«Ziel ist es, pflanzliche Proteine aus der Schweiz anzubieten», sagte Dany Schulthess, Mitorganisator der gut besuchten Fachtagung Proteinpower, die letzte Woche am Strickhof in Lindau stattfand. Seit der ersten Tagung vor einem Jahr habe sich viel getan, stellte Schulthess fest. Dem Netzwerk «Protein Power» hätten sich inzwischen über 50 Personen, hauptsächlich aus den Bereichen Produktion und Verarbeitung, angeschlossen. «Dabei geht es um das gemeinsame Lernen und Austauschen entlang der Wertschöpfungskette.» 

Pioniere berichteten über ihre Erfahrungen

Während sich der Anbau von Speise-Soja in der Schweiz ­bereits etabliert hat, fehlt es bei ­anderen Proteinpflanzen wie ­der Kichererbse noch an vertieften Erfahrungen, von denen Produzent(innen) profitieren könnten. Interessant war daher der Bericht eines Pioniers: Sven Studer baut seit 2020 auf der ­Juckerfarm im zürcherischen Rafz Kichererbsen an, aus denen in der eigenen Hofmanufaktur Hummus hergestellt wird. 

Nach dem Totalausfall im verregneten 2021 konnten dieses Jahr auf 20 ha je nach Fläche 800 bis 2500 kg/ha Kichererbsen geerntet werden. «Je tiefgründiger und humusreicher der Boden, desto besser», sagte Studer. Auch habe er festgestellt, dass es sich lohne, früh anzusäen. Eine Herausforderung sei die Anfälligkeit der Kichererbsen auf verschiedenste Krankheiten. Zu nennen sind etwa Fusarien, wovon jedoch nicht alle Sorten gleich stark betroffen seien. Für Schäden sorge zudem der Erbsenwickler. Dieser tritt vor allem in der Umgebung auf, wo Bohnen und Erbsen angebaut werden. 

Auch eine Herbstaussaat ist möglich

Stephan Gysi vom Biobetrieb Brunner Eichhof im bernischen Aarberg teilte seine Erfahrungen vom Anbau mit Linsen, Auskernbohnen sowie Erdnüssen. Dabei lobte er die Frosttoleranz zahlreicher Linsensorten. «Auch eine Herbstaussaat ist bei vielen Sorten möglich.» Bezüglich Bohnen wies Gysi auf die Notwendigkeit einer besonders guten Unkrautkontrolle hin. Ein Problem sei, dass beim Dreschen häufig halbe Kerne entstehen. Auch an Erdnüsse hat sich der Pionier ­herangewagt und dabei schon mehrere Feld- und Sortenversuche unternommen. Zu beachten gelte es etwa, dass die Pflanzen zu Beginn der Entwicklung sehr fein und empfindlich seien. 

Auch der Strickhof widmet sich dem Leguminosen-Anbau. 2022 wurden Eiweisserbsen, Ackerbohnen, Süsslupinen, Soja und Kichererbsen angebaut. «Körnerleguminosen brauchen einen guten Schutz vor Vögeln, zum Beispiel vor Tauben oder Krähen», sagte Sonja Basler. Dabei helfen laut der Agronomin farbige Bänder oder die Krähenabwehr «Bird Alert».

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Regional zu Hummus verarbeitet

Punkto Kichererbsen wies sie auf die Schwierigkeit hin, den richtigen Erntezeitpunkt zu erwischen. «Man sollte nicht zu lange damit warten, wenn die ersten Kichererbsen reif sind», so Basler. Für das Trocknen und Reinigen seien zudem die vielen Steinchen eine Herausforderung. 

Die Kichererbsenernte auf dem Strickhof brachte 1987 kg/ha ein. Daraus stellt nun das Zürcher Start-up «Fabas» regionalen Hummus her. 

