Lange Trockenperioden der vergangenen Jahre haben den Wäldern zugesetzt. Zwar hat der Waldboden in den letzten Monaten genug Feuchtigkeit abbekommen. Ob das jedoch das Baumsterben aufhalten kann, ist ungewiss. Die BauernZeitung hat bei Rolf Manser, Chef vom Solothurner Amt für Wald, Jagd und Fischerei, nachgefragt, wie sich die Situation betreffend Klima und Wildschäden in den Wäldern präsentiert.

Wie sieht der allgemeine Gesundheitszustand in den Solothurner Wäldern aus?

Rolf Manser: Im ganzen Kanton leidet der Wald unter der zunehmenden Trockenheit. Richtige Trockenjahre wie 2018 oder 2019 führen dazu, dass regional gewisse Baumarten vermehrt absterben. Am ausgeprägtesten ist dies im Schwarzbubenland der Fall. Vereinfacht gesagt – je näher zu Basel, desto höher ist die Mortalitätsrate, insbesondere bei Buchen, Eschen, zunehmend auch Weisstannen und sogar einzelnen Eichen. Und je höher der Stickstoffeintrag ist, desto höher ist der Einfluss der Trockenheit auf die Bäume.[IMG 2]

Kann der Regen der letzten Monate die Trockenheitsschäden etwas auffangen?

Das wissen wir noch nicht. Niederschlagsdefizite wirken sich oft erst in Folgejahren aus. Sicher ist, dass der vermehrte Regen dem Ökosystem Wald generell guttut!

Buchen sind trockenheitsanfällig. Auf dem Bettlachstock gibt es einen Buchenwald, der als Unesco-Welterbe eingetragen ist. Die forstlichen Eingriffe sind da eingeschränkt. Ist das ein Vor- oder ein Nachteil für den Buchenwald?

Weder noch. Der Bettlachstock ist aktuell auch noch nicht so stark von Trockenschäden betroffen.

Haben Sie einer Erklärung, dafür? Kann dies mit der Lage zusammenhängen?

In der Tat hat es vermutlich etwas mit der Höhe über Meer zu tun – der Unesco-Wald liegt so zwischen 1000 und 1200 m ü. M.

App zeigt Bäume, die klimafit sind

Laut Solothurner Amt für Wald, Jagd und Fischerei (AWJF) wurde auf nationaler Ebene die App «Tree App» entwickelt. Damit können Waldeigentümer selbst prüfen, welche Baum-arten als «klimafit» gelten. Sie ist auf der Website des AWJF verfügbar.

Waldpflege anpassen

Eine angepasste Waldpflege sehe so aus, dass wie bisher grossflächige Eingriffe vermieden werden sollen. So trockne der Waldboden nicht über­mässig aus. Bei der Jungwaldpflege sei darauf zu achten, klimafitte Baum­arten zu bevorzugen. Nach dem Sturm Burglind wuchs die Borkenkäferpopulation im Kanton Solothurn im Folgejahr sprunghaft an und führte zu vielen Zwangsnutzungen. Danach seien die Schäden wieder gesunken. Aufgrund der immer wiederkehrenden trockenen Perioden rechnet das AWJF damit, dass sich die Population auf einem höheren Niveau als vor 2018 einpendelt.

Unterschiede im Jura

Unterschiede gebe es zwischen dem Jura und dem Talgebiet. Wo die Fichte natürlicherweise vorkomme, sei sie weniger anfällig auf den Borkenkäfer. «Somit sind die Fichten im Jura tendenziell weniger betroffen, aber auch dort kommen grössere Befälle vor», schreibt das AWJF. Momentan gebe es vermehrt Befälle der Weisstanne mit Weisstannenborkenkäfer im Schwarzbubenland. In dem Ausmass sei dies eher neu, und es sei auch nicht nur der Solothurner Jura be­troffen. 
 

Auch Tiere setzen den Wäldern zu. Wie verhält es sich mit dem Wildverbiss in Ihrem Kanton, hat er in den letzten Jahren zugenommen?

Der Wildverbiss im Kanton Solothurn ist im Vergleich zu anderen Kantonen nicht sehr hoch. Aber es ist durchaus in manchen Revieren ein Problem, insbesondere für die Baumartenmischung. Wird die erwünschte Baumartenmischung nicht erreicht, verliert der Wald an Resilienz gegenüber anderen Einflüssen wie der zunehmenden Trockenheit, wo wir darauf angewiesen sind, ein breites Baumartenspektrum bereitstellen zu können.

Was sind die Gründe, dass der Wildverbiss regional so unterschiedlich ausfällt?

Wenn in einem Revier der Wildverbiss zunimmt, kann dies verschiedene Gründe haben. Jagdliche und forstliche Begebenheiten können eine Rolle spielen, aber auch die zunehmende Nutzung der Lebensräume durch den Menschen in seiner Freizeit.

Was tut der Kanton gegen den Wildverbiss?

Der Kanton kann verschiedene Massnahmen treffen. Jagdliche Massnahmen etwa, aber auch die Unterstützung von Lebensraum verbessernden Massnahmen wie die ökologische Aufwertung von Waldrändern. Im Zusammenhang mit dem Einfluss von Schalenwild auf die Waldverjüngung wird derzeit, basierend auf der Vollzugshilfe Wald und Wild des Bundes, zusammen mit dem Kanton Bern ein Wald-Wild-Konzept für den Längwald BE-SO erarbeitet, welches Massnahmen sowohl im Waldbau als auch für die Regulation von Reh und Rothirsch durch die Jagd vorsieht.

Schweizweit nimmt die Hirschpopulation zu. Und im Kanton Solothurn?

Die Bestandeszahlen nehmen sowohl im Mittelland wie auch im Jura zu. Im Jura sind jedoch noch keine grossen Hirschrudel vorhanden. Es ist aber anzunehmen, dass sich diese Situation im Verlaufe der nächsten Jahre ändert. Im Mittelland erfolgt seit längerer Zeit eine Zunahme der Rotwildbestände. Die Regulation im Mittelland wird seit zwei Jahren praktiziert.

Wie sieht es bei den Schäden durch Wildschweine aus?

Was die Wildschäden durch Schwarzwild betrifft, so ist die Situation im Kanton Solothurn differenziert zu betrachten. Waren es vor zwei bis drei Jahren noch sechsstellige Geldbeträge, so gingen die Wildschäden im 2023 auf knapp Fr. 50 000.– zurück. Hierbei zu erwähnen ist, dass lokal beispielsweise im Schwarzbubenland (Dornach, Nuglar, usw.) durchaus nach wie vor sehr hohe Wildschweinbestände vorhanden sind.

Können Sie konkrete Zahlen zur Hirsch- und Wildschweinpopulation nennen?

Konkrete Zahlen sind schwierig zu beziffern. Wichtig für das Management, das heisst Regulation durch die Jagd, sind vielmehr Trends, basierend auf stets gleichbleibender Zählungen inklusive der Berücksichtigung einer gewissen Dunkelziffer. Bei raumgreifenden Wildtierarten wie dem Hirsch sind kantonsübergreifende, synchrone Zählungen wichtig. Anhand solcher Bestandsschätzungen erfolgt im Anschluss die jährliche Abschussplanung für das laufende Jagdjahr.