof

Steckbrief Erdmandelgras

Das Erdmandelgras (Cyperus esculentus), auch Zyperngras genannt, gehört zu den Sauergräsern und kommt in wärmeren Gegenden auf allen Kontinenten vor. In der Schweiz ist das einjährige Gras vor etwa 30 Jahren erstmals aufgetreten, vermutlich wurde es mit Blumenzwiebeln aus Holland eingeschleppt. Seine Merkmale sind:

  • dreikantiger Stängel ohne Verdickungen
  • unbehaart
  • hellgrüne, dreizeilig angeordnete Blätter

Die Vermehrung erfolgt grösstenteils über die Knöllchen (Mandeln), die sich an den Wurzeln bilden und Stecknadelkopf- bis Erbsengrösse aufweisen. Eine einzige Pflanze kann bis zu 700 Mandeln bilden, diese kommen hauptsächlich in der obersten Bodenschicht (0 bis 20 cm) vor. Das Erdmandelgras ist sehr konkurrenzstark.

Daneben existiert eine kultivierte Form von Erdmandelgras, welche nicht frosthart ist und sich deshalb auch nicht unkontrolliert ausbreitet. Daraus wird etwa Erdmandelmilch hergestellt, die auch für Nussallergiker(innen) verträglich sein soll.