Mickerige 3,6 Millimeter. Mehr Niederschlag hat das Gewitter in der Nacht nicht gebracht. Bei Temperaturen über 30 Grad C tagsüber schenkt das kein bisschen ein. Nach dem Blick auf die Messstation steigt Urs Bryner ins Auto: Er ist auf seinem Bohnenfeld gefragt, das gerade bewässert wird.
Eine lange Liste von Fragen
Nach zwei Minuten unterwegs mit dem Landwirt wird klar: Bewässern ist ein hoch komplexes Thema. Er muss vieles abwägen: Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Pflanzen und die Wasserverfügbarkeit, wann stört es die Bevölkerung am wenigsten, wann ist der Verlust durch Verdunsten gering, wie sind die personellen Ressourcen. Er muss die Marktsituation berücksichtigen und einschätzen, bei welchen Kulturen sich der Aufwand finanziell lohnt, und er braucht die richtigen Hilfsmittel.
Urs Bryner hat schon ganz einfache Rezepte gehört: Die Bauern sollten nur noch Hirse anbauen statt Gemüse, die liefere auch Proteine. Als Mitglied einer Arbeitsgruppe, die sich mit der Bewässerungsthematik im Bünztal befasst , erlebt er ganz unterschiedliche Standpunkte. Beim Wasser reden alle mit.
Für ihn ist Rücksicht auf das Ökosystem selbstverständlich: «Die Landwirtschaft muss sich hier bewegen und möglichst sparsam und effizient mit dem Wasser umgehen.» Als Beispiele nennt er genaue Bodenmessungen, um den Bewässerungsbedarf einzuschätzen und exakte Methoden, das Wasser auszubringen.
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Bewilligungen wurden sistiert
Theoretisch hat Urs Bryner die Bewilligung für die Wasserentnahme aus der Bünz und weiteren kleinen Bächen. Aber die wurden in den vergangenen Jahren bei Hitze und Trockenheit regelmässig ausgesetzt – also dann, wenn er das Wasser am dringendsten brauchte. Die grossen Flüsse sind ausserhalb seiner Reichweite, und so bezieht er heute fast alles Wasser ab Hydrant aus dem öffentlichen Netz. Unter sehr unterschiedlichen Bedingungen. Der Kubikmeter kostet je nach Gemeinde 80 Rappen bis 1 Franken 80. An einigen Orten darf der Landwirt das Wasser nur zu bestimmten Zeiten beziehen.
«Immerhin war es bis jetzt ein gutes Jahr.»
Urs Bryner sieht wegen des Wetters Ertragsausfälle kommen.
In seiner Wohngemeinde Othmarsingen sprechen sich Landwirte, Gemeinderat und Feuerwehr per Online-Chat ab. Denn wegen der Netzstabilität können nicht alle Landwirte gleichzeitig abpumpen, und die Feuerwehr hat natürlich Priorität. Seit Anfang Woche dürfen nur noch zwei Landwirte gleichzeitig den Haspel laufen lassen.
Bewässern kostet bis zu 1000 Franken pro Hektare
Dass die Gemeinden den Bauern den Wasserhahn ganz zugedreht haben, hat Urs Bryner in seiner 20-jährigen Betriebsführung bisher erst zweimal erlebt.
600 bis 1000 Franken kostet das Bewässern pro Hektare und Kultur inklusive Arbeit, abhängig von Wasserpreis und -menge, Leitungslänge und der nötigen Pumpe, rechnet Urs Bryner, der mit zwei grossen und einem kleinen Wasserwerfer ausgerüstet ist. Da überlegt er sich gut, wo er den Haspel aufstellt in Zeiten wie jetzt, wo er längst nicht mehr überall bewässern kann, wo es nötig wäre. So verzichtete er kürzlich bei einer Parzelle mit Konservenerbsen darauf: Sie standen ohnehin nicht besonders prächtig da und eine Hitzeperiode war prognostiziert. Der Ertrag war wie erwartet klein, der Verdienst aber immer noch besser, als wenn er den Aufwand des Bewässerns betrieben hätte.
Urs Bryner ist beim Bohnenfeld angekommen und begrüsst den Gemeindearbeiter, der einen unerklärlichen Verbrauch im Wassernetz festgestellt hat. Der Hydrant, ab dem bewässert wird, steht zwischen zwei Gemeinden; die Zuständigkeit ist offenbar nicht ganz klar. Aber das ist nicht Bryners Problem, er hat die Wasseruhr vorschriftsgemäss montiert.
Es sei wichtig, erklärt er auf dem Rückweg zum Hof, dass die Landwirte sich beim Wasserbezug korrekt verhalten würden. «Wasser ist ein Thema, bei dem sich die Gemüter schnell erregen, und die Branche darf hier nicht unnötig Sympathie verspielen.»
Immer noch besser als das Vorjahr
Aus Sicht von Urs Bryner sind die Wetteraussichten schlecht – es bleibt heiss und trocken, das verspricht weitere Ernteausfälle und Ertragseinbussen. «Aber immerhin war es bis jetzt ein gutes Jahr», relativiert er, sowieso im Vergleich zum miserablen Vorjahr. Für den Gemüseproduzenten gehören grossen Schwankungen zum Geschäft.