In Reih und Glied stehen zarte Bäumchen, so weit das Auge reicht. In ein paar Jahren werden es stattliche Haselnussbäume sein. Die Plantage auf dem Landwirtschaftsbetrieb von Stefan Gerber im zürcherischen Mettmenstetten wurde vor zwei Jahren angelegt. Sie besteht mittlerweile aus rund 1900 veredelten Bäumen.
Einheimische Pflanze
Vertreten sind dabei insgesamt 50 Haselnusssorten aus verschiedenen Ländern Europas und Asiens. «In der Schweiz gibt es leider noch kaum lokale Kultursorten», stellt Stefan Gerber fest. «Hierzulande hat der Haselnussanbau weder Tradition noch wirtschaftliche Bedeutung, obwohl es sich um eine einheimische Pflanze handelt und ein lokaler Markt vorhanden ist.» [IMG 2]
Auf die Haselnuss kam Gerber dennoch – per Zufall. Als es darum ging, den ehemaligen Milchviehbetrieb der Eltern zu übernehmen, suchte der Quereinsteiger nach einem neuen Betriebszweig. Er kam mit dem Landwirt Andreas Gauch in Kontakt, der im aargauischen Niederwil einige Jahre zuvor begonnen hatte, im grösseren Stil Haselnussbäume anzupflanzen. «Die Idee fand ich interessant», so Gerber. «Nicht zuletzt deshalb, weil mit Haselnüssen ein energiereiches Lebensmittel produziert werden kann.»
Genetisches Potenzial
In Zusammenarbeit mit dem Verein Crowd Container startete Stefan Gerber ein eigenes Haselnussprojekt. Dieses beinhaltet eine Ertragsanlage und einen Sortengarten, um die Anbaumöglichkeiten in der Schweiz auszuloten sowie das genetische Potenzial der Haselnuss im hiesigen Klima zu studieren. Darüber hinaus soll mit Blühstreifen, Hecken und weiteren Massnahmen die Biodiversität bereichert werden. Das übergeordnete Ziel ist es, zu einer regionalen, nachhaltigen Landwirtschaft beizutragen.
Im Rahmen der Kooperation mit Crowd Container erhält der studierte Biologe Unterstützung von Freiwilligen, die einmal im Monat einen Tag lang auf dem Betrieb mithelfen. Auch wird das Projekt wissenschaftlich begleitet. Beispielsweise indem Bodenzustand und Biodiversität analysiert werden.
Ideal ist Braunerde
Insgesamt umfasst der Betrieb von Stefan Gerber eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 7,7 ha. Davon entfallen 3 ha auf die Haselnussanlage. Stefan Gerber würde die Plantage gerne erweitern, doch hat er nicht genügend passenden Boden. «Für Haselnussbäume braucht es idealerweise nährstoffreiche, kalkige Böden, am besten Braunerde», sagt Gerber. «Nasse, schwere oder saure Böden eignen sich weniger.»
Die Jungpflanzen bezog der Zürcher von Biobauer Andreas Gauch. Sie sind auf Baumhasel veredelt und werden drei bis vier Meter hoch. Gegenüber Haselbüschen hätten diese den Vorteil, dass sie kaum unerwünschte Seitentriebe bilden, so Gerber.
Da der Haselnussanbau hierzulande keine Tradition hat, gibt es wenige Erfahrungen dazu, vieles muss zuerst ausprobiert werden. «Es stehen beispielsweise keine Anleitungen zum Baumschnitt zur Verfügung», stellt der Pionier fest. Zudem fand er bald heraus, dass die dünnen Stämmchen leicht vom Hackgerät erfasst und verletzt werden. Daher musste Gerber, der den Betrieb auf Bio umstellen will, zunächst aufs Hacken verzichten und stattdessen ein Herbizid spritzen, bis die Bäume etwas an Umfang gewonnen hatten.
Auch mit Schädlingen ist zu rechnen. Beispielsweise mit dem Haselnussbohrer, einem Rüsselkäfer, dessen Larve in den Nüssen heranwächst. An den unreifen Nüssen findet ausserdem die Marmorierte Baumwanze Gefallen, die vor einigen Jahren aus China eingeschleppt wurde. Dagegen gibt es im Biolandbau noch keine wirksamen Mittel. Zudem besteht ein Risiko für einen Befall mit Pilzen und damit zu Ernteausfällen. «Prävention wie etwa Nachernte-Hygiene ist darum umso wichtiger. Beispielsweise sollte man keine Fruchtmumien hängen lassen», erklärt Gerber.
Vollernte nach zehn Jahren
Haselnussbäume befruchten sich per Windbestäubung. Da sie erst nach zwei Jahren erste Früchte tragen, konnte Stefan Gerber bisher nur vereinzelt Nüsse ernten. Eine Vollernte ist nach etwa zehn Jahren zu erwarten. Dann ist mit einer Ernte von 1 bis 3 t/ha zu rechnen. Jetzt schon klar ist, wie die Nüsse dereinst eingebracht werden: Zwischen den Baumreihen wird auf einer Höhe von 30 cm ein Netz locker gespannt, welches mit dem Traktor befahrbar ist. Die Schalenfrüchte werden mithilfe eines Saugers auf den Kipper geladen und mittels Gebläse vom Laub getrennt. Für die Behandlung nach der Ernte, also das Waschen, Trocknen und Kalibrieren der Haselnüsse, soll eine betriebseigene Anlage angeschafft werden.
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Die Ernte will Stefan Gerber direkt vermarkten. Bereits haben Konditoreien und Bäckereien aus der Region Interesse an den Nüssen angemeldet. Auch ein Hofladen mit verschiedenen Haselnussprodukten im Sortiment ist schon angedacht. In den Grosshandel kommen die Nüsse dagegen nicht: Mit einem Welthandelspreis von rund Fr. 3.–/kg könnte er unmöglich mithalten, so Gerber. «Was wir anstreben, ist die Produktion eines hochwertigen, regionalen Nischenprodukts.»