Die Königin der Gemüse ist wieder da: Die Spargelsaison hat begonnen. Bei einigen, wie der Seeländerspargeln GmbH, Fräschels FR, ging es vor Ostern los, da sie mit einer zweiten Folie über dem Damm einen verfrühten Anbau betreiben. Andere, wie etwa Roland Grütter, der mit seiner Frau Sandra den Leinacherhof in Seeberg BE führt, starteten vor rund einer Woche. Die Nachfrage der Konsumenten nach Spargeln und auch anderen Produkten sei extrem erfreulich, berichtet Christian Dick, Gurbrü BE, der zusammen mit Christian Hurni, Fräschels FR, und Matthias Moser, Worben BE, die Seeländerspargeln GmbH bildet. Und auch Roland Grütter «hat noch nie eine so grosse Nachfrage nach Spargeln gehabt».
Den Absatz kompensieren
Viele Leute hätten nun Zeit zu kochen und könnten die Delikatesse nicht im Restaurant geniessen. Nun werde selbst Hand angelegt. Dadurch können die Produzenten ihre Absatzmengen, die ansonsten in die Gastronomie gingen, ziemlich gut kompensieren, freuen sie sich. Weniger Freude hat Christian Dick daran, dass er und seine beiden Kollegen das Spargelfest Anfang Mai in Kerzers FR absagen mussten. «Das tut weh», erklärt er. Dies schmerzt nicht aus finanziellen Gründen. Vielmehr sei das Fest ein wichtiger Werbeträger für die Spargelproduktion, und um ihre Hofläden zu präsentieren. Ausserdem schätzt Dick am Fest den direkten Kontakt zu den Konsumenten, was heuer nun fehlt.
Erschwerte Einreise für Erntehelfer
Im Vorfeld der Spargelernte berichteten Tagesmedien darüber, dass die Landwirte Mühe hätten, auf ihre ausländischen Erntehelfer zurückgreifen zu können, da deren Einreise schwierig sei. Christian Dick erklärt, dass die bäuerlichen Organisationen in Gesprächen mit den Behörden erreicht hätten, dass die Erntehelfer einreisen konnten. Wenn auch unter erschwerteren Bedingungen als sonst. Konnten die Mitarbeiter vor der Corona-Zeit einreisen und vor Ort die nötigen Bewilligungen lösen, musste heuer die Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung vorgängig per Mail zugesandt werden. Nur mit Ausdrucken dieser Belege konnten die Erntehelfer einreisen. Zudem mussten die Arbeitgeber über den Verband die Namen der einreisewilligen Mitarbeiter an den Zoll melden.
Zahlreiche Anfragen von Schweizern
Bei den Produzenten der Seeländerspargeln GmbH haben nur wenige langjährige Mitarbeiter aus Angst vor einer Ansteckung nicht einreisen wollen. Durch die Panikmeldung landeten aber mehrere Hundert Anfragen von Schweizern bei Dick, die bei ihm arbeiten wollten. Für ihn kam dies jedoch nicht infrage. Er sei darauf angewiesen, dass die Helfer den ganzen Tag anwesend seien und nicht nur stundenweise an gewissen Tagen. Die ganze Organisation wäre mit den Vorstellungen, welche die Helfer zu den Einsätzen hatten, viel zu aufwendig gewesen, erklärt Dick. Zudem wäre es nicht fair gegenüber den langjährigen Helfern gewesen, wenn sie heuer nicht hätten kommen dürfen und nächstes Jahr dann wieder erwünscht gewesen wären, so Dick.
Einheimische und polnische Neulinge anlernen
Ganz anders präsentiert sich die Lage bei Roland Grütter. Von seinen langjährigen polnischen Erntehelfern, die vorwiegend weisse Spargeln stechen, sei heuer kein einziger gekommen. Dafür kamen vier Neue, die angelernt wurden. Zudem habe er bislang Schweizer Helfer bei den grünen Spargeln und bei der Verarbeitung beschäftigt. Von denen gehören einige altershalber der Risikogruppe an und arbeiten demnach ebenfalls nicht bei Grütters. Auf dem Leinacherhof wurden nun rund zehn freiwillige Schweizer Helfer angestellt. Es seien mehrheitlich junge Leute mit unterschiedlichem Hintergrund. Seit einer Woche sticht Roland Grütter mit ihnen allen nun Spargeln und sagt: «Ich bin positiv überrascht, das Ernteresultat sieht gut aus, auch wenn der Betreuungsaufwand grösser ist.» Zwar benötige er mehr Personen, um dieselbe Fläche zu ernten, wie andere Jahre. Doch Roland Grütter ist es lieber, dass sich die ungeübten Helfer Zeit nehmen können, die Spargeln sauber zu stechen. Dass der diesjährige Personalaufwand höher ausfallen wird, ist sich der Produzent bewusst. Da die Spargelernte auf dem Leinacherhof gerade erst angelaufen ist, vermag die verfügbare Tagesmenge die Nachfrage noch nicht zu decken. Doch Grütter ist überzeugt, dass er mit seinen Helfern, ebenso bei Vollertrag, der für nächste Woche erwartet wird, «über die Runde komme, auch wenn die Arbeitstage etwas länger dauern als sonst.» Andrea Wyss
Weitere Informationen:
www.seelaenderspargeln.ch