Auswil und Eschenbach «Ich muss sagen, bei der Gerste sieht es sehr schlecht aus». Erika Glauser weiss, wie sich dieses Jahr viele Getreideproduzenten und -produzentinnen fühlen: «Die Bauern sind unzufrieden und gestresst», sagt die Lohnunternehmerin. Von ihrem Einzugsgebiet in der Region Oberaargau schätzt sie, dass nur etwa 5 % das minimale Hektolitergewicht (65 bis 66,9 kg/hl) erreichen würden. Der Unkrautdruck, die Nässe und die Kälte haben der Gerste stark zugesetzt.

Für alle schwierig

Auch beim Weizen ist die Fachfrau realistisch: «Die Lage ist äussert schwierig. In konventionellen, sowie in Extensoflächen», sagt Erika Glauser. Obwohl es für alle Anbaumethoden eine Herausforderung war; die Unterschiede von herbizidlosen und behandelten Flächen sähe man dennoch gut, meint Glauser. Auf denjenigen Flächen, die man im Frühling hätte striegeln müssen, aber aufgrund der Nässe nicht befahren konnte, sind die Ungräser teils ein massives Problem. Auch sie muss zusehen, wie die meisten Brotgetreideposten in den Futterkanal abgeleitet werden.

«Reste von Getreideflächen werden heuer einfach gemulcht.»

Erika Glauser ist Teilinhaberin des Lohnunternehmens B&E Glauser in Auswil (Kanton Bern).

Es ist diese Saison bereits oftmals vorgekommen, dass Flächen nicht vollständig gedroschen werden konnten. Einige würden versuchen, die Reste zu einem späteren Zeitpunkt zu dreschen, andere werden den Restbestand einfach mulchen und grubbern, weiss Erika Glauser.

Was den Raps betrifft, ist Erika Glauser etwas zuversichtlicher. Hier könnte man durchaus gute Erträge erwarten. Der Schneedruck im April hätte glücklicherweise nicht alle Parzellen betroffen. Aber auch hier ist die Situation extrem standortspezifisch. «Die Rapsparzellen, die gar nie aufgehört haben, zu blühen, sind ein Problem. Dort ist der Feuchtigkeitsgehalt im Tank erhöht», so Glauser.

[IMG 3]

«Das ist verrückt»

«Wenn die Hauptsaison der Getreideernte nur knapp drei Tage dauert, ist das verrückt». Lukas Nussbaumer vom Lohnunternehmen Estermann nimmt die Situation wie sie ist, aber empfindet dieses Jahr trotz aller Gelassenheit als «bedenklich und undankbar». «Seit der ersten Februarwoche hatten wir nie länger als sieben Tage am Stück schönes Wetter. Und das ist kein Gefühl: Das ist effektiv so», so Nussbaumer. Entsprechend war der ganze Frühling und besonders letzte Woche eine reine Herkulesaufgabe, erzählt der Lohnunternehmer aus der Region Eschenbach. In der sowieso schon regenreichen Zentralschweiz hätte das nasse Wetter die Bauern zusätzlich gestraft. Er berichtet von extrem tiefen Erträgen und Hektorlitergewichten, unabhängig von der Anbauweise.

[IMG 2]

Direkt in die Biogasanlage

Als Folge einer ungünstigen Witterung beklagt er auch eine erhöhte Mykotoxinbelastung im Getreide. Weil die Sammelstellen diese Posten nicht annehmen, kommt es durchaus vor, dass die Ladung direkt in die Biogasanlage landete. Einige Munimäster seinen versucht, die belasteten Posten dennoch als Futter einzusetzen. Das sei aber je nach Tierart höchst gefährlich oder zumindest sehr heikel, wie Nussbaumer betont. Unbedingt seien dann wenigstens Mykotoxinbinder wie Steinmehl oder Kohle beizumischen. 

«Die Bestäubung fiel teils ganz aus. Oft sind die Ähren sehr klein oder sogar leer.»

Lukas Nussbaumer vom Estermann Lohunternehmen in Eschenbach (Kanton St. Gallen).

Stroh wird zum Teil liegen gelassen

Auch in der Zentralschweiz musste man Getreide-Restflächen stehen lassen und zum Teil entschieden sich die Landwirte, das Stroh liegenzulassen. «Das ist sicher sinnvoller, als den Boden mit dem schweren Mähdrescher zu verkneten und noch tiefere Spuren zu machen», erzählt Nussbaumer. In diesen Fällen sei der Strohhäcksler zum Einsatz gekommen. Das ist zwar schade, weil man das Stroh sicher brauchen kann, gerade weil dieses Jahr weniger Strohmasse produziert werden kann. Nussbaumer führt aus: «Weniger Ähren gleich weniger Stroh. Teils seien die Ähren unbefruchtet und dadurch leer oder nur sehr klein», beobachtet er.