Die Sorgen sind zwar nicht unbegründet, aber nicht ganz so gross wie vielerorts angenommen. Die Böden im Grossen Moos im Berner und Freiburger Seeland sacken nur noch gebietsweise. Auf rund 2/3 der Fläche des Grossen Mooses ist die Sackung bereits abgeschlossen oder nur noch sehr gering. Dies ist eine der Erkenntnisse aus dem Projekt Bodenkartierung (Boka), welche am Dienstagabend den Mitgliedern des Vereins Pro Agricultura Seeland (PAC) in Treiten präsentiert wurden. Die PAC ist die Trägerin des Projekts Boka. Für den anwesenden Martin Freund, Standortleiter des Inforama Seeland in Ins, ist die Erkenntnis betreffend Absackpotenzial eine ganz wichtige Botschaft gegen aussen. Denn immer wieder gibt es Stimmen, die fordern, der Ackerbau im Grossen Moos müsse eingestellt werden, da das ganze Gebiet dadurch nur noch mehr absacken würde.

Das ist die Bodenkartierung

Das Bodenkartierungsprojekt im Grossen Moos (Boka) wurde im Jahr 2016 vom Verein Pro Agricultura Seeland (PAC) initiiert, um den Kenntnisstand über die Böden zu verbessern. Dies heisst es auf der Website der PAC. Das Projekt, das als Pilotprojekt konzipiert wurde, ist nun mit der Veröffentlichung der erstellten Karten abgeschlossen. Anhand zahlreicher Bohrungen und Profilgruben wurden die verschiedenen Bodeneigenschaften in Karten dargestellt. Es gibt unterschiedliche Kartentypen zum Sand-, Ton- und Schluffgehalt sowie zum Gehalt an organischer Substanz in verschiedenen Bodenschichten. Der Abbau organischer Substanz schreitet stetig voran. Dadurch wurden Forderungen für Bodenverbesserungsmassnahmen wie Bodenaufschüttungen und Ergänzungen des Drainagesystems laut.

Eine Karte gibt nun Auskunft über das noch vorhandene Sackungspotenzial der Moosböden. All diese Ergebnisse dienen künftig als wichtige Entscheidungsgrundlage für Bodenverbesserungen, Investitionen in landwirtschaftliche Infrastruktur wie Be- und Entwässerungsanlagen und Flurwege sowie für übergeordnete Planungen.Das Projekt umfasst Moosböden in dreizehn Gemeinden im Kanton Bern und sechs Gemeinden im Kanton Freiburg, heisst es auf der Website des Netzwerkes Seeland.biel/bienne, welches das Projekt ebenfalls unterstützte. 

Die PAC leistet Pionierarbeit

Die im Rahmen des Projekts erstellten Karten ermöglichen einen guten Einblick in den Boden. «Dieses Wissen ist für die tägliche Bewirtschaftung sowie künftige Aufwertungsmassnahmen und Eignungen sehr wichtig», betonte unter anderem der Präsident der Pro Agricultura Seeland, Jakob Etter. Etter erklärt zum Abschluss des Projekts: «Das ist ein Meilenstein heute.» Da der Bund künftig flächendeckende Bodenkartierungen fordere, habe die PAC somit Pionierarbeit für künftige Kartierungen geleistet.

Der Ist-Zustand ist festgehalten

Beim Boka-Projekt waren diverse Akteure aus der Landwirtschaft, der Wissenschaft (Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL), die Behörden der Kantone Bern und Freiburg sowie bodenkundliche Fachexperten mit dabei. Beim damit breit abgestützten Projekt war es nicht immer einfach, alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Letztlich wurde beschlossen, dass mit der Bodenkartierung ein Grundlagenwerk vom Istzustand der Böden erstellt wird. Nutzungsfragen der Flächen beträfen das Grundeigentum und müssten im Einzelfall beurteilt werden. Sie könnten nicht mit der Bodenkartierung beantwortet werden, wird klargemacht.

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Wo sackt der Boden noch?

Im Projekt entstanden sind verschiedene Karten mit Bodeninformationen, die Aussagen über die organische Substanz im Boden, den Ton- und den Sandgehalt beinhalten. Die wichtigste Karte ist jedoch diejenige, welche eine Vorhersage über die zukünftige Sackung macht. Diese Karte berücksichtigt den Gehalt organischer Substanz im Boden, erklärte der technische Projektleiter Lukas Junker. Und: «Wir haben darauf basierend versucht, abzuleiten, wie gross die theoretisch maximal mögliche Absackung in Zentimetern über die verschiedenen Bodenhorizonte noch ist.» So gibt es etwa zwischen Brüttelen und Siselen im Brüttelenmoos bei Kerzers und zwischen Ins und Witzwil Gebiete, in denen das Sackungspotenzial hoch ist und die Böden noch weiter absacken werden. Weiter haben die einzelnen Karten dahingehend einen grossen Nutzen, dass ein Landwirt sieht, wo er beispielsweise Sand aus dem Unterboden aufmischen kann, wo die Gebiete sind, welche möglichst hohe Grundwasserstände brauchen, oder wo eine Überschüttung mit Sand und anschliessendes Vermischen möglich wäre.

Vieles kann aus den Karten gelesen werden, wie etwa Wasserspeicherfähigkeit

Es ist aber auch ersichtlich, «wo Böden nicht aufgemischt werden sollten», betonte Junker. Und Jakob Etter machte deutlich: «Je nach Untergrund kann eine Bodenaufwertung mehr Schaden anrichten als nützen.» Daher sei es wichtig, vorgängig das nun vorhandene Kartenmaterial genau zu studieren. Im Weiteren kann auch die Wasserspeicherfähigkeit einer Fläche von den Karten abgeleitet werden. Lukas Junker betonte, dass die Modellkarten eine vereinfachte Abbildung der Wirklichkeit darstellen. Sie entsprechen nicht überall zu 100 Prozent der Realität, geben aber einen guten Gesamteindruck und zeigen die Unterschiede der Böden klar auf. Die Karten sind für alle Personen auf dem Portal Geoseeland einsehbar.

«Wir haben mit diesen Karten ein wichtiges Grundlagenwerk geschaffen, benützt es.»

Lukas Junker fordert die Anwesenden ganz klar zum handeln auf. 

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Das Ende des Projekts bedeutet einen Neuanfang

Zum Abschluss betonte Hans Schori, Vizepräsident der PAC, dass mit der Bodenkartierung ein Schneeball geworfen worden sei, der nun eine ganze Lawine ins Rollen bringen soll. Er spricht damit notwendige Folgeprojekte zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit an, wie es beispielsweise das Ressourcenprojekt Bodenverbesserung Seeland (Bove) der PAC ist. Die Erkenntnisse des Projekts Bodenkartierung sind ebenfalls wichtig für den Weiterverlauf des Bove-Projekts, das seit 2019 und noch bis 2027 läuft. Das Ende des Boka-Projekts bedeute nun einen Anfang für etwas Neues, erklärte Schori abschliessend.

In Zahlen

610 Hektar Fläche beinhaltet das Projekt Boka
19 Gemeinden und deren landwirtschaftliche Böden sind involviert
2660 Bohrungen/Profilgruben wurden untersucht
2 Jahre lang dauerten die Vorbereitungen auf die Beprobungen
5 Jahre bzw. 3 Etappen dauerten die Beprobungen und die Modellierung der Karten an.