Das Resümee zum Stand des Aktionsplans Pflanzenschutzmittel (AP PSM) lässt sich kurz zusammenfassen: «Der Plan ist auf Kurs», sagte Numa Courvoisier vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) an der neunten Tagung zum AP PSM. Die Massnahmen, die bereits 2017 zur Risikoreduktion im Zusammenhang mit dem Schutz der Kulturen beschlossen worden sind, würden breit umgesetzt.

Der Schutz der Kulturen gilt als mangelhaft – trotz Notfallzulassungen

Sorgenkind sind allerdings die Grenzwertüberschreitungen in Fliessgewässern und im Boden schlecht abbaubare Wirkstoffe. In diesen Bereichen gibt es zwar Fortschritte, es ist aber fraglich, ob die bis 2027 gesteckten Ziele zu erreichen sind. Wie Numa Courvoisier ausführte, sind nach dem Zulassungsentzug verschiedener Wirkstoffe nun noch einige in der Anwendung, die zwar ein hohes Risiko aufweisen, aber bisher als kaum ersetzbar gelten. Dazu gehören etwa Pyrethroide oder Kupfer.

Neben dem Schutz der Umwelt und der Menschen – inklusive der Anwendenden von PSM – ist der wirkungsvolle Schutz der Kulturen ein erklärtes Ziel des AP PSM. Und es ist das einzige, dem Numa Courvoisier klar eine «Tendenz in die falsche Richtung» attestierte. Die Anzahl Lückenindikationen steigt seit Jahren im Gleichschritt mit der Anzahl Notfallzulassungen.

Wie Mutterkorn bekämpfen?
Der Pflanzenschutz sei mit viel Abstand das drängendste Thema, schilderte Agroscope-Forscherin Susanne Vogelsang das Ergebnis ihrer Umfrage bei den Branchen. «Dann folgen Fragen zur Nährstoffversorgung der Kulturen und dem Klimawandel.» Weiter seien resistente Sorten und die Förderung alternativer Kulturen häufig genannt worden; Letzteres von allen konsultierten Branchen. Swiss Granum habe Mutterkorn ins Spiel gebracht und Vogelsang erinnerte daran, dass diese Pilzkrankheit heuer auch verbreitet in Weizen aufgetaucht ist. Agroscope will daher u.a. im In- und Ausland mögliche Bekämpfungsmöglichkeiten sammeln.

«Strategie für nachhaltigen Schutz der Kulturen» als Antwort

«Notfallzulassungen sind keine langfristige Lösung und stellen niemanden zufrieden», bemerkte Daniel Hofer, BLW. Er erläuterte den Stand der «Strategie für einen nachhaltigen Schutz der Kulturen 2035», die im Sommer in Vernehmlassung war (wir berichteten). Sie wurde von der Geschäftsleitung des BLW in Auftrag gegeben – als Antwort auf die wachsenden Probleme beim Schutz der Kulturen. Diese Probleme führt Hofer auf einen fatalen Mix aus neuen oder neu verbreitet auftretenden Schadorganismen, zurückgezogenen Wirkstoffen und fehlenden Alternativen zurück.

Strategie und definitive Massnahmen bis Ende 2025?

Bisher ist die Strategie eine reichlich theoretische Sache. Man sei derzeit dabei, die 71 Rückmeldungen zur Vernehmlassung auszuwerten. Ende 2025 bzw. ab 2026 soll die Strategie mit den definitiven Massnahmen bereit für die Umsetzung sein.

«Wegen des knappen Zeithorizonts wollen wir keine endlose Liste», so Daniel Hofer. Im Fokus stehen die Förderung und Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes, weitgehend innerhalb der gegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen. «Es ist nicht die Idee, das Rad neu zu erfinden», betonte der BLW-Mitarbeiter. Erfahrungen, etwa aus Ressourcenprojekten wie Pflopf oder Pestired, sollen genutzt und Wissen in die breite Anwendung gebracht werden. Für Letzteres schlägt das BLW ein Demonetzwerk mit Praxisbetrieben vor.

