Bei Hochnebel und Temperaturen um den Gefrierpunkt warteten Rebleute in Rudolfingen im zürcherischen Weinland am Fuss des Hamenbergs Ende Januar 2022 auf den angekündigten Rebbauberater, welcher nach dem letztjährigen Corona-bedingten Ausfall wieder auf den traditionellen Rundgang ging.
Es gab doch noch eine gute Qualität
Für die Reblagen im nördlichen Weinland ist Karl Keller aus Oberstammheim für diese Beratertätigkeit zuständig. Rückblickend erinnerte er daran, dass auf warme Tage im März des vergangenen Jahres im April zehn Frostnächte folgten, die zum Teil Schäden verursachten. Der Austrieb im eher kühlen Mai kam verzögert, während dann im Juni und Juli viele nasse Tage folgten und einen enormen Krankheitsdruck auslösten.
Schlussendlich zeigte sich aber ein versöhnlicher Herbst mit einem trockenen September und Oktober, so dass nach den massiven Mehltauschäden je nach Behang doch noch eine gute Qualität eingebracht werden konnte.
«Beim aktuellen Schnitt ist darauf zu achten, dass pro Quadratmeter fünf bis sechs Augen angeschnitten werden sollten, um einen normalen Ertrag zu avisieren», führte Keller aus. Zudem gab er den Tipp, Triebe nicht zu nahe am alten Holz abzuschneiden. Setzt man zudem auf den Anschnitt von Frostreserven, so sollten diese nicht eingekürzt werden. Bei jungen Reben ist speziell auf einen idealen Stockaufbau zu achten.
Beim Schnitt auf die Sorten achten
Ältere Bestände sind bezüglich Anschnitt der Fruchtruten anspruchsvoll. «Auf dem Holz kann der Falsche Mehltau nicht überwintern. Seine Sporen überleben nur im Boden», sagte Karl Keller auf eine entsprechende Frage.
Etwas anders präsentiert sich die Ausgangslage beim Echten Mehltau, indem dieser in den Knoppern überwintert. Sortenbedingt stellt man teilweise eine schlechte Ausreife des Holzes fest, so dass dies beim Schnitt beachtet werden muss.
Karl Keller empfahl den Rebleuten, nach Möglichkeit nicht zu früh mit dem Erlesen zu beginnen, damit man möglichst alle unerwünschten Schosse entfernen kann. Beim Pflanzenschutz ist jeweils beim Zuwachs von zwei Blättern eine Durchfahrt und Behandlung nötig, damit die Blätter vor Pilzkrankheiten geschützt werden.
Pragmatische Lösungen sind gefragt
Bezüglich Pflanzenschutz zeigte sich Michael Gölles, Leiter der Fachstelle Weinbau, überzeugt, dass dieser in der Phase ab dem Hängen der Trauben durchaus heruntergefahren werden kann, da dann kaum noch ein grosser Krankheitsdruck der Ernte zusetzen kann. Die grossen, bereits mehrmals behandelten Blätter stellen dabei bezüglich möglicher Pilzkrankheiten keine Gefahr mehr dar. Auch beim Auslauben riet Karl Keller zu einer eher pragmatischen Lösung. Wird sehr früh noch während der Blüte ausgelaubt, so kann dies zu Verrieselungsschäden führen. Führt man diese Arbeiten aber zu spät aus, so drohen den Trauben Sonnenbrandschäden. Zugleich appellierte der Berater mit Blick auf Bilder vom vergangenen Jahr, beim Auslauben Mass zu halten und nicht allzu viele Blätter über die Traubenzone hinaus zu entfernen.
Der Vegetationsstart sollte verzögert werden
Neue Traubensorten neigen dazu, immer früher auszutreiben, so dass das Risiko für mögliche Frühlingsfrostschäden massiv zunimmt. «Wir unternehmen nun Versuche, um diesen Vegetationsstart zu verzögern, indem wir die Ruten und vor allem die Augen vor den Austrieben mit Kalk und Kaolin weiss einfärben, um damit die Wärme etwas abzuweisen und den Austrieb zu verzögern», führte Berater Karl Keller aus.
Bezüglich der Bodenarbeit empfahl Keller, nach Möglichkeit jede zweite Gasse zu öffnen, wobei man aber den Boden nicht zu tief bearbeiten soll.