«Angesichts der immensen Ertragsausfälle sehen sich die Schaffhauser, Thurgauer und Zürcher Winzer dieses Jahr mit besonders grossen Herausforderungen konfrontiert. In dieser Situation ist es wichtig, Erfahrungen auszutauschen», sagte Jakob Stark, Ständerat und Präsident des Branchenverbands Thurgauer Wein, eingangs der Medienkonferenz mit Rebbegehung, die vergangene Woche von der Fachstelle Rebbau sowie den Branchenverbänden Thurgau, Schaffhausen und Zürich organisiert wurde. Sie fand auf dem Weingut Hausammann auf dem Iselisberg in Uesslingen statt.
Nach dem Hagel die Saison aufgegeben
Zu der misslichen Lage hatte das diesjährige Wetter gleich mehrfach beigetragen: Zunächst gab es ein kühles Frühjahr, der Austrieb erfolgte spät. So wurde erst im Juni, als der Wuchs in Schwung kam, mit dem Spritzen begonnen. Mit dem häufigen Regen kam es zu vermehrtem Befall von Falschem Mehltau, worauf die Spritzintervalle verkürzt wurden. Im Juli nahm der Pilzdruck weiter zu, zudem führten Hagelstürme vielerorts zu grossen Schäden an den Trauben. So auch auf dem Weingut Hausammann, welches am 13. Juli besonders schlimm getroffen wurde. «Es gab praktisch keine Trauben, die nicht zerschlagen worden waren», stellte Betriebsleiter Urs Hausammann fest. «Die Schäden waren derart gross, dass wir den Entschluss fassten, diese Saison aufzugeben. So konnten wir Zeit und weiteres Spritzmittel sparen.»
Da der Betrieb hagelversichert ist und noch Wein an Lager hat, könne man das Jahr nun überbrücken. Für einen Einsteigerbetrieb dagegen, der finanziell weniger abgestützt ist, sei die Situation noch schwieriger, so Hausammann. Würde sich das Szenario nächstes Jahr wiederholen, wüsste er selbst auch nicht, wie sein Weingut dies verkraften könnte.
2021 ist ein Extremjahr
Die häufigen Regenfälle und die anhaltende Feuchtigkeit haben ganz besonders zur Verbreitung des Falschen Mehltau geführt, der für einen grossen Teil der Ertragsausfälle verantwortlich ist. Dennoch gibt es überall auch Betriebe, die nur wenig betroffen sind. Auffallend ist, wie gross die Unterschiede sind: «Es ist unerklärlich, wie Parzellen gleicher Sorten innerhalb derselben Gemeinde unterschiedlich befallen sind», sagte Christian Roth, Präsident Branchenverband Schaffhauser Wein. «Auch die Sorten sind sehr unterschiedlich stark betroffen.» Bei traditionellen Sorten wie Riesling oder Blauburgunder war in diesem Extremjahr ein Rebbau ohne umfassenden Pflanzenschutz nicht möglich. Bei den PiWi-Sorten hingegen habe zwar der normale Spritzplan genügend gewirkt, der reduzierte jedoch auch nicht. «Es gibt wenig Neuzüchtungen, die überzeugen», ergänzte Roth.
«Die Winzerinnen und Winzer sind den Umgang mit der Natur gewohnt. Wettervariabilitäten, bedingt durch den Klimawandel, gab es auch schon in früheren Jahren. Allerdings nicht so häufig und gleichzeitig extrem wie in diesem Jahr», stellte Ueli Bleiker, Chef des Landwirtschaftsamts Thurgau, fest. Gefordert sei die Entwicklung neuer Strategien und Sorten. Dazu brauche es auch entsprechende Praxisversuche.