«Wir haben das Glück, dass ein Paar aus Polen, das seit zehn Jahren bei uns arbeitet, weitgehend für die Rekrutierung von weiterem benötigtem Personal sorgt», erklärt Dominik Thürig. Deshalb seien auf dem Gemüse-, Obst- und Beerenbetrieb hoch über dem Sempachersee, wo zusätzlich noch 100 Zuchtsauen und 50 Hirsche gehalten werden, vor allem Pol(innen) beschäftigt.
Viele Polen auf Betrieb
Ergänzend werde auch mal ein Inserat auf der Website geschaltet, so arbeitet derzeit auch ein junger Bosnier aus Kriens für die Erdbeerernte. Und auch zwei Bäuerinnen sind in diesen Wochen in den Folientunnels auf den Pflückwagen anzutreffen. Ab Juni gebe es eher weniger Engpässe, weil in Polen dann die Studienferien starten und einige Leute zum Arbeiten für einige Monate hierher anreisen.
Praktikanten aus Schweiz
Während der Hochsaison beschäftigen Thürigs allein sechs Angestellte aus Polen, die auf dem Betrieb auch Kost und Logis erhalten.
Dazu kommen Schweizer Praktikant(innen) im Rahmen ihrer Ausbildung an der HAFL oder zur Bäuerin, und weitere Hilfskräfte, Pensionierte aus der Nachbarschaft auf Abruf oder auch Junge im Landdienst oder für Ferienjobs. «Den Sommer über waren wir auch schon 18 Leute hier», ergänzt Irmgard Thürig. Im Schnitt beschäftigt der Betrieb rund ein bis zehn Angestellte.
Die Rekrutierung von Personal aus dem Ausland sei eher einfacher geworden, stellt Dominik fest. Auch in Polen sei das Leben teurer geworden, viele Leute suchen deshalb entsprechend bezahlte Jobs im Ausland. Und wegen der vielen Flüchtlinge aus der Ukraine in Polen werde auch von einer gewissen Konkurrenz auf dem dortigen Arbeitsmarkt berichtet. Allerdings spüren auch Thürigs den Lohndruck beziehungsweise wegen des Arbeitskräftemangels die steigenden Lohnansprüche von Angestellten auch aus dem Ausland. «Viele berücksichtigen die Berechnung von Kost und Logis und den Vorteil des kurzen Arbeitsweges aber zu wenig.»
Lange Erdbeerernte
Schon vor drei Wochen startete die Ernte der frühen und geschmackvollen Erdbeerensorten Flair und Clery in den geschlossenen Folientunnel Thürigs. Rund acht Sorten bauen sie an, die Ernte wird sich noch bis Anfang Juli erstrecken, dank ungedeckten oder mit weisser Folie aktiv verspäteten Sorten.
Mit dem bisherigen Ernteverlauf und dem Absatz sind sie zufrieden. Nun entscheide die Witterung, ob es so bleibt. Eine grosse Herausforderung sei auch bei Erdbeeren der Pflanzenschutz. Zumal immer mehr Mittel gestrichen werden, oder andere nicht mehr breit wirken, so dass mehr Durchgänge nötig werden.
Dank Tunnels seien die Früchte aber besser vor der Witterung geschützt, und darin lassen sich auch vermehrt Nützlinge ausbringen, das senkt den Einsatz von Spritzmitteln. Der Trend gehe deswegen vermehrt in Richtung gedeckte Anlagen.
Betriebsspiegel
Betriebsleiter: Dominik und Irmgard Thürig mit Familie
Ort: Hundgellen, Eich
Fläche: 40 ha LN, davon 5,5 ha Raps; 6,5 ha Mais; 13,5 ha Getreide; 8,5 ha Wiesland; 3 ha Ökoflächen; 0,65 ha Obst; 1,2 ha Beeren; 0,3 ha Gemüse; 4 ha Wald.
Tiere: 100 Zuchtsauen zur Mastferkelproduktion; 50 Damhirsche
Weitere Betriebszweige: 400 Hochstammbäume, Direktvermarktung mit eigenem Hofladen
Fokus auf Direktvermarktung
Thürigs sind erfahrene Direktvermarkter, sie starteten schon zu Vaters Zeiten mit einem Verkaufsstand für Hochstammkirschen am Strassenrand. Als sie 2001 den Betrieb übernehmen konnten, wurde eine Obstanlage gepflanzt, später kamen Himbeeren und Erdbeeren dazu, ebenso viele Sorten Gemüse. So wachsen Tomaten und Gurken ebenfalls in Folientunnel.
Auch Würste und Fleisch
Viele Beeren und Früchte werden auch selber verarbeitet. Ein entsprechendes Gebäude für Verarbeitung und Lager konnte 2014 erstellt werden, im Obergeschoss sind zudem Zimmer für die Angestellten und ein Degustationsraum untergebracht. Im Gebäude werden auch Tee, Früchte, Gemüse und Fleisch getrocknet. Die abgehenden Sauen von seinem Betrieb lässt Thürig metzgen und verkauft sämtliches Fleisch direkt.
