Mit einem neuen Beitragsprogramm fördert der Bund die Erhaltung der genetischen Vielfalt von Futterpflanzen vor Ort (in situ). Beiträge erhalten Flächen, auf denen standortangepasste Wildpflanzenarten erhalten und damit künftigen Generationen zugänglich gemacht werden. Gefragt sind dabei insbesondere Wiesentypen und Pflanzenverbände, die für eine bestimmte Region typisch sind. Bereits im vergangenen Jahr konnten Landwirte entsprechende Wiesen anmelden. Um die angestrebte Fläche von landesweit insgesamt 2750 Hektaren In-situ-Flächen zu erreichen, erfolgte Anfang 2022 ein zusätzlicher Aufruf seitens der Kantone. Für die Kontrolle der im Kanton Zürich angemeldeten Wiesen zuständig ist der Futterbau-Spezialist Hanspeter Hug vom Strickhof.

Hanspeter Hug, Sie haben die Inspektion der angemeldeten Flächen zur In-situ-Erhaltung Ende Juli abge­schlos­sen. Wie gross war die Beteiligung?

Hanspeter Hug: Im Kanton Zürich sind rund 60 Betriebe mit einer durchschnittlichen Beitragsfläche von 1,75 Hektaren beteiligt.

Welche Wiesentypen sind im Kanton Zürich vorherrschend?

Ein Grossteil der angemeldeten Wiesen entfällt auf das Zürcher Oberland, das Tösstal und die Region Hirzel. Dort sind vor allem Weissklee-Wiesenfuchsschwanz-Wiesen, Englisch-Raigras-Wiesenrispen-Mähweiden wie auch Italienisch-Raigras-Wiesen vertreten. Zu nennen sind zudem das Zürcher Unterland und das Weinland mit hauptsächlich Fromental- und Goldhaferwiesen. Es wurden auch Kammgrasweiden angemeldet, die vor allem in höheren Lagen wie auf dem Bachtel heimisch sind. Dabei war es jedoch nicht immer einfach, eine bestimmte Wiese einer einzigen Kategorie zuzuordnen. Ich denke etwa an eine Fläche, die teilweise an einer Südhalde liegt und ­im oberen Teil abgeflacht ist. Sie weist am Hang viel Kammgras auf, auf der Ebene hingegen ­dominiert der Wiesenfuchsschwanz.[IMG 2]

Wie gross war das Interesse der Landwirte, In-situ-Flächen anzumelden? 

Einige Landwirte reagierten zunächst skeptisch. Sie befürchteten, dass eine Anmeldung zu weiteren Verpflichtungen führen würde. Viele haben jedoch gemerkt, dass eine Teilnahme auch für sie selbst eine grosse Chance ist. Zum Beispiel, indem sie mehr zu ihren Wiesen und deren Pflege erfahren. Es gab aber auch Bauern, die auf eine Teilnahme verzichteten. Etwa, weil sie in den letzten Jahren mit einer Übersaat nachgeholfen haben – was den Ausschluss vom Beitragsprogramm bedeutet. 

Worauf haben Sie bei Ihrer Kontrolle geschaut?

Ich habe beispielsweise geschaut, welche Pflanzenverbände vorherrschend sind und welchem Typ die Wiesen zuzuordnen sind. Auch wollte ich wissen, wie die Wiesen in den letzten Jahren gepflegt, gedüngt und genutzt wurden. 

Wie steht es um die Qualität der angemeldeten Wiesen?

Die Qualität ist sehr unterschiedlich. Zum einen war ich überrascht, Wiesen zu sehen, welche trotz der Düngung der Qualitätsstufe I oder sogar II der Biodiversitätsförderflächen entsprechen. Darunter befinden sich vor allem einige Fromentalwiesen. Es gab jedoch auch Wiesen, die für den Futterbau wenig Wert haben, weil etwa Straussgras, Gemeines Rispengras oder Wolliges Honiggras überhandgenommen haben. Diese konnten zum Teil mit anderen Flächen desselben Betriebs ausgetauscht werden. Zudem hat sich gezeigt, dass einige Bauern ihre Wiesen sehr gut kennen, während andere nur wenig darüber wissen. Für mich als Futterbauberater war es eine einmalige Gelegenheit, so viele Wiesen aufs Mal anzuschauen. Normalerweise werde ich nur dann auf einen Betrieb gerufen, wenn es Probleme gibt mit einer Fläche, beispielsweise, wenn dringend Übersaat nötig ist. 

Werden im Kanton Zürich nächstes Jahr weitere Flächen gesucht? 

Zuerst wird der Bestand der angemeldeten Wiesen ausgewertet. Ob es erneut zu einem Aufruf kommt, entscheiden die Kantone individuell. Wie es im Kanton Zürich aussieht, ist noch nicht klar. Möglicherweise wird gezielt nach bestimmten Wiesentypen weitergesucht. Auf jeden Fall hat sich gezeigt, dass es hier ein riesiges Potenzial an Flächen gibt.

Genetische Vielfalt erhalten
Ziel der In-situ-Erhaltung von Futterpflanzen ist die Sicherung der genetischen Vielfalt, nachhaltigen Nutzung und fortlaufenden Anpassung an sich verändernde natürliche Bedingungen. Dies mit dem Hintergrund, dass Raufutter für die zwei Hauptprodukte der Schweiz – Milch und Käse – der wichtigste Rohstoff ist. Diese Bedeutung wird in der staatlichen Futterpflanzenzüchtung deutlich, in der aktuell vier Klee- und neun Grasarten züchterisch bearbeitet werden. Für die Entwicklung von neuen Sorten soll auf die einheimische, natürlich vorkommende Vielfalt zurückgegriffen werden können. 

Gefragt sind Wiesen und Weiden mit Pflanzenverbänden wie zum Beispiel Fromentalwiese, Kammgrasweide, Bärenklau-Knaulgras-Wiese, Italienisch-Raigras-Wiese oder Weissklee-Wiesenfuchsschwanz-Wiese. Bedingung ist, dass die In-situ-Flächen einen geschlossenen, unproblematischen Bestand haben, der seit mindestens acht Jahren keine markanten Änderungen bezüglich Düngung, Schnittzahl, Bewässerung oder Nutzung erfahren hat. Mit der Anmeldung zum Beitragsprogramm haben sich die Landwirt(innen) dazu bereit erklärt, die entsprechende In-situ-Fläche weiter wie bisher zu nutzen und zu bewirtschaften.

Zudem darf die Wiese nicht mit Zucht- oder Handelssaatgut übersät werden. Bei Bedarf ist dagegen Saatgut von der Fläche selbst erlaubt. Pro Betrieb werden maximal zwei Hektaren anerkannt. Die Mindestgrösse einer angemeldeten Fläche beträgt 0,5 Hektaren. Der Beitrag für anerkannte In-situ-Flächen beträgt 450 Franken pro Hektare und wird ab 2023 ausbezahlt.