Gerade macht ein Bakterium die Obstbauern und Obstbäuerinnen nervös. Die Rede ist vom Feuerbrand. Die hochansteckende Pflanzenkrankheit galt bis zum Jahr 2020 als Quarantäne-Organismus, seither zählt sie zu den «geregelten Nicht-Quarantäneorganismen», die zwar nicht mehr in jedem Fall meldepflichtig sind – ein Befall in einer Obstanlage ist dennoch besorgniserregend. Das weiss Marlis Nölly. Sie ist Obstbau-Beraterin am Arenenberg im Thurgau. Sie beobachtet, dass die Stimmung gerade angespannt ist.
Die Infektion passiert über die Blüte
«Das ist aktuell ein riesiges Thema», bestätigt sie auf Anfrage. Die Infektion durch die Bakterienkrankheit erfolgt hauptsächlich über die Blüte. Hohe Bakterien-Konzentrationen im Pflanzensaft führen zum Absterben ganzer Pflanzenteile. Im Holz kann Feuerbrand mehrere Jahre auch ohne Symptomausprägung überleben.
Auch das landwirtschaftliche Bildungszentrum Liebegg macht in seinem Newsletter auf die aktuell kritische Phase aufmerksam. Für vergangenen Mittwoch sagte das Feuerbrand-Prognosemodell Maryblyt Feuerbrand-Infektionen an den meisten Standorten voraus. Seit Mittwoch zeigt das Monitoring eine Warnung an. An gewissen Standorten sei der kritische Wert bereits erreicht. «Die anhaltenden hohen Temperaturen bis Samstag führen dazu, dass das Erreger-Infektionspotenzial ohne Behandlung weiterhin steigen wird. Wer eine Intervention plant, bzw. sich in einem Risiko-Sektor befindet (Feuerbrand in den Vorjahren), muss zwingend eine Behandlung durchführen und diese, bei anhaltenden Temperatur-Bedingungen, nach zwei Tagen wiederholen», heisst es.
Hier finden Sie die Blüteninfektionsprognose
Das Bakterizid und Fungizid Blossom-Protect zusammen mit dem Zitronensäurepuffer Buffer-Protect müssen dabei vor der Infektion ausgebracht werden. Das Mittel Myco-Sin, bestehend aus Schwefelsaurer Tonerde und Schachtelhalmextrakt in Mischung mit Netzschwefel bringt auch einen Schutz gegen Schorf und gegen den echten Mehltau. Die Liebegg rät, wegen der aktuell hohen Temperaturen maximal 2 kg/ha Netzschwefel zuzumischen.
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Aber nicht nur das Bakterium lässt die Produzentinnen und Produzenten um ihre Bäume bangen. Auch prognostizierte die Branche letzte Woche eine «Rieseninfektion» im Bereich der Pilzkrankheiten. «Die Schorf-Sporenlager sind voll und warten auf eine Gelegenheit, hinausgeschleudert zu werden», heisst es im Obstfax des Arenenbergs. Das milde Wetter in Kombination mit dem ausgeprägten Sporenvorrat dürfte auch hier zu einer agronomischen Herausforderung werden, so Marlis Nölly.
Die entstandenen Frostschäden sind noch unklar
Neben den Krankheiten ist die Apfelsägewespe aktuell ein Thema im Obstbau. Während der gesamten Blüte sind Weissfallen einzurichten, damit der Befall kontrolliert werden kann. Eine allfällige Behandlung ist im jetzigen Stadium möglich, wie Marlis Nölly erklärt.
Wie sich die kalten Nächte auf die Fruchtentwicklung ausgewirkt haben, werde sich später zeigen, sagt die Fachfrau. Frostschäden seien bisher vor allem bei Birnenbeständen sichtbar. Bei Äpfeln fallen die Schäden weniger stark ins Gewicht, bei den Kirschen sei eine generelle Aussage noch zu früh.