Bei «Basel-Stadt» denkt man nicht auf Anhieb an Landwirtschaft. Dennoch hat der Stadtkanton auf seinem Gebiet acht Landwirtschaftsbetriebe mit rund 400 ha Nutzfläche und elf Weinbaubetriebe mit 4,8 ha Rebflächen. Alle zwei Jahre führt das Amt für Umwelt und Energie den «Tag der Landwirtschaft» durch. Heuer geschah dies am Donnerstag vergangener Woche auf dem Betrieb «Wyguet Rinklin» im Schlipf bei Riehen.

Zoll für eigene Trauben bezