Gut gepflegte junge Hochstammbäume sind Voraussetzung für den Erhalt von Biodiversitätsbeiträgen. Sie brauchen nebst Schnitt auch Düngung, Schutz und genügend Wasser, um gut zu gedeihen.

Auf dem Betrieb von Paul Aeschimann in Schwarzenbach bei Huttwil stehen etwa 100 Hochstämmer, mehrheitlich Apfelbäume und einige jüngere Zwetschgenbäume. Der Biobetrieb hat 11,5 Hektaren, vor allem Grasland für die etwa 10 Mutterkühe, Kräuteranbau und etwas Getreide.

HAFL Betriebe mit weniger als 75 Hochstammbäumen profitieren mehr davon Wednesday, 19. January 2022 Im Rahmen der Semesterarbeit von Delia Schenk wurde auf dem Betrieb der Pflegezustand der Bäume erfasst, wobei Aeschimanns Bäume laut Angaben der Studienautorin gut gepflegt waren. Kein Wunder, denn Paul Aeschimann kennt seine Bäume, was man merkt, wenn er von ihnen spricht. Er weiss zum Beispiel, was für Eigenschaften die einzelnen Sorten haben und welche Krankheiten oder Mäuseschäden jeder seiner Bäume durchlebte.

Bäume sind wie Menschen

Von den etwa hundert Bäumen schneidet er nur noch etwa 70, da sie zum Teil sehr alt und innen morsch sind. «Bäume sind wie Menschen, ab einem gewissen Alter muss man sie in Ruhe lassen», sagt er. Tatsächlich redet er von den Bäumen, als gehöre jeder von ihnen zur Familie. Er bringt die Äpfel seiner Hochstämmer in die Mosterei der Nachbargemeinde und pasteurisiert sie dann auf seinem Betrieb selber und füllt sie ab.

Ob Qualitätsstufe 1 oder Qualitätsstufe 2, eine gewisse Grundpflege in den ersten 10 Jahren ist bei Hochstammbäumen vorgegeben. Zum Erhalt von Direktzahlungen ist folgendes nötig:

  • Formierung und Schnitt
  • Stamm- und Wurzelschutz
  • Bedarfsgerechte Düngung
  • Fachgerechte Bekämpfung von besonders gefährlichen Schadorganismen gemäss den Anordnungen der kantonalen Pflanzenschutzstellen

Paul Aeschimann hat vor 35 Jahren den Baumwärterkurs auf dem Oeschberg gemacht, weil er die neuesten Methoden zum Baumschnitt lernen wollte. «Ich kann so einen Kurs jeder und jedem empfehlen, schon nur wenn man 20 oder 30 eigene Bäume hat», sagt er.

So geht der Winterschnitt bei Hochstamm-Obstbäumen

Im Winter ist der Schnitt der Hochstammbäume an der Reihe. Er kann nach dem Laubfall ab November bis April durchgeführt werden. Es wird zwischen dem Aufbauschnitt bei Jungbäumen und dem Unterhaltsschnitt oder Verjüngungsschnitt bei ausgewachsenen Bäumen unterschieden.

Nur ganze Äste kommen weg

Die traditionelle Rundkrone (Oeschbergkrone), wie sie auch Paul Aeschimann bei seinen Bäumen anwendet, besteht aus drei bis vier Leitästen und einem Mitteltrieb. An diesen Elementen werden dann die Fruchtäste mit dem Fruchtholz gezogen. Das Prinzip beim Winterschnitt ist, möglichst ganze Äste oder Triebe mit Schere oder Säge zu entfernen. Das Anschneiden von Jahrestrieben beschränkt sich auf Leitäste und Mitteltrieb während der Aufbauphase (zirka 15 Jahre).

Schnitt im ersten Standjahr

Der Pflanzschnitt im ersten Standjahr geschieht mit Vorteil erst im späteren Frühjahr. Dann werden Mitteltrieb und Leitäste bestimmt. Der ideale Ansatzwinkel bei den Leit-ästen beträgt etwa 45 Grad zum Stamm. Die ausge-wählten Leitäste und der Mitteltrieb werden dann zwei Drittel auf eine aussenstehende Knospe auf gleichmässiger Höhe eingekürzt. Wichtig dabei ist, den Mitteltrieb nicht höher anzuschneiden als die Leitäste, sonst wird er zu dominant. Die zwei bis drei der nachfolgenden Knospen unterhalb der äussersten Knospe werden entfernt, damit der Austrieb der ver-bleibenden Knospen regelmässiger erfolgt. 

Schnitt im zweiten Standjahr

Im zweiten Jahr haben die angeschnittenen Leitäste und der Mitteltrieb idealerweise einen Zuwachs von 50 und mehr Zentimeter bekommen. Die Jahrestriebe der drei Leitäste und des Mitteltriebes werden wieder auf ein bis zwei Drittel auf eine aussen stehende Knospe angeschnitten. Zu starke, auf der Astoberseite stehende Triebe oder Konkurrenztriebe werden ganz weg geschnitten. Künftige ideale Fruchtäste befinden sich meist seitlich der Leitäste.

Weitere Schnitte

Bis etwa im 15. Jahr nach der Pflanzung erfolgt der Aufbau der Krone nach diesem Schema. Dann hat der Hochstamm-Feldobstbaum die gewünschte Höhe erreicht, die Leitäste sind stabil und tragen die Fruchtäste mit dem Fruchtholz. Ab diesem Zeitpunkt brauchen sie nicht mehr angeschnitten zu werden. Es bilden sich dann   Blüten­knospen und der Trieb wird zum Fruchtast/Fruchttrieb.

Das Wissen in einem Kurs vertiefen?

In den meisten Kantonen werden jährlich von den zuständigen Fachstellen spezifische ein- und mehrtägige Schnittkurse ange­boten.

Hier gehts zum Erklär-Video mit Paul Aeschimann:

Videotipp Winterschnitt bei Hochstammbäumen - so wirds gemacht Saturday, 1. January 2022

Düngen fördert Wachstum

In seiner Tätigkeit als Kontrolleur für die Qualitätsstufe 1 hat Paul Aeschimann Einblick auf viele Betriebe. Ihm ist aufgefallen, dass oftmals am Anfang zu wenig gut zu den Bäumchen geschaut werde, so dass sie schlecht wachsen. Dies sei jedoch wichtig, sagt er und empfiehlt eine Düngung mit Mist rund um den Stamm in den ersten fünf Jahren. Wobei es nicht jedes Jahr nötig sei, sondern etwa jedes zweite Jahr. Aber aufgepasst, allzu dick sollte der Mist nicht aufgetragen werden, denn sonst würden die Mäuse darunter gehen.

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Nicht zu viel und nicht zu wenig düngen

Wenn Dünger gestreut werde, sei darauf zu achten, dass ungefähr einen halben Meter um den Stamm herum kein Gras vorhanden ist, sonst nimmt dieses den Dünger auf. Bei jungen Bäumen vor dem fünften Standjahr sind Herbizide erlaubt, um den Stamm von Graswuchs freizuhalten. Auch Mulchen auf der Baumscheibe ist zulässig. Zu viel Düngen ist aber auch nicht gut, denn dies fördere Läuse, weiss Aeschimann, besonders bei jungen Bäumen. So hat er auf seinem Betrieb kleine Schlafsäcke für Ohrwürmer an die Bäume gehängt – natürliche Feinde der Läuse.

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Auch ans Wasser denken

Das Gras sei in den ersten Standjahren auch für die Wasserverfügbarkeit eine extreme Konkurrenz, weiss Paul Aeschimann. «Der Baum hat im Frühling nach dem Setzen noch kaum Wurzeln und wenn es trocken wird, leidet er darunter», sagt er.

Wenig Wachstum deutet auf Mäuse hin

Ein wichtiger Punkt bei der Pflege von jungen Obstbäumen ist die Mäusebekämpfung. «Einmal fiel mir ein Baum auf, der wenig gewachsen war. Ich habe am Stamm geschüttelt und der war nicht so stabil wie er sein sollte – da wusste ich: Hier sind Mäuse am Werk», erzählt er. Auch wenn sie zu wenig Wuchs hätten, sei dies ein Anzeichen auf Mäusebefall. Bei ihm werden die Mäuse mit Gas bekämpft, es gibt aber verschiedene Möglichkeiten. Wichtig ist das Drahtgeflecht im Boden beim Pflanzen der Bäume, so werden die Wurzeln von den gefrässigen Nagetieren geschützt.

Aufgepasst beim Weiden

Zwischen Hochstämmern zu weiden sei möglich, sagt Paul Aeschimann: «Aber man muss schauderhaft aufpassen, dass die Kühe die Bäume in Ruhe lassen.» Er selbst schützt alle Bäume auf der Weide mit einem Elektrodraht. So sei es für die Kühe trotzdem möglich, untendurch das Gras bis zum Stamm zu fressen, denn wenn sie dies nicht könnten, hätten die Mäuse wieder freie Fahrt.