Ende April 2024, zum Zeitpunkt des Besuchs auf dem Hof von Dajana und Hansruedi Germann, ragen ihre grünen und violetten Spargeln nur mit geringem Wuchs aus der Erde heraus. In diesem Frühjahr konnte das Betriebsleiterpaar aufgrund der langen Kälteperiode bislang nur kleine Mengen an Spargeln ernten. 

Der Mai solls richten 

Germanns setzen seit 15 Jahren auf den Anbau ihrer «Säntis­blick»-Spargeln. Diese kultivieren sie auf einer Fläche von 1,5 Hektaren auf einem Feld, welches einen malerischen Ausblick auf das Säntisgebirge bietet. «Seit 2020 spüren wir die veränderten klimatischen Bedingungen, die nicht optimal für den Spargelanbau sind», so Hansruedi Germann. 6000 Setzlinge wären jetzt bereit zur Pflanzung, nun hoffe er, dass der Bestand ab Mai im Wuchs aufholen könne. 

Für die Erntearbeiten verfügen Germanns über Wägelchen, welche die Arbeit erleichtern. Es sind ähnliche, wie sie bei der Erdbeerernte zum Einsatz kommen. Einen Teil der Spargeln können sie über einen grösseren Gemüsebaubetrieb sowie unter dem Label «Feins vom Dorf» über einige Volg-Läden in ihrer Region vermarkten.

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Am Thurgauer Panoramaweg

Grosse Bedeutung hat für Germanns die Direktvermarktung: «Unser Hofladen befindet sich nicht an einer rege befahrenen Durchgangsstrasse, zudem hat Klarsreuti nur 80 Einwohner», erklärt Dajana Germann. Deshalb seien es in erster Linie die Velotouristen und Wanderer, welche bei ihnen im Hofladen einkaufen und den Absatz beleben würden. In der Nähe ihres Hofs befindet sich der Thurgauer Panoramaweg. Dieser sei sehr beliebt, da er mitten durch «Mostindien», wie der ländliche, von Obstplantagen überzogene Landkanton auch genannt wird, führe – vorbei an Bauernhöfen, Naturschutzgebieten und klassischen Bauerndörfern mit gepflegten Fachwerkhäusern. 

Die alljährlichen Spargelessen für Vereine und Gesellschaften, die sie jeweils ab Mitte Mai für bis zu 50 Personen in der ­Maschinenhalle (die dafür ausgeräumt wird) durchführen, hätten den Bekanntheitsgrad der «Säntisblick»-Spargeln» erhöht, so die Bäuerin. 

Sie hoffen auf die Aushilfen

Dajana und Hansruedi Germann bewirtschaften ihren Kleinbetrieb zu zweit. Nur während der Spargelsaison haben sie ausländische Aushilfskräfte als Erntehelfer. «Der verzögerte Beginn der Spargelernte bereitet uns auch personelle Schwierigkeiten», sagt Dajana Germann etwas sorgenvoll. «Wir haben zwar Personal gefunden, hoffen aber, dass die Aushilfen genug Geduld aufbringen, zuzuwarten, und uns nicht kurzfristig abspringen.» [IMG 3]

Wie gehen sie mit der Situation um, dass sie in diesem Frühjahr fast drei Wochen lang keine Einnahmen aus dem Spargelverkauf hatten? Hansruedi Germann erklärt, dass sie die Risiken von Ertragseinbussen durch verschiedene Betriebszweige und Dienstleistungen auffangen können. «Ich bin in Weinfelden auf einem Bauernhof aufgewachsen und konnte 1992 diesen Hof meines Grossvaters in Klarsreuti übernehmen.» Die Vorzüge eines kleinstrukturierten Betriebs habe er schon früh erkannt. Auch sei er froh, dass er zunächst Landwirt und als Zweitberuf Maurer lernte. 

Als Landwirt und Maurer tätig

Unter dem Motto «Germann für alle Fälle» übernimmt Hansruedi Germann Aufträge für Einsätze als Kundenmaurer. So etwa Verputzarbeiten, Holzschlag und diverse landwirtschaftliche Tätigkeiten. Meistens sind es Landwirte in der Region, welche ihm Aufträge erteilen. Durch seine vielfältigen Berufserfahrungen als Landwirt und auf dem Bau habe er die Arbeiten für den Hofladen, den Event-Raum sowie für vier Mietwohnungen auf dem Hof überwiegend in Eigenleistungen erbracht. 

Seit geraumer Zeit wohnt und arbeitet eine Pferde-Instruktorin mit einigen Pferden mit auf ihrem Hof, was für zusätzliche Belebung sorgt.

Betriebsspiegel

Dajana und Hansruedi Germann

Ort: Klarsreuti TG
LN: 8,5 ha, dazu kommen 4,5 ha Wald
Viehbestand: Schafhaltung mit 40 Tieren, einige Hühner
Hauptbetriebszweig: Grüne und violette Spargeln
Weitere Kulturen: Über 80 Hochstamm-Mostobstbäume mit alten Sorten, diverse Beeren (z. B. Aronia), Quittenbäume, Holunder für Sirup und Konfitüren, Gemüseanbau im Tunnel (z. B. Kefen, Bohnen, Blumenkohl)
Vermarktung: Hofladen und via Volg-Läden und Gemüsebaubetrieb

Werbung machen sie via Flyer

Das Ehepaar hat zwei Töchter und einen Sohn im Alter von 14 bis 19 Jahren. Der Sohn, der in der Ausbildung zum Landmaschinenmechaniker ist, hilft an Wochenenden auf dem Hof mit. Die beiden Töchter unterstützen ihre Mutter bei Bedarf im Haushalt. Dajana Germann sagt, Bäuerin und Bauer zu sein, sei für sie eine Lebensform. Lediglich der zunehmende administrative Aufwand trübe manchmal die Freude am Beruf. Die politische Vertretung der Landwirtschaft empfindet Hansruedi Germann als mangelhaft. 

Germanns legen für jede ihrer Dienstleistungen, darunter auch für den Verkauf von Brennholz, Flyer im Hofladen auf. Damit würden sie am effizientesten werben, so Hansruedi Germann.

Das Bedienen der Kundschaft im Hofladen, die oft auch Fragen zum Anbau haben, bereitet Dajana Germann, die in ihrem Erstberuf im Büro tätig war, Freude. Beim Spargelverkauf geben Germanns den Kunden auch Rezepte ab. Einige Produkte, zum Beispiel Saucen, Honig und Glace kaufen sie von anderen Betrieben dazu. Ab Frühjahr bis Spätsommer erweitert sich das Angebot hofeigener Produkte mit saisonalem Gemüse, Früchten, Sirups, Konfitüren und Most.

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Die Konsumenten aufklären

Dajana Germann schildert die Ungeduld einiger Kunden, die sich im Verlaufe vom April vergeblich nach Spargeln erkundigten: «Das zeigt, dass die Konsumenten immer weiter entfernt von der Produktion sind.» Sie sehe es als eine wichtige Aufgabe der Bäuerinnen und Bauern, aufzuklären und damit auch das Verständnis für die Landwirtschaft zu fördern.