«Ein Eigengoal ist das.» Junglandwirt Marc Peter steht auf seiner eher traurig ausschauenden Zuckerrübenparzelle und findet trotz des Dunstes in der Luft klare Worte. «Ich würde ja gerne integriert produzieren, aber solange dies nicht parzellenweise möglich ist, schiesse ich mir ins eigene Bein», sagt der Seeländer.
Ihm gegenüber steht der langjährige Zuckerrübenguru Samuel Jenni von der Schweizerischen Fachstelle für Zuckerrübenbau (SFZ). Er nickt. Während dieser Kampagne habe Marc Peter dreimal Fungizide gegen die gefürchtete Blattfleckenkrankheit Cercospora gespritzt – und dreimal nach Aufruf der Branche Insektizide gegen die Viröse Vergilbung. Er ist der Meinung, dass die Folgen des Blattfleckenbefalls, nebst dem SBR-Befall, ansonsten zu einem erheblichen Ausfall geführt hätten.
Masse vor Klasse
«Die Sortenwahl ist für mich matchentscheidend», sagt Marc Peter und lässt seinen Blick über das Rübenfeld streifen. Dieses Jahr griff der Landwirt erstmals nicht auf eine offiziell gelistete SBR-Sorte zurück, sondern auf die ertragsstarke Cercospora-tolerante Sorte Antonica KWS. «Alles in eine Sorte zu packen, ist mit den aktuellen Züchtungsmethoden unmöglich», sagt Samuel Jenni, «aber genau solche ertragsstarken Sortentypen sind sicherlich auf dem Treppchen», auch unter SBR-Befall, so der Berater. «Da haben Sie also nichts falsch gemacht», entgegnet er Marc Peter. Dieser ist mit der Situation aber dennoch nicht gänzlich zufrieden, obwohl für ihn die Arbeit der SFZ im Bereich der Sortenprüfung essenziell ist, wie er sagt.
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«Die grösste Sorge dieses Jahres: Die Rüben sehen gesund aus, sind grün, die Erträge sind gut, und trotzdem fehlt der Zucker.» Das Erscheinungsbild sei unter den vorherrschenden Umständen kein Indiz mehr für den Gesundheitszustand der Zuckerrübe, meint Peter. «Die Rüben können gelb, grün, violett sein – die Farbe sagt nichts mehr über das Zuckerresultat aus», beobachtet er. «Heute herrscht leider Masse vor Klasse», stellt der Junglandwirt fest. Jenni widerspricht ihm nicht.
Beim Grossvater waren es noch 19 Prozent
«Früher, als der Grossvater noch am Hebel war, erzielte man Zuckergehalte von 19 Prozent, dafür war der Ertrag um einiges tiefer. Heute liefert man teils bis zu 100 Tonnen pro Hektare ab und muss sich dafür mit Zuckergehalten von 14 Prozent zufriedengeben – das ist so», stellt Samuel Jenni fest. «Das ist für die junge Generation frustrierend.» Marc Peter nickt. Wahrscheinlich weiss er, wovon Jenni spricht.
«Das Hauptproblem ist komplex», fährt er fort. «Aber es muss eine Lösung hin. Entweder arbeiten wir am optimierten Anbau und können die Krankheiten fachgemäss behandeln, und der Zuckergehalt steigt wieder an, oder wir schrauben an den Übernahmebedingungen.» Es zeichne sich die Entwicklung ab: Zufriedenstellende Wirtschaftlichkeit trotz schwacher Zuckergehalte.
Den letzten beissen die Hunde
Ja, man habe sich auf diese Realität eingestellt, meint Samuel Jenni. Solange die gelieferten Zuckerrüben nicht faul seien, könne die Fabrik schliesslich aus verschiedenen Qualitätsklassen weissen Zucker herstellen. Aber der Energieaufwand steige natürlich, je weniger Zucker darin enthalten sei, so der Fachmann. «Den letzten beissen die Hunde», sagt Marc Peter dazu. Denn die Auswirkungen dieser Entwicklung badet schliesslich der Produzent aus. Er trage das gesamte Risiko. Warum also noch weitermachen? «Ja, das frage ich mich manchmal auch», gibt er zu und sagt: «Wegen der passenden Sortenwahl haben die Resultate der letzten Jahre meine Erwartungen erfüllt. Wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, würde ich nicht mehr produzieren.»
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Für Marc Peter müssten in erster Linie die benötigen PSM zur Verfügung stehen, die Übernahmebedingungen erneut angepasst oder die Preise erhöht werden. Wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass die Übernahmebedingungen wieder einen Haarschnitt nötig haben?
«Das Know-how war einmal da»
Aufgrund des 1986 beschlossenen Zuckerbeschlusses hat sich im Schweizer Zuckerrübenanbau dazumal die Gewichtsquote etabliert. Entsprechend war genau geregelt, welcher Produzent wie viele Tonnagen abliefern konnte. Das gab den Anreiz, die vorgegebene Menge mit einem möglichst hohen Zuckergehalt abzuliefern. «Mit den erzielten Zuschlägen von 10 Franken pro Tonne und Prozentpunkt Zuckergehalt verdienten die Produzenten ihr Geld. Dafür gab es keinen Einzelkulturbeitrag», so Jenni.
«Den Letzten beissen die Hunde.»
Rübenproduzent Marc Peter aus Aarberg BE über die Macht der Abnehmer.
«Heute muss der Produzent mit dem Rübenrichtpreis rechnen, ein Qualitätszuschlag ist eher eine Ausnahme, und wenn du Pech hast, gibts eben unter 15 Prozent sogar einen Abzug.» «Das ist schade – das Know-how war einmal vorhanden», entgegnet Marc Peter, der den Zuckerrübenanbau mittlerweile als berufliche Herausforderung anschaut. «Ohne den Einzelkulturbeitrag könnte ich keine Zuckerrüben anbauen.