Hofladen mit Vollsortiment
Rund die Hälfte aller Produkte wird im Hofladen vermarktet. Dank zugekauften Produkten ist dort ein Vollsortiment zu finden: Beeren, Obst, Gemüse, Fleisch, Eingemachtes, Backwaren, Urdinkel-Produkte, Eigenbrand, Wein und Balsamico, Glaces, Geschenkideen. «Bei uns kann der Wocheneinkauf getätigt werden», sagt Dominik Thürig. Zudem werden Läden und Restaurants in der Umgebung beliefert. Corona sorgte für einen zusätzlichen Schub im schon vorher florierenden Hofladen, und der Umsatz konnte danach gehalten werden.
Weitere Informationen: www.hofladen-thuerig.ch
Bauern rekrutieren ihre Erntehelfer(innen) dank persönlichen Kontakten selber
Der Fachkräftemangel ist derzeit in der Schweiz aufgrund der wirtschaftlich guten Lage so ausgeprägt wie schon lange nicht mehr. Gesucht sind Arbeitskräfte in vielen Branchen, von der Gastronomie über den Pflegebereich bis zur Industrie und anderen Dienstleistungsbranchen. Besonders ausgeprägt ist der Mangel an Handwerker(innen). Auch in der Landwirtschaft gibt es zu wenige Fachkräfte, und auch für die laufenden Ernten von Gemüse und Beeren werden teilweise noch Hilfskräfte gesucht.
Schon lange ausgetrocknet
Monika Schatzmann von Agrimpuls des Schweizer Bauernverbandes weist darauf hin, dass der Arbeitsmarkt in der Landwirtschaft nicht nur gegenwärtig, sondern schon in den letzten Jahren ausgetrocknet war. Allerdings seien Erntehelfer(innen) noch eher rekrutierbar als fachkompetente Angestellte auf Betrieben mit Tierhaltung.
Bei Einsätzen für Erntehelfer sei es auch möglich, mit dem Partner oder der Partnerin oder Bekannten im selben Betrieb zu arbeiten, und teils genüge es, wenn jemand Deutsch spreche. «Im Übrigen war und ist die Einreise für Erntehelfer immer möglich, auch während Corona-Zeiten.» Unsicherheiten habe es immer gegeben, der gegenwärtige Ukraine-Krieg halte Polen oder Rumänen im grösseren Ausmass nicht davon ab, in der Schweiz Arbeit zu suchen.
Korrekte Bewilligung
Werner Hüsler von der Personaldienstleistung des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands (LBV) vermittelt direkt keine Angestellten mehr. Einerseits, weil kaum solche zu finden sind, anderseits, weil Bauern vermehrt selber aktiv geworden sind. Er könne aber Kontakte zu seriösen Arbeitsvermittlern herstellen und vor allem unterstütze der LBV bei korrekten Bewilligungsverfahren und Arbeitsverträgen. Gemüse- und Beerenbauern würden ihre Erntehelfer(innen) inzwischen in der Regel selber rekrutieren.
Das bestätigen auf Anfrage mehrere Gemüse- und Beerenproduzenten.
Beeren Wyss aus Hämikon beschäftigt rund 30 Personen, vor allem aus Rumänien und Polen, von drei bis neun Monaten jährlich. Die Rekrutierung erfolge vor allem über Kontaktpersonen und ehemalige ausländische Angestellte, die Kollegen in die Schweiz vermitteln. «Anders ist das fast nicht mehr möglich», sagt Anton Wyss.
Im Schweinestall selber
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt sei seit Jahren etwa gleich, und der Ukraine-Krieg sei nicht spürbar. Weniger gute Erfahrungen hat er mit pensionierten Schweizern als Erntehelfer gemacht. Deshalb setze er vor allem auf Ausländer(innen). «Obwohl es auch da unterschiedlich gute Arbeiter gibt.» Auf acht Hektaren werden Erdbeeren und Himbeeren angebaut. Zudem hält Wyss noch einige Muttersauen. «Im Schweinestall arbeite ich aber selber, dort ist es schwierig, die Angestellten einzusetzen.»
Schwer, Schweizer zu finden
Jonas Boog aus Hünenberg bietet aus dem «Buuregarte Boog» ein grosses Sortiment von Gemüse und Früchten an, im Hofladen und im Online-Gemüseladen. Beschäftigt würden je nach Saison 20 bis 80 Angestellte, mit sehr internationaler Herkunft. So aus Polen, Rumänien, Bulgarien, aktuell würden auch Stellen für Flüchtlinge aus der Ukraine angeboten. Hauptsächlich erfolge die Rekrutierung über persönliche Kontakte. Aufgrund der saisonalen Tätigkeit sei es schwer, Schweizer zu finden. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt sei seit Jahren etwa gleich. Zu beobachten sei, dass Ausländer, die nur für einen kurzen Zeitraum in die Schweiz kommen, andere Vorstellungen haben als solche, die länger hier bleiben möchten, sagt Boog. «Und in der Landwirtschaft zahlen wir unter Einbezug der Ausbildung sicher faire Löhne.»