Das Selbstpflückfeld der Familie Küng erinnert eher an einen Blumengarten als an ein Feld. Anbau und Vermarktung haben sie in den vergangenen Jahren optimiert und ins Gesamtbetriebskonzept eingepasst.
Neuseeland inspirierte
«In den 1990er-Jahren, bevor wir heirateten, machten wir eine Weltreise. In Neuseeland imponierten uns die vielen Hofläden. Zurück in der Heimat, beschlossen wir, auch damit zu starten», erinnert sich Ueli Küng.
Seine Mutter Esther und Sibylle bauten Blumen an und machten Sträusse, die sie verkauften. Zuerst auf einem Wagen auf dem Hofplatz, dann bauten sie eine alte Werkstatt in einen Hofladen um, den sie 2017 vergrösserten und winterfest umbauten. An Selbstpflückfelder wagten sie sich erst ein paar Jahre später. Und da ist man auch schon bei den Stellschrauben. Erste Stellschraube ist nämlich der Standort. Das 30 Aren grosse Blumenfeld liegt an der dichtbefahrenen Hauptstrasse, die von Winterthur her zum Bodensee führt.
Standortvorteil nutzen
Das Blumenfeld ist an sich schon eine Augenweide, zusätzlich haben Küngs von beiden Richtungen gut sichtbar eine Hoftafel angebracht. Gladiolen, Dahlien und Sonnenblumen und auch Zinnien, Löwenmäulchen, Cosmea, Malven und Staticen stehen akkurat in Reihen. Teilweise sind die Beete mit einem Netz versehen, das die Löwenmäulchen, Cosmea, Zinnien und weitere Schnittblumen stützt und einen geraden Wuchs begünstigt. Jede Reihe ist eingezäunt, und dazwischen ist ein gepflegter Kurzrasen, so dass die Kunden auch bei schlechtem Wetter nicht im Matsch stehen. Täglich verbringt Sibylle Stunden um Stunden damit, die Beete zu jäten, verdorrte Blüten herauszuschneiden und Krankheiten und Schädlinge zu überwachen und in den Griff zu bekommen. «Alles muss schön gepflegt sein», sagt Sibylle.
Die mehrjährigen Blumen wachsen im angrenzenden Garten zusammen mit Gemüse heran. Dieser Bereich ist privat und die Blumen sind für die Sträusse, die sie im Frühjahr auch mit Skabiosen und Margeriten von der Wiese bindet.
Kompost für Starkzehrer
[IMG 5]Es gilt, «optimale Bedingungen schaffen und dadurch den Befall mit Krankheiten und Schädlingen reduzieren». Mit einer schmalen Spatenmaschine wird im Frühjahr jedes Beet auf einer Tiefe von 25 cm gelockert. Da Blumen Starkzehrer sind, wird gleichzeitig Kompost und organischer Dünger in die Erde gebracht. Allenfalls auch mal Blattdünger für die Dahlien.
Für die Bewässerung der Blumenbeete ist eine Tröpfchenbewässerung installiert, was wiederum einen positiven Einfluss auf die Pflanzengesundheit hat.
Sibylle zieht alle einjährigen Blumen selbst an. Die Dahlienknollen werden im Herbst ausgegraben und im Frühjahr gesetzt. Damit es bis in den Oktober hinein immer frische Blumen hat, wird der Anbau gestaffelt. Bereits wächst ein weiterer Satz Gladiolen heran, der im Herbst blühen wird. Für Sonnenblumen gibt es sogar fünf Sätze – diese, hochgewachsen wie sie sind, sind ein echter Blickfang, zudem ist es eine pollenfreie Sorte. Der Vorteil ist eine längere Haltbarkeit und kein Blütenstaub rund um die Sträusse.
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Für Biodiversität ist gesorgt
Bienen und andere Nützlingsinsekten kommen bei Küngs gleichwohl nicht zu kurz. Auch im Blumenfeld gibt es Anbaupausen und Rotation. Nie kommt eine Blumensorte im folgenden Jahr ins gleiche Beet. Ein Drittel der Fläche wird jährlich aus der Produktion genommen und als Biodiversitätsfläche mit einer Wildblumenmischung angesät, während auf der anderen Seite neu zehn Aren dazukommen. «Fruchtfolge mit und innerhalb des Schnittblumenfelds reduziert den Krankheitsdruck. Zumal wir unseren Betrieb mit Getreide und Zuckerrüben nach den Richtlinien von IP-Suisse bewirtschaften», sagt Ueli. [IMG 4]
«Will man verkaufen, müssen die Blumen perfekt aussehen», sagt Sibylle. Gegen Blattläuse oder Mehltau braucht es bei Blumen bei einem Befall Insektizide oder Fungizide. Das wird aber schön sparsam mit der Rückenspritze appliziert.
Kunden bei Laune halten
Dritte Stellschraube sind die Stammkundschaft und viele, viele Laufkunden. Die Stammkundschaft wird durch Eier, Konfitüren, Sirup, Rindfleisch oder Saisongemüse bei der Stange gehalten. An einer fix installierten Kasse können die Kunden mit Bargeld bezahlen – Wechselgeld steht nicht zur Verfügung. Die meisten ziehen aber das bargeldlose Bezahlsystem mit Twint vor. Auch ist der Hofladen mit Videoüberwachung gesichert.
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Teamwork funktioniert
Sibylle und Ueli Küng sind ein eingespieltes (Dream-)Team. Das ist keine Stellschraube, wohl aber die Voraussetzung, dass der Hof und die Vermarktung funktionieren. Sibylle ist gelernte Zahntechnikerin und sattelte, als sie in den Hof einheiratete, rasch um, in selbstständiges Unternehmertum mit der Direktvermarktung von Blumen. «Ich bin gerne mein eigener Chef», sagt sie. Daneben widmet sie sich dem Hundesport, was für sie ein wichtiger Ausgleich ist.
Ueli hat zusammen mit Daniel Vetterli und Marcel Weber vor Jahrzehnten die Firma «UDM regreen GmbH» gegründet. Sie sammeln Grüngut bei verschiedenen Gemeinden und übernehmen die Kompostierung – was angesichts der hohen Düngerpreise grad sehr gut läuft.
Nachfolge gesichert
Zurzeit arbeitet Sohn Niklas auf dem Hof und absolviert gleichzeitig die Betriebsleiterschule. Sohn Henrik lernte Landwirt und beginnt im Herbst die Ausbildung an der Fachhochschule zum Agronomen. Wenn überraschts, auch der jüngste Sohn Tobias ist zurzeit in der Lehre zum Landwirt, und Tochter Salome ist in der Ausbildung zur Fachfrau Hauswirtschaft. Für Nachwuchs und Betriebsnachfolge ist also gesorgt.
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Dieser Beitrag ist zuerst in HOF direkt erschienen: www.aktion.hofdirekt.com
Betriebsspiegel Freihof
Betriebsleitung: Sibylle und Ueli Küng
Mitarbeitende: Sohn Niklas, 1 bis 2 Lernende Landwirtschaft, 2 Floristinnen in Teilzeit
Tierhaltung: 75 Milchkühe, Galtvieh und Aufzuchttiere sind auf Nachbarbetrieben, dazu kommen noch Legehennen
LN: 36 ha, Futter- und Ackerbau mit Weizen, Zuckerrüben, Kürbis, Mais
Betriebszweig: Kompostierung und Grüngutentsorgung sowie Lohnarbeiten
Direktvermarktung: Blumen, Kürbis und Gemüse