Spot-Spraying hat vor allem in frühen Stadien Vorteile

Moderne Technik kann ein Weg sein, den Pflanzenschutz effizienter zu gestalten. Joshua Witsoe stellte Modellierungsergebnisse von Agroscope für Spot-Spraying im Gemüsebau vor. Im Vergleich zur Flächen- oder Bandapplikation hat dieses Verfahren vor allem in frühen Entwicklungsstadien grosse Vorteile, da zu diesem Zeitpunkt die Pflanzen noch klein sind. Sind die Reihen geschlossen, gelangt auch bei flächiger Applikation kaum mehr Spritzbrühe auf den Boden, wo sie ausgewaschen werden könnte.

Drohnen in Kombination zum Einsatz bringen

Drohnen im Rebbau versprechen insbesondere einen besseren Anwenderschutz, erklärte Pierre-Henri Dubuis. Der Agroscope-Forscher schilderte, dass bei hohen Temperaturen mitunter ohne jede Schutzausrüstung mit Guns oder Gebläse in Rebbergen gearbeitet werde.

Für mehr Effizienz sei die Kombination von (wenigen) Applikationen vom Boden aus mit solchen per Drohne empfehlenswert. Im Vergleich lag in seinen Feldversuchen die Abdrift von Drohnen gleichauf oder unter jener eines Gebläses. «Das Interesse an Drohnen steigt auch in anderen Kulturen», ergänzte Dubuis. Kandidaten sind etwa Kartoffeln (Kraut- und Knollenfäule) oder z. B. das Ausbringen von Schneckenkörnern bei nicht befahrbaren Böden.

Zwar war die Schweiz gemäss Dubuis das erste Land Europas, das Spritzdrohnen zugelassen hat. Für deren Einsatz braucht es aber u.a. nach wie vor eine Fluggenehmigung und die Geräte müssen geprüft sein.

Saatgut als oft vergessener Punkt im Pflanzenschutz

Zum Schluss wies Jan Wäspe, Agroscope, auf eine Basis des integrierten Pflanzenschutzes hin, die oft vergessen gehe: «Wenn man kein gesundes Saatgut hat, nützt alles nichts, was man weiter versucht.» Die Forschungsanstalt ist seit Jahrzehnten in der Züchtung, Sortenprüfung und Saatgutzertifizierung aktiv. Sie stand am Anfang des Standorts Zürich-Reckenholz, an dem die Tagung stattfand.

Krautfäule besser überwachen
Um Kartoffeln besser vor der Kraut- und Knollenfäule schützen zu können, gab es an der HAFL zusammen mit Partnern ein Projekt für ein Echtzeit-Sporenmonitoring. Wie die wissenschaftliche Mitarbeiterin Christa Kunz sagte, erwiesen sich die bisher zur Messung der schweizweiten Pollenbelastung genutzten Geräte zwar als tauglich. Die Phytophtora-Sporen seien aber schwerer zu erfassen als Pollen und es sei noch zu klären, wo die Messstationen zu platzieren wären. Einfacher ist es bei Alternaria, das als mögliches Allergen künftig in die Pollenüberwachung aufgenommen werden soll. «Ein Nachfolgeprojekt ist in Diskussion», schloss Kunz.

Alternaria erforschen
Bei Kartoffeln liegt ein Fokus auf Alternaria. Die Forschenden wollen die krankheitsauslösenden Arten besser verstehen, suchen resistente Kartoffelpflanzen und untersuchen, wie sich Alternaria auf Knollenqualität und Ertrag auswirkt. Langfristig wäre ein Prognosemodell zu entwickeln. «Demnächst wird es eine neue Umfrage-Runde mit den Ackerbau-Branchen geben», kündigte Vogelsang an. So kann Agroscope seine Projekte gezielt auf die Bedürfnisse der Praxis ausrichten.

Was ist integrierter Pflanzenschutz?
Chemische Bekämpfungsmassnahmen kommen nur dann zum Zug, wenn alles andere keinen wirtschaftlich tragbaren Schutz der Kultur gewährleistet. Dazu gehören
Präventive Massnahmen: z. B. Saatgutqualität, Sortenwahl, Nützlingsförderung
Entscheidungshilfen: Frühwarnung, Prognosemodelle, Schadschwellen
Nicht-chemische Alternativen: z. B. biologische Mittel, baulicher Pflanzenschutz