Vor allem im Winter ist der Chicorée-Salat mit seinen dicken, weissgelblichen Blättern bei uns kaum noch wegzudenken. Doch ist es mit grosser Wahrscheinlichkeit einem Zufall zu verdanken, dass man im vorletzten Jahrhundert den Chicorée – auch als Brüsseler bekannt – als Salat- oder Gemüsegewächs entdeckt hat. Dazumal wurden in Belgien die Zichorienwurzeln als Ersatzkaffee angebaut und verarbeitet. Dabei hatte ein belgischer Bauer diese im Keller eingelagerten Wurzeln völlig vergessen. Als er sie entdeckte, hatten diese in der Dunkelheit ausgetrieben und wohlschmeckende, zapfenförmige Blattknospen gebildet. Diese schmeckten wohl etwas bitter, jedoch durchaus gut.

[IMG 2]

Erster Anbau in Genf

Die Chicorée-Wurzel ist als Korbblütler eigentlich eine Wildpflanze und stammt von der Wegwarte ab. Diese war bereits bei den Griechen und Römern als Heil- und auch als Gemüsepflanze bekannt. Seit dem Mittelalter wurden diese Wurzeln aber auch angebaut, um sie getrocknet und gemahlen als Kaffee-Ersatz zu nutzen.

Der erste Anbau in der Schweiz erfolgte 1909 in Genf, einige Jahre später kam die Chicorée-Wurzel auch in der Region rund um Yverdon als Gemüsepflanze vor. Den eigentlichen Durchbruch schaffte sie ab 1965, als sie auch in der Schweiz grossflächig angebaut wurde. Der heutige Anbau in der Deutschschweiz ist grösstenteils dem Thurgauer Chicorée-Pionier Erwin Gamper aus Stettfurt zu verdanken. Er erkannte das Potenzial dieser speziellen Salatpflanze, als er sie 1979 erstmals kultivierte und die dafür notwendige Chicorée-Treiberei baute.

Bei uns essen wir Chicorée meist als Salat, anderorts ist er ein Gemüse. (Bild Monika Neidhart) Kochen Chicorée, vielseitiger als man denkt Wednesday, 12. February 2020 Für diesen Betrieb in Stettfurt bauen heute über 50 Landwirt(innen) Chicorée an, insgesamt sind es rund 1600 Tonnen für die ganze Schweiz. Der Anbau bringt den Bauern eine zusätzliche Kultur in die Fruchtfolge. Bereits vor über 15 Jahren liessen sich dafür auch einige Produzenten aus dem Zürcher Weinland gewinnen. 2022 waren kantonsweit 33,03 Hektaren Chicorée angebaut worden, wobei mit 6,64 Hektaren ein Fünftel auf das Weinland entfällt.

Mehrstufige Produktion

Der Anbau und die eigentliche Produktion erfolgt in einem mehrstufigen, vegetativen Ablauf. Die kleinen Samen werden im Mai auf wie beim Kartoffelanbau angelegten Dämmen jeweils zweireihig ausgesät, wobei man später bis zu 150 000 triebfähige Pflanzen pro Hektare anstrebt. Diese Anbaumethode auf den flachen Dämmen kennt man auch im ebenfalls im Weinland sehr verbreiteten Karottenanbau. Aus dem kleinen Samen bildet sich während einer Vegetation von mehr 169 Tagen an der Oberfläche eine Grünpflanze mit bis zu 20 Blättern, welche gewisse Ähnlichkeiten mit dem Löwenzahn aufweist. Doch das Herzstück ist die Pfahlwurzel, welche bis in den Herbst hinein bis 1,5 Meter tief in den Boden eindringen kann.

Vollernter im Einsatz

Das Grüngut sorgt während der Vegetation dafür, dass darin bis zur Ernte genügend Reservestoffe eingelagert werden. Erst wenn die Pflanze im Herbst ab Oktober richtig abgereift ist, kann sie maschinell geerntet werden. Dabei werden die Wurzeln von den Blättern abgetrennt und die nun noch 20 bis 25 cm langen Wurzelstücke für die Einlagerung geerntet. Für diese Erntearbeit kommt ein spezieller Vollernter zum Einsatz, welcher jeweils zwei Reihen rodet. Danach wird die Ernte nach Stettfurt überführt, wo sie schonend gereinigt wird.

Die Einlagerung erfolgt in speziellen Kisten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und bei einer Luftfeuchtigkeit von 95 bis 97 Prozent. Erst in einem dritten Schritt erfolgt die eigentliche Sprossenproduktion, welche der laufenden Nachfrage auf dem Markt angepasst wird. In speziellen Behältnissen werden die Wurzeln im Dunkeln – bei Wärme und genügender Wasserversorgung – angetrieben. Daraus wachsen während 21 Tagen die eigentlichen weiss-bleichen Chicorée-Zapfen. Diese werden von der Wurzel getrennt und für den Verkauf im Detailhandel konfektioniert.