Oft wird das Heil gegen jegliche Krankheiten, Schädlinge und den Klimawandel in der Sortenzüchtung gesehen. Aber so einfach ist das nicht. Das wurde den Teilnehmern am Bio-Praxisabend in Andelfingen bewusst, als die Kartoffelexperten Tobias Gelencsér vom FiBL und Andreas Rüsch vom Strickhof den Feldversuch mit resistenten Kartoffelsorten vorstellten.
Die Kartoffelsorten Fenna und Acoustic sind sehr robust, so dass Krautfäule keine Chance hat. Sie gedeihen prächtig auf den Versuchsparzellen von Heinz Höneisen. Aber um Resistenzdurchbrüche zu vermeiden, braucht es gleichwohl Schutz.
Vorreiter Niederlande: Biolandbau ohne Kupfer
In den Niederlanden dürfe man im Biolandbau keine Kupferbehandlungen mehr durchführen, erklärte Tobias Gelencsér – dies auf Druck des Detailhandels. «Resistente Sorten wie Fenna und Acoustic kann man im Prinzip ohne Kupfer anbauen. Aber die Gefahr von Resistenzdurchbrüchen ist gross.» Die niederländischen Bioproduzenten hätten schon im vergangenen Jahr mit diesem Problem zu kämpfen gehabt.
Infiziertes Pflanzgut in benachbartem Feld
Auch Höneisen war schon gezwungen, eine Kupferbehandlung durchzuführen, denn auf einem in der Nähe gelegenem Feld brach bei Frühkartoffeln unter Folie die Krautfäule aus. «Das war die Hinterlassenschaft von 2021, denn es waren schweizweit auch einige Pflanzgutposten latent infiziert», begründete Andreas Rüsch den Kupfereinsatz.
Die Gefahr von Resistenzen ist nicht von der Hand zu weisen. Bisher hätten die meisten dieser robusten Sorten nur ein Resistenzgen. Das Risiko ist gross, dass einzelne Erregersporen mutieren und die Resistenz durchbrechen. Aber immer mehr pflanzen sich Krautfäuleerreger durch sexuelle Reproduktion fort, so dass sich immer neue anpassungsfähigere Sporen entwickeln. Dem gilt es entgegenzuwirken.
Die Empfehlung der Experten lautet demzufolge: «Bei robusten Sorten reduzierte Kupfergaben.» Gut zu wissen, denn die Kartoffelproduzenten warten ungeduldig auf neue und robuste Sorten.
Vitabella, Otolia, Acoustic und Fenna
Auf der Schweizer Sortenliste für Kartoffeln 2022 sind mit Vitabella und Otolia zwei robuste Sorten zu finden. Rund 10 Prozent der Bio-Kartoffelfläche ist 2022 mit Vitabella bepflanzt. Diese Sorte eignet sich übrigens auch im konventionellen Anbau, so der FiBL-Berater. Otolia ist auf der Nebenliste aufgeführt und noch kaum verbreitet.
Die Sorte Acoustic dürfte wahrscheinlich den Sprung auf die Sortenliste in diesem Jahr schaffen. Laut Gelencsér stehe für 2023 auch genügend Pflanzgut zur Verfügung.
Fenna ist eine junge Neuzüchtung, heuer im ersten Jahr in der Sortenprüfung und wird auch 2023 noch ausgetestet. Frühestens werde Fenna 2024 auf die Sortenliste aufgenommen, sofern die Versuche überzeugen. «Bis dann gibt es dann wohl auch einige Dutzend Hektaren Pflanzgutproduktion», so Gelencsér.
Sorten mit mehreren Resistenzgenen in der Pipeline
In der Pipeline sind viele neue Sorten, versichert Gelencsér. Mittlerweile kämen jährlich so um die zehn widerstandsfähige Sorten auf den Markt. In Zukunft sollen sie nicht nur ein, sondern zwei oder mehrere Resistenzgene aufweisen. Diese werden hinsichtlich ihrer Eignung für den Schweizer Markt ausgewählt und müssen nach Vorprüfungen bei Agroscope und privaten Versuchsanstellern die zweijährige Sortenprüfung absolvieren.
Robust, aber mit Makel
Resistent heisst nicht, dass die Knollen allen Krankheiten widerstehen. Fenna ist stark in der Krautfäuleabwehr, aber etwas anfällig auf Silberschorf und Colletotrichum. Einige robuste Sorten wie zum Beispiel Acoustic haben einen anderen Makel: Sie sind nur bedingt lagerbar.