Anik Thaler, Co-Gründerin von Fabas, kam an der Fachtagung ebenfalls zu Wort: «Das Netzwerk Proteinpower hat uns geholfen, mit anderen in Kontakt zu kommen.» Das Zürcher Unternehmen verkauft seit 2021 Hummus aus Kichererbsen, die von regionalen Landwirtschaftsbetrieben in Vertragsanbau produziert werden. Dazu kommen neue, ebenfalls wenig verarbeitete Produkte aus Eiweisserbsen und Ackerbohnen sowie Sonnenblumenkerne. Ziel sei es, nebst der Regionalität, eine Proteinquelle auf den Tisch zu bringen, die nicht hoch verarbeitet ist und ohne künstliche Zusätze auskommt, so Thaler.

Mehrere Informationsportale sind geplant

Auch Hilcona aus dem liechtensteinischen Schaan stellt pflanzliche Proteinprodukte her. Die Rohstoffe bezieht sie teils aus der Schweiz, teils aus dem Ausland. Unter dem Label «Green Mountain» lancierte die Firma beispielsweise einen pflanzenbasierten Burger von fleischartiger Konsistenz, der zu 16 Prozent aus texturiertem Erbsenprotein besteht. In dieser Nische werde noch viel ausprobiert und es sei eine Herausforderung, sagte Agrar-Leiter Andreas Messerli, um mit einem Produkt längerfristig erfolgreich zu sein. Die Nachfrage nach Proteinalternativen sei grundsätzlich vorhanden, so Messerli, dies zeige etwa der «Plant Based Food Report 2021» von Coop. Laut diesem sind 58 Prozent der Bevölkerung Flexitarier, ernähren sich als mehrheitlich vegetarisch und sind ­dabei einer gelegentlichen Fleischmahlzeit nicht abgeneigt. Der Anteil an Flexitarier(innen) hat seit 2016 um 15 Prozent zugenommen. 

Wenig oder gar nicht verarbeitet sind die Produkte der Genossenschaft Biofarm aus dem bernischen Kleindietwil, die dieses Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum feiert. Zu deren Sortiment gehören ebenfalls Hülsenfrüchte, vor allem in Rohform. «Damit wollen wir den Ursprungsgedanken der Rohform fördern», sagte die Leguminosen-Beraterin Melanie Rediger.

Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und die Agridea wollen das Netzwerk der Körnerleguminosen künftig noch besser vernetzen, indem sie ein entsprechendes ­Informationsportal planen. Dieses werde im nächsten Frühling aufgeschaltet, so Ivraina Brändle vom FiBL. Eine weitere Wissensplattform kündigte Stephan Scheuner von Swiss Granum an. Die Relevanz der Vernetzung betonte auch Andreas Rüsch vom Strickhof: «Es braucht Lösungen für die gesamte Wertschöpfungskette.»

Nachhaltige Mocken
Fabienne Thomann aus dem zürcherischen Bassersdorf präsentierte ihre Bio-Falafel­mischung, die sie unter dem Label «Mokä» vertreibt. Die Idee dazu hatte die Ergotherapeutin vor rund zwei Jahren, als sie auf ein Rezept stiess, aber die passende Falafel­mischung dazu fehlte. Sie entwickelte daraufhin eine eigene, die regional, nachhaltig und fair sein sollte. «Mokä» nannte sie ihre Kreation, weil sich die Masse unter Zugabe von heissem Wasser zu Mocken, etwa Kugeln, Nuggets oder Burger, formen lässt. Thomann fand regionale Bioproduzenten, die ihr die Rohstoffe liefern, zunächst Linsen, dann auch Kichererbsen. Diese werden fein gemahlen und in einer sozialen Stiftung in Papierbeutel verpackt. Inzwischen bietet sie fünf Varianten mit unterschied­lichen Gewürzmischungen an, in Portionen von 100 und 250 Gramm. Erhältlich ist «Mokä» in verschiedenen Läden und im Online-Shop. 

Weitere Informationen: www.mokä.ch