Unterwegs in der abwechslungsreichen Landschaft südlich von Graz bis zur slowenischen Grenze fährt man durch Ebenen, wo der Anbau von Mais dominiert, über steile Hügel mit Obst- und Weinkulturen und durch einladende Siedlungen, die bisweilen oben am Berg liegen. Rindviehhaltung gibt es praktisch nicht mehr in der Gegend, die Schweinehaltung ist jedoch ein sehr relevanter Produktionszweig.

Steirisches Kürbiskernöl

In der Fruchtfolge ist nach dem Mais der Kürbis die wichtigste Kultur. In der Steiermark werden auf einer Fläche von knapp 9000 ha Ölkürbisse angebaut, vorab in der Südsteiermark. Franz Labugger in Lebring ist nach der Steirerkraft einer der grösseren Produzenten von Kürbiskernöl. Als Obmann der «Gemeinschaft Steirisches Kürbiskernöl» sind ihm die Qualität und die Ausrichtung der Produktion auf den Markt wichtig. Immerhin habe man es, so erzählt er stolz, dank dem Schutz der geografischen Angabe «Steirisches Kürbiskernöl» geschafft, ein Produkt zu erzeugen, welches in ganz Europa bekannt ist und mit der Region identifiziert wird.

Die «Jungen Wilden»

Nicht nur bei den geschützten Produkten ist die Kooperation wichtig. Armin Lenz zeigte uns auf, wie man damit auch beim Gemüse und bei den Beeren viel erreichen kann. Nach der Übernahme des Beerenbetriebes von seinem Vater wollte er sein Produktsortiment auf Gemüse ausweiten und in die Konfektionierung investieren. Er stellte fest, dass er alleine wenig am Markt bewirken kann. Schnell formierte er eine Gruppe von 15 jungen Produzentinnen und Produzenten um sich in der näheren Umgebung, die sich nun die «Jungen Wilden» nennen. Der Name spricht für sich: Sie sind «wild» auf neue Ideen, «wild» auf gute Zusammenarbeit und wirken «wild» entschlossen, die Kundschaft effizient, marktorientiert und mit qualitativ hochwertigsten Produkten zu begeistern.

Die «Jungen Wilden» spornen sich gegenseitig an, indem sie ihre Erfahrungen austauschen und laufend mit Sportsgeist schauen, wer die höchsten Erträge und die besten Qualitäten hat. Kooperation heisst bei ihnen aber auch: Einmal pro Woche gibt es zur gegenseitigen Motivation eine «Brettljause» im geselligen Rahmen.

Hundert Hektaren Hopfen

«Brettljausen» als Gast geniessen kann man in ganz vielen Buschenschanken. Das sind Besenbeizen, die ausschliesslich kalte Speisen und Getränke anbieten dürfen. Bei den besten dieser Häuser wie zum Beispiel beim Weingut Tschermonegg auf der Südsteirischen Weinstrasse kann man sich mit leckersten Kaltspeisen und vorzüglichen Weinen auf Topniveau verpflegen. Und bei Bedarf auch übernachten.

Ganz am Ende dieser Weinstrasse findet man rund um Leutschach das grösste Hopfenanbaugebiet Österreichs: 13 Bauern bauen hier eine Fläche von knapp 100 Hektaren Hopfen an, der hier beste klimatische Bedingungen hat. Diese Kultur ist mit 500 Arbeitsstunden relativ zeitintensiv. Da hilft es, dass Arbeitskräfte aus dem nahen Slowenien oder sonst aus Rumänien unterstützen können. Zeitintensiv ist vor allem das Einschlaufen der Triebe an den Drähten am rund sechs Meter hohen Gerüst. Nach der Ernte werden die Blütendolden abgetrennt, vorgetrocknet, gepresst und nach Deutschland zur Pelletierung versandt. Der Hopfen verleiht dem Bier die notwendigen Bitterstoffe und das Aroma, in diesem Fall vorab dem «Gösser Bier» in Graz.

Wein und Obst

Die wichtigste Spezialkultur ist der Wein, gefolgt vom Obst. Im Bildungszentrum Silberberg bei Leibnitz können die beiden Lehrgänge «Obst und Obstverarbeitung» sowie «Wein und Weinverarbeitung» besucht werden. Die Themenbereiche Sensorik, Buschenschank, Urlaub auf dem Bauernhof, Tourismus und Marketing geniessen einen sehr hohen Stellenwert. Im Schulgutsbetrieb mit Forschungsauftrag stehen rund 35 ha Rebkulturen und 10 ha Obstanlagen. Äpfel und Birnen werden ergänzt mit Beeren, aber auch mit Holunder, Edelkastanien, Kaki, Indianerbananen und Haselnüssen. Gottfried Lafer hat sich als zuständiger Dozent schon sehr früh mit innovativen Kulturen und Beeren befasst. Dies kommt ihm und der Region heute zugute.

Der liberalisierte Apfelmarkt macht der Region zu schaffen. Die Kosten sind mit den hiesigen Erträgen und den steilen Lagen im internationalen Vergleich zu hoch. Viele Obstbetriebe stellen daher um auf alternative Kulturen oder setzen auf Direktvermarktung oder die Obstverarbeitung zu Fruchtsäften und Cider. Christian Zuegg in Gamlitz produziert auf einer Fläche von rund 10 ha eine Vielzahl von Apfel- und Birnensorten, Pfirsiche und Marillen. Das Obst wird direktvermarktet oder mit grösster Sorgfalt in modernen Anlagen auf dem eigenen Betrieb verarbeitet. So findet sich ein Teil der Ernte in Fruchtsäften, Nektaren, traditionellem Most, prickelndem Apfelsekt, Essig und edlen Bränden wieder.

