Damit Obstbäume regelmässige und qualitativ hochwertige Erträge liefern, sind Schnitteingriffe unerlässlich. Der richtige Schnitt zum richtigen Zeitpunkt begünstigt
- das Wachstum,
- die Fruchtbarkeit,
- beugt der Überbauung
der Baumkrone vor und verursacht - mehr Licht, was wiederum den Krankheitsdruck
reduziert.
Grundsätzlich kann die Baumerziehung während der Vegetationsruhe oder auch während der Vegetation vorgenommen werden, heisst es im Inforama-Merkblatt über den sachgerechten Obstbaumschnitt. Die Form des Baumes kann allerdings nur in den ersten Jahren nach der Pflanzung beeinflusst werden. Danach dienen die Schnitte lediglich der Pflege und der Sicherung von erwünschten Erträgen. Dabei gilt, dass der Winterschnitt (von November bis April): das Wachstum der Triebe fördert, während der Sommerschnitt (zwischen Juni und September): die Fruchtbarkeit verbessert und das Triebwachstum eher beruhigt. Das Entfernen der Blattmasse hat zur Folge, dass der Baum weniger Reservestoffe produziert. Daher ist der Austrieb im Folgejahr geringer.
Niederstämmer im Hoch
Mit dem Aufkommen des Erwerbsobstbaus im 19. Jahrhundert sind die Niederstammbäume aufgekommen. Zu ihnen gehört der Spindelbaum. Spindelbäume zeichnen sich durch die Stammverlängerung und die waagrechten Fruchtäste aus. Weil sie durch ihre Grösse leichter zu ernten und zu pflegen sind, wurden sie seither systematisch kultiviert. Im Vergleich zu Hochstammbäumen bringen sie bereits nach ein bis zwei Jahren gute Erträge. Dafür beträgt ihre Lebensdauer nur gerade 15 bis 25 Jahre, während Hochstamm-Obstanlagen 50 bis 100 Jahre alt werden können.
Ziel: Gleichgewicht zwischen Triebzuwachs und Blütenknospenbildung
Junge Niederstamm-Obstbäume sollten im Sommer formiert werden. Beim Winterschnitt ist zwischen dem Aufbauschnitt bei Jungbäumen und dem Unterhaltsschnitt oder Verjüngungsschnitt bei ausgewachsenen Bäumen zu unterscheiden. Das primäre Ziel des Winterschnitts ist das Gleichgewicht zwischen einem mässigen Triebzuwachs und einer Blütenknospenbildung. Dieser Eingriff begünstigt die ausgeglichene Fruchtgrösse bei der Ernte. Auch die Reife und Ausfärbung der Früchte sollte dadurch homogen werden.
Im Winter schlank bleiben
In der Vegetationsruhe stehen folgende Arbeitsschritte an: Schlank schneiden: Zu starke Triebe im vorderen Astbereich und Astgabelungen sowie Triebe auf der Astober- oder Unterseite werden weggeschnitten. Dabei geht man bei jedem Fruchtast von aussen nach innen vor. Mit diesem Schnitteingriff reduziert man die Zahl der Blütenknospen. Die verbleibenden Knospen werden besser belichtet und ernährt.
Blenden, Ausknospen: Der richtige Zeitpunkt für das Blenden resp. Ausknospen ist während der Vegetationsruhe bis Mai. Das bewusste Entfernen von Knospen unterhalb der Endknospe, zum Beispiel beim Anschneiden von Leitästen, verhindert die Bildung von starken Konkurrenztrieben. Das Ausknospen dieser unerwünschten Konkurrenztriebe kann auch kurz nach dem Austrieb erfolgen.
Verjüngen, Aufstellen: Je älter das Fruchtholz, desto weniger Triebe wachsen darauf. Es bilden sich immer mehr Vergabelungen mit Blütenknospen. Dadurch entstehen mehr Früchte. Diese werden jedoch weniger gut ernährt, weil der Astdurchmesser nicht grösser wird. Durch das Verjüngen reduziert sich die Anzahl der Blütenknospen, da mehr Blüten- als Blattknospen weggeschnitten werden. Das Verhältnis von Blatt zu Frucht wird somit verbessert und dadurch die Fruchtqualität mit Faktoren wie Grösse, Zuckergehalt und Ausfärbung direkt beeinflusst. Bei der Verjüngung ist der Zeitpunkt massgebend für die erfolgreiche Regulierung des Triebwachstums. Werden Triebe zu früh verjüngt, reagiert der Baum mit starkem Triebwachstum.
Die Hierarchie respektieren
Überbauungen vorbeugen: Unter Überbauung versteht man ein Missverhältnis im Kronenaufbau. Dies äussert sich so, dass die oberen Fruchtäste dominant und dick sind, während die unteren dünner und schwächer sind. Um die Hierarchie im Kronenaufbau zu respektieren, sollten zu dicke oder zu lange Äste im oberen Bereich entfernt werden.
Kerben: Mit einer Eisen- oder Sackmessersäge macht man oberhalb eines Auges (Trieb- oder Blattknospe) einen Einschnitt. Dies fördert das Austreiben des Auges unterhalb der gemachten Kerbung. Wird der Eingriff unter einer Knospe gemacht, wird der Austrieb gehemmt. Das Kerben kann ab Mitte März bis vor dem Austrieb vorgenommen werden. Es ist allerdings kein zwingender Eingriff und soll nur in Ausnahmesituationen beim Steinobst angewendet werden.