Bald geht es so richtig los mit der Frühartoffel-Ernte im Seeland. Vereinzelt konnten bereits Posten gegraben werden. Urs Stucki aus Werdthof-Kappelen im Berner Seeland will Ende dieser Woche mit der Ernte beginnen. Einige Zeilen hat er probehalber bereits geerntet. Stucki rechnet mit einem mittleren Ertrag. Die Grösse der Kartoffeln sei nicht schlecht, jedoch hat der Landwirt in den bereits gegrabenen Zeilen überdurchschnittlich viele grüne Kartoffeln verzeichnet. «Die Grünen werden heuer zum Problem», vermutet Urs Stucki daher.
Der Wind ist schuld
Schuld sei der Wind. Der während der Wachstumsphase zeitweise sehr rau wehende Westwind oder zweitweise auch die Bise, habe die Folie runtergedrückt. Dadurch wurden die Dämme stark zusammengedrückt. Später entstanden Risse, die den Lichteinfall zuliessen. Positiv ist er hingegen betreffend Drahtwürmern gestimmt. Bislang habe er keine gefunden. Urs Stucki ist zuversichtlich, dass dies auch so bleibt. Ähnlich sieht es bei einem weiteren Landwirt aus, der bereits zwei Tage mit der Ernte beschäftigt war. Auch er hat überdurchschnittlich viele grüne Exemplare aussortieren müssen. Und auch dieser Landwirt freut sich ansonsten über gute Qualität. Bei ihm fällt jedoch die Menge etwas tiefer aus als im Vorjahr. Grund ist der Zeitpunkt der Krautvernichtung. Um noch vom höheren Preis profitieren zu können, habe er die Kartoffelstauden etwas früher abgeschlegelt.
Die jährlich wiederkehrende Lotterie mit dem Zeitpunkt
Höherer Preis und niedrigere Erntemenge, oder tieferer Preis und höhere Erntemenge sei jeweils die Frage, die man sich Jahr für Jahr stellen müsse. Allgemein gesehen fange die Ernte bei ihm heuer rund 14 Tage später an als in den Vorjahren. Der Zeitpunkt der Pflanzung war zwar in etwa gleich wie in den Vorjahren. Heuer hat aber relativ lange kühles Wetter geherrscht, das die Kartoffeln nur langsam wachsen liess.
Schnecken im Auge behalten
Der Landwirt ist sich bewusst, dass es hinsichtlich der Industrie- und Lagerware momentan aufgrund der Witterungsverhältnisse ganz wichtig sei, die Schnecken in den Parzellen gut im Auge zu behalten.
Dass die Seeländer Frühkartoffel-Ernte bald so richtig in Gang kommt, zeigt auch das Frühkartoffel-Bulletin, das von der Schweizerischen Zentralstelle für Gemüsebau und Spezialkulturen herausgegeben wird. Sind zwischen 31. Mai und 6. Juni in den Kantonen Bern, Solothurn und Neuenburg lediglich vier Hektaren an krautvernichteter Fläche aufgeführt, waren es in der Zeit vom 7. bis 13. Juni bereits 32 und vom 14. bis 20. Juni 38 Hektaren.
Bei Ruedi Fischer ist es ruhig
Ruedi Fischer, Präsident des Verbands Schweizer Kartoffelproduzenten erklärt auf Anfrage, dass die Nachfrage momentan gut sei. «Bei mir ist es vonseiten Produzenten ruhig. Das ist immer ein Zeichen, dass es gut läuft», betont er. Zwar habe der Einkaufstourismus, der seit der Grenzöffnung wieder möglich ist, einen gewissen Einfluss. Doch würden nicht in erster Linie Kartoffeln ennet der Grenze gekauft.
Die Importkontingente sind fast aufgebraucht
Ruedi Fischer geht aber davon aus, dass mit einem gewissen Einbruch der Nachfrage bei Beginn der Sommerferien gerechnet werden muss. Die letzten Kontingente an Importware sind ziemlich aufgebraucht. Ein neues Kontingent wird das Bundesamt für Landwirtschaft nicht vor dem 1. Juli eröffnen, erklärt er weiter. Wenn überhaupt werde es davon jedoch nicht mehr viel brauchen, da die Schweizer Ernte nicht nur im Seeland parat ist. Mit Stand vom Dienstag dieser Woche ist gesamtschweizerisch von 453 Hektaren Folienkartoffeln, bei deren 266 Hektaren die Krautvernichtung gemacht worden.
Preise wurden längerfristig gehalten
Laut Swisspatat liegt der Preis pro 100 Kilogramm noch bis Mitte nächster Woche bei Fr. 135.15, derjenige für Bioware bei Fr. 210.15. Diese grad noch aktuellen Preise wurden bereits früh festgelegt. Ruedi Fischer dankt allen Akteuren der Wertschöpfungskette, dass die Preise längerfristig so gehalten werden konnten. Das habe grosse Planungssicherheit bedeutet. Ab jetzt werden die Preise nun alle zwei Wochen neu verhandelt.