Seit drei Jahren wird Saatgut bei der Fenaco mit Dampf behandelt. Dieses Thermosem-Verfahren ist ökologisch, da es chemiefrei gegen diverse samenbürtige Krankheiten wirkt. Diese Wirkung hat Agroscope vor der Inbetriebnahme der Thermosem-Anlage der Fenaco untersucht und bestätigt, dabei aber darauf hingewiesen, dass «Jahre mit anspruchsvollen Witterungsbedingungen und hohem Krankheitsdruck» eine Herausforderung sein könnten. 2024 dürfte ein solches Jahr sein – was heisst das für das diesjährige Saatgetreide?

Zunehmend gefragt

Krankheiten wie Stinkbrand werden über Saatgut übertragen und können hohe Ernteverluste verursachen. ( Seraina Klaus/Agroscope) Saatgut Agroscope bestätigt Wirksamkeit von Dampf statt Saatgutbeizung – Fenaco investiert in Anlage Tuesday, 10. November 2020 Agroscope überprüfe im Rahmen der offiziellen Saatgutzertifizierung die Qualität von allem kommerziell verkauften Saatgut in der Schweiz, erklärt Michael Muschick, Leiter der Forschungsgruppe Saatgutqualität. Diese Prüfung gewann in den letzten Jahren an Bedeutung, da pestizidfreies Getreide zunehmend gefragt ist. Der Bundesbeitrag für Verzicht auf Pflanzenschutzmittel (ehemals Extenso) erlaubt zwar Saatgutbeizungen, nicht aber bei IP-Suisse oder Bio.

Untersucht werde bei Agroscope jeweils die Reinheit der Saatgutposten, Keimfähigkeit und beim Getreide verschiedene Krankheitserreger (Schneeschimmel, Stink-, Flug- und Zwergbrand). «2024 wurden zusätzlich 13 Winterweizen-Saatgutposten sowohl ungebeizt als auch nach der thermischen Behandlung untersucht», fährt Michael Muschick fort. Diese Tests hätten auch in diesem Jahr die Wirksamkeit von Thermosem «deutlich bestätigt».

«Wirksamkeit wurde deutlich bestätigt.»

Michael Muschick, Agroscope, zum Resultat der Thermosem-Behandlung 2024.

«Keinerlei Hinweise»

Für die Saatgutzertifizierung habe sich 2024 nicht unbedingt als ein besonders herausforderndes Jahr gezeigt, es sei wiederum eine hohe Qualität erreicht worden. «Es gibt heuer keinerlei Hinweise darauf, dass die Behandlung mit Thermosem weniger wirksam gewesen wäre als die Jahre zuvor», fasst der Fachmann zusammen.

Der Entscheid, ob ein Posten chemisch oder thermisch gebeizt wird, liegt bei der Vermehrungsorganisation, die das Saatgut verkauft. Grund für eine Beizung könne aber auch sein, dass ein Posten ohne diese Behandlung den Saatgutstandard der Keimfähigkeit nicht einhalten könnte, erläutert Michael Muschick. Weiter gebe es bei einer gewissen Anzahl Pilzsporen auf dem Saatkorn eine starke Empfehlung zur Beizung.

Weniger Stink- und Zwergbrand

Anders als eine chemische Beizung schützt Thermosem zwar vor Erregern auf der Oberfläche der Saatgutkörner, nicht aber vor jenen im Boden. «Bodenbürtiger Schneeschimmel, Stink- und Zwergbrand sind vor allem problematisch beim Anbau in höheren Lagen ab 600 m ü. M., also bei tiefen Temperaturen», gibt Irene Bänziger von der Forschungsgruppe Extension Ackerbau bei Agroscope Auskunft. Auch die Dauer des Auflaufens entscheide über die Befallshöhe. Sehr nasse Verhältnisse, aber auch Trockenheit nach der Saat wirkten begünstigend auf die Infektion. Schneeschimmelbefall werde durch üppige Bestände und hohe Luftfeuchtigkeit gefördert. Präventiv lautet gemäss Bänziger die Empfehlung, Wintergetreide früh und Sommergetreide spät zu säen, damit die Kultur bei wärmeren Temperaturen schneller wachsen kann. «Die Pflanze wächst dem Erreger davon», schildert die Forscherin. Gemäss Agroscope hat die konsequente Saatgutkontrolle seit Ende der 1990er-Jahre den Befall mit Stink- und Zwergbrand reduziert und danach auf einem sehr tiefen Niveau halten können.

Ungelöstes Problem
Der Erreger von Flugbrand befindet sich weder aussen auf einem Getreidekorn noch im Boden, sondern im Innern des Saatguts, im Embryo. Für die Produktion von Gerstensaatgut gilt diese Krankheit als bisher ungelöstes Problem, da sie schwer zu bekämpfen ist. Es gebe aktuell keine wirtschaftliche Alternative zur chemischen Beizung, so Irene Bänziger. «Aber auch die chemischen Mittel bieten nicht mehr einen genügenden Schutz, da Flugbrand Resistenzen entwickelt hat», ergänzt sie. Die Infektion mit Flugbrand werde durch feuchte und warme Bedingungen während der Blüte begünstigt.

Projekt läuft
Aktuell läuft bei Agroscope mit Unterstützung von Swisssem, Swiss Granum, IP-Suisse, dem Schweizerischen Getreideproduzentenverband und der Fondation Sur-la-Croix ein Projekt zur Entwicklung eines genetischen Nachweises für Flugbrand. Das werde ein wichtiger Baustein zur Reduktion von Flugbrandinfektionen sein, sagt Bänziger.