Othmar Eicher hat an der Fachstelle Obst am Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg mehrere Generationen von Obstproduzenten aus der ganzen Deutschschweiz beraten. Bevor er Ende Januar in Pension ging, hat die BauernZeitung nach seinen Erfahrungen und Einschätzungen gefragt.
Wie hat sich die Aargauer Obstlandschaft in Ihrer Amtszeit verändert?
Othmar Eicher: Es gab eine enorme Professionalisierung und Spezialisierung. Die Obstbaufläche ist seit 1986 um 15 Prozent gesunken, mengenmässig hat der Produktionsfortschritt das aber mehrfach kompensiert. Die Anzahl Betriebe mit Obstbau hat sich sogar halbiert, dafür ist die Fläche pro Betrieb deutlich gestiegen. Beim abnehmenden Handel hat eine Konzentration auf wenige Player stattgefunden, das ist keine gute Entwicklung, das schafft Abhängigkeit und engt die Produzenten ein.
Zur Person
Mit legendärem Tempo und Energie wirkte Othmar Eicher seit 1986 an der Fachstelle Obst am LZ Liebegg. Er habe immer enorme Wertschätzung erlebt, zieht der 65-Jährige bei seiner Pensionierung Ende Januar Bilanz. Das sei über eine so lange Zeit nicht selbstverständlich – «aber ich habe ja auch in einer Dauerkultur gearbeitet». Vor zehn Jahren wäre er fast nach Australien ausgewandert, entschied sich dann aber für ein Eigenheim in Beinwil am See. In Zukunft wird er unter anderem Projekte einer Non-Profit-Organisation in Schwellen- und Entwicklungsländern begleiten.
Sehen Sie aktuelle Trends?
Die einzelbetriebliche Spezialisierung wird weitergehen, auch als Folge der zunehmenden und kostenintensiven Mechanisierung. Die ist gerade im Bereich der heute gefragten herbizidfreien Unkrautregulierung teuer. Da sehe ich eine Tendenz und Potenzial, Pflanzenschutz und mechanischen Baumschnitt überbetrieblich zu organisieren. Auch die Direktvermarktung wird wohl noch wichtiger werden im Aargau, wo die Kundschaft nahe bei den Produktionsorten ist.
Sind die Zeiten heute schwieriger als vor 40 Jahren?
Eindeutig. Es gibt neue Krankheiten und Schädlinge, aber immer weniger Pflanzenschutzmittel, gerade auf 2023 war das extrem. Auflagen sind Schlag auf Schlag gekommen.
Ohne bauliche Schutzmassnahmen geht es nicht mehr im professionellen Obstbau, das macht auch Baubewilligungsverfahren aufwendiger. Die Produktionskosten sind deutlich gestiegen, die Produzentenpreise besonders bei den Äpfeln haben sich hingegen kaum bewegt. Die Produzenten bleiben am Ball dank Produktionsfortschritt, Kostenoptimierung und gesteigerter Arbeitseffizienz.
Gibt es bei diesen Aussichten noch Berufsnachwuchs?
Das sieht im Aargau bei Betrieben mit Schwerpunkt Obstbau gut aus. Aber es ist eine Daueraufgabe der Branchenverbände, die jungen Berufsleute wahrzunehmen und zu integrieren.
Was waren prägende Entwicklungen in Ihrem Berufsleben?
Eine davon war sicher die Einführung der Integrierten Produktion, da fand in der Obstbranche schon früh ein grosses Umdenken statt. Man begann zum Beispiel mit Schadschwellen zu arbeiten, was heute völlig logisch ist. Systeme für Pflanzenschutzprognosen wurden eingeführt, die sind heute sehr präzise und helfen bei der Arbeit. Hinter dem IP-Gedanken stand immer auch die Wirtschaftlichkeit, das vermisse ich bei den heutigen Nachhaltigkeitsprogrammen.