Die vergangenen Tage waren geprägt von teils intensiven Wetterereignissen. Neben Starkregen und Gewittern zogen punktuell in einigen Regionen auch Hagelzüge durchs Land.
Bisher der heftigste
Einen solchen Hagelzug erlebte Landwirt und Swissbeef-Mittelland-Präsident Christian Glur aus Glashütten AG auf dem eigenen Betrieb: Am Mittwochmorgen um Punkt halb sieben zog das Unwetter direkt über seinen Munimastbetrieb. «Bislang wurden wir nur selten von Hagel getroffen – das letzte Mal liegt ungefähr zehn Jahre zurück. Doch dieser Hagelzug war der bisher heftigste», berichtet Glur. Die Schäden traten sehr punktuell auf. Während der Betrieb mit Hagelkörnern übersät wurde, sei 200 Meter links und rechts nichts gewesen. Nach ersten Einschätzungen verursachte der Hagel Schäden am Silomais und Brotweizen. «Beim Weizen sind teilweise alle Blätter abgerissen. Nur noch die Ähren ragen oben aus den Stängeln», berichtet der Landwirt. Auch der Silomais wurde teils erheblich in Mitleidenschaft gezogen.
Während Glur beim Weizen trotz des Schadens auf einen nicht allzu grossen Ertragsverlust hofft, ist er beim Mais über das weitere Vorgehen noch unschlüssig. «Vielleicht werde ich nachsäen, aber ich möchte nichts überstürzen», erklärt er. Zunächst wolle er das vorhergesagte schöne Wetter der kommenden Woche abwarten. Der Mais befinde sich derzeit im Vierblattstadium – mit etwas Glück könne sich dieser noch erholen. «Falls nicht, ist es für eine Nachsaat noch nicht zu spät», ergänzt Glur.
Blattdünger zur Stärkung
Auch Beraterin Rita Ziltener vom LZ Liebegg hält eine Nachsaat oder Neusaat aktuell noch für möglich. «Sind die Blätter stark beschädigt, ist das durchaus sinnvoll», erklärt sie. Ist noch genügend Blattmasse vorhanden, könne die Kultur mit einer Blattdüngung (Stickstoff, Kalium) unterstützt werden. «Gerade ein gestresster Bestand nach einem Hagelschaden benötigt zusätzliche Nährstoffe, die nicht genügend schnell über den Boden zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem Grund macht eine schnell wirkende Blattdüngung Sinn», erklärt Ziltener. Stickstoff hilft bei der Bildung neuer Pflanzenmasse, damit die Fotosyntheseleistung angekurbelt werden kann. Kalium ist bei der Bildung von Kohlenhydraten und Proteinen beteiligt, reguliert den Wasserhaushalt und erhöht die Effizienz der Stickstoffdüngung.
Wichtig sei aber, dass die Blattdüngung nicht überdosiert werde, da ansonsten Verbrennungen entstehen könnten. «Eine Blattdüngung ist vor allem eine kurzfristige Überbrückung, die eigentliche Nährstoffversorgung sollte weiterhin über den Boden getätigt werden», so Ziltener.
Hagel unbedingt melden
Bei bereits weiter entwickelten Kulturen bleibe hingegen nichts anderes übrig, als den Bestand stehenzulassen und abzuwarten. Zuckerrüben und Kartoffeln etwa werden durch den vom Hagel begleiteten Wind häufig plattgedrückt und können sich teils wieder erholen», erklärt sie. Wichtig sei in jedem Fall, jeden Hagelschaden der Versicherung zu melden – selbst dann, wenn der Schaden für sich genommen noch zu klein für eine Entschädigung sei. «Damit ist der Fall registriert und bei einem zweiten Hagelereignis an der gleichen Kultur wird der erste Schaden bei der Berechnung mitberücksichtigt», erklärt die Beraterin.
Laut Esther Böhler, Leiterin Kommunikation bei Schweizer Hagel, sind bis kurz vor Redaktionsschluss Hagelmeldungen insbesondere aus den Kantonen Aargau, Baselland, Bern und Waadt eingegangen. «In erster Linie wurden Schäden an Ackerkulturen sowie an Gemüsekulturen gemeldet», so Böhler. Die Versicherung geht derzeit – basierend auf ersten Rückmeldungen – von moderaten Schäden aus. «Die Unwetterschäden der vergangenen Tage lassen sich nicht mit dem Jahr 2021 vergleichen, als heftiger Hagel die Kulturen massiv zerstörte», erklärt sie. Versichert gegen Hagel sind laut Versicherung rund 70 % der offenen Ackerfläche.
[IMG 2]
Hagel nach schwierigem Vorjahr
Auch Christian Glur hat seine Kulturen gegen Hagel versichert. Zwar rechnet er mit einer finanziellen Entschädigung, doch vielmehr schmerze ihn der Schaden emotional. Nach dem nassen und schwierigen Vorjahr hatte er sich besonders über die bislang günstigen Ackerbaubedingungen in diesem Jahr gefreut. «Der Mais ist schön aufgelaufen, auch Weizen und Gerste sahen vielversprechend aus – und dann richtet ein drei Minuten langer Hagelzug solche Schäden an», sagt Glur enttäuscht.
Den Kopf hängen lassen will der Landwirt deshalb aber nicht. «Als Landwirt arbeitet man mit der Natur, da muss man auch mit solchen Ereignissen rechnen.»