Rückstandsfreies Obst

Als Leuchtturmprojekt für den Obstbau hat die staatliche Forschungsanstalt Haidegg in Graz eine grössere Agri-PV-Anlage erstellt. Die ersten Versuchsresultate sind verblüffend. Selbst komplett ohne Behandlungen finden sich gesunde Bäume mit guten Erträgen unter dem Regen- und Hagelschutz der lichtdurchlässigen Paneele. Leonhard Steinbauer, zuständig für das Referat Obst- und Weinbauforschung in der Steiermark, ist überzeugt, dass sich das System nach Behandlung der Kinderkrankheiten durchsetzen kann und grosses Potenzial für die rückstandsfreie Obstproduktion birgt.

In der Weinbauforschung steht der Anbau von Piwi-Sorten im Vordergrund. Ob jedoch der Sauvignon blanc als dominierende Sorte mit Terroirweinen von Weltformat ersetzt werden kann, ist zu bezweifeln. Die Sorte ist immerhin weit weniger anfällig als andere bekannte Sorten wie Welschriesling, Weissburgunder oder Muskateller.

Möglichkeiten für Luzern

Die Reisegruppe mit Vertreterinnen und Vertretern des BBZN Luzern und der Dienststelle Landwirtschaft und Wald liess sich in drei Tagen von den lokalen Qualitätsprodukten, von innovativen Konzepten, von cleverem Marketing, von mutigen Bäuerinnen und Bauern und der steirischen Gastfreundschaft inspirieren. Gut möglich, dass Gesehenes im Kanton Luzern umgesetzt werden kann. Ideen gibt es viele. Treiber dazu können aber wie in der Steiermark der regionale Konsum und der Tourismus sein. Für die Massenproduktion sind, das hat die Steiermark gezeigt, solch wunderbare Landschaften zu schade.

Das Förderprogramm «Offensive Spezialkulturen» ist online. Details zum gesamten Vorhaben, zu Antragsformularen und Ansprechpartnern unter:

www.beruf.lu.ch ▶ im Suchfenster «Offensive Spezialkulturen» eintippen.

200 Betriebe produzieren «Käferbohnen» [IMG 2]
Geschützt sind innerhalb der Europäischen Union auch der «Steirische Kren» (Rettich) und die «Steirische Käferbohne» (Feuerbohne). Letztere gedeiht besonders gut im südoststeirischen Hügelland. Der fein nussige Geschmack erinnert an Edelkastanien und harmoniert sowohl in süssen wie auch in pikanten Speisen. Rund 200 steirische Bauernbetriebe kultivieren Käferbohnen. Erhältlich sind sie entweder als Trockenbohnen oder bereits essfertig gekocht. Die Käferbohne kann als «Zweitkultur» am Mais hochranken und bietet die Möglichkeit, zwei Kulturen auf einem Acker gleichzeitig zu produzieren. Geerntet werden beide Kulturen im November, nach dem ersten Frost, in einem Ernteschritt. Die Ware wird nach Übernahme getrocknet, nachgereinigt und von Hand sortiert. Allerdings ist auch der Anbau mittels Heckensystem möglich. Die Produzentin Michaela Summer hat ein erlebnisreiches Kabinett geschaffen, in dem sie den Besuchern aus Luzern Käferbohne auf sympathische Weise – auch in Form eines Kuchens – nähergebracht hat.

Die geschützte Käferbohne gibt es getrocknet in Säcken oder gekocht in der Dose.

Von Biomandeln bis zu Reiswhisky 
Eindruck hinterliessen drei weitere Praxisbetriebe: das «Natur.Gut.Gerstl» mit seinen Biomandeln, der Beerengarten Gosch und der Reisbetrieb Fröhlich. Michael Gerstl, auch bei Frustar als Berater für Hagelschutz und Bewässerungssystem tätig, setzt auf seinem Betrieb auf derzeit 3 ha Biomandeln. Er ist überzeugt, mit seiner Familie, die traditionell im Weinbau tätig war, damit eine neue Existenz aufbauen zu können. Überrascht hat die hohe Pflanzengesundheit der Biobäume, Problemfaktoren sind noch die Befruchtung und der Blütenfrost. Christian Gosch vom «Heidelbeergarten Gosch» setzt neben der Heidelbeere auf Haskap. Mit mehr als 50 Sorten wurde experimentiert. Ohne Pflanzenschutz ist es ihm mit dieser Kultur möglich, gute und gesunde Früchte auf den Markt zu bringen. Nun geht es noch darum, die Frucht bekannter zu machen. Nicht mehr nötig ist das beim Reis. Den kennt man zwar, erwartet ihn aber nicht unbedingt als Lokalprodukt in der Steiermark. Ewald Fröhlich verarbeitet und verpackt den Reis von eigenen 20 ha und weiteren 20 ha im Vertragsanbau auf seinem Betrieb an der südöstlichen Ecke des Landes, in Straden. Unter dem Label «so-fröhlich» bietet er sehr erfolgreich verschiedene Reisarten an, aber auch Reis­waffeln und Reis­whisky.