Die Meldung sorgte vor wenigen Wochen für einige Unruhe in der Branche: Mehrere Brennereien hatten angekündigt, dass sie dieses Jahr keine Brennfrüchte übernehmen würden. Wegen der Corona-Pandemie sei der Absatz von Kirsch und von Zwetschgenbrand stark eingebrochen. So wegen den geschlossenen Gastrobetrieben und Skigebieten und abgesagten Veranstaltungen. Die aktuellen Lager würden bis zu 3,8 Jahre den Markt abdecken und es gebe physisch keinen Platz für noch mehr Spirituosen oder Früchte. Allerdings signalisierten andere Brennereien, dass sie gleichwohl eine gewisse Menge an Brennfrüchten übernehmen würden.

Bäume weiter pflegen

Auf Anfrage bestätigt Katja Lüthi vom Schweizer Obstverband den Sachverhalt. Man suche nach alternativen Vermarktungsmassnahmen, offenbar ist auch ein Unterstützungsgesuch beim Bund hängig. Sie empfiehlt den Bauern, mit ihren Abnehmern in Verbindung zu treten und die konkrete Situation zu klären. Denn die Unterschiede je nach Brennerei und Region seien sehr gross. Und der Obstverband empfehle den Bauern, ihre Bäume und Früchte gleichwohl zu pflegen. Dies sei wichtig, da sonst der Krankheits- und Schädlingsdruck für andere Kulturen steige.

Alois Schilliger, Präsident des Produktzentrums Destillate, bestätigt die schwierige Situation, allerdings sei diese bei Brennkirschen weniger gravierend, da Kirschenspezialitäten eher gefragt seien als Zwetschgenbrände.

Brennzwetschgen und Brennkirschen fallen im langjährigen Schnitt je rund 3500 t an. Wegen Regen und Frost wohl dieses Jahr aber viel weniger. Einfluss hat auch der Tafelzwetschgenmarkt: Gibt es weniger Tafelware, werden gemäss Schilliger mehr Brennzwetschgen in den Tafelmarkt geleitet, da dies ähnliche Sorten sind. Bei Brennkirschen bestehe hingegen keine Beziehung zum Tafelmarkt, da dies ganz andere Sorten mit unterschiedlichen Qualitätsanforderungen seien.

Am 1. Juni sind gemäss Alois Schilliger Preisverhandlungen mit den Brennereien vorgesehen, der Druck werde sicher gross sein. «Wir Produzenten werden aber sicher nicht zu jedem Preis abliefern.» Allerdings rät auch er, die Früchte nicht am Baum hängen zu lassen. Nicht nur wegen dem Schädlingsdruck wie der Kirschessigfliege, sondern auch aus Imagegründen.

Natur entlastet selber

Das Problem der stark beschränkten Abnahmemöglichkeiten für Brennfrüchte könnte dieses Jahr aber auch die Natur teilweise lösen. Produzenten rechnen je nach Region mit grossen Ernteausfällen, von bis zu 80 Prozent und mehr. In bedeutenden Anbaugebieten für Brennfrüchte, etwa im Fricktal, Baselbiet oder der Region Küssnacht, seien die Bäume fast leer, berichten Produzenten.

Nach dem Frost könnten den Kirschen und Zwetschgen wegen dem vielen Regen auch Monilia und Schrotschuss arg zusetzen, befürchtet Obstbauberater Othmar Eicher vom LZ Liebegg. Allerdings sei es schwierig, die Frostauswirkungen zu quantifizieren und jetzt schon Ernteprognosen zu machen. «Die Unsicherheit und die Unterschiede sind gross und bei den Kirschen steht der Rötelfall erst bevor.»

Im Aargau gibt es viele Schüttelkirschen, welche entweder als Brennkirschen oder als Konservenkirschen verwertet werden. Eicher geht davon aus, dass wohl dieses Jahr aufgrund der hohen Schnapsvorräte mehr Kirschen in den Industriekanal gelangen. Dies könnte den Markt etwas entlasten.

Die Preise halten

Und wie beurteilen einige grössere Brennereien der Region ihre Situation? Daniel Hecht aus Sempach spricht von einer in der Tat sehr angespannten Lage. Eine Umfrage bei Brennereien im Februar habe ergeben, dass gleichwohl die meisten Betriebe Früchte übernehmen werden, allerdings stark reduzierte Mengen. Er werde sicher auch Brennfrüchte abnehmen und plädiere persönlich dafür, den Preis wie im Vorjahr zu halten. Allerdings nur für eine bestimmte Menge, beispielsweise 50 Prozent einer Durchschnittsernte. Zu entscheiden habe aber die Branche.

Die Lager abzuwerten durch tiefere Preise und den Bauern weniger zu zahlen wäre für Hecht der falsche Weg. Lagerabbau durch die Produktion von Desinfektionsmitteln wäre zwar sinnvoll, sei aber aufgrund der gegenüber dem Vorjahr veränderten Rahmenbedingungen nicht möglich.

Treue Lieferanten pflegen

Lorenz Humbel von der Spezialitätenbrennerei in Stetten AG rechnet mit grossen Ausfällen vor allem für Kirschen aus dem Baselbiet und Fricktal und bei den Zwetschgen aus der Region würden wegen der Alternanz dieses Jahr auch nicht viele Früchte hängen. Humbel wird seine Lieferanten demnächst bezüglich Mengenerwartungen anfragen. Erst dann könne er entscheiden, ob Beschränkungen nötig seien. Humbel setzt auf konstante Preise und eine hohe Qualität, Tafelausschussware übernehme er keine mehr. Zu Lieferanten, welche qualitativ gute Brennfrüchte liefern, gelte es Sorge zu tragen.

Der Absatzeinbruch in der Gastro- und Eventbranche habe Diwisa Willisau stark getroffen, berichtet Adrian Affentranger. Auch Diwisa werde aber nicht nichts übernehmen und besonders die bisherigen Lieferantenbeziehungen pflegen. Man sei interessiert an inländischen Brennfrüchten, wenn die Konkurrenzfähigkeit gewahrt sei. Konkrete Lösungen für die Ernte 2021 gebe es noch nicht. Es werde wohl eine Mischung zwischen Mengenbeschränkung und Preisanpassungen sein, also Steuerung über den Preis ab einer bestimmten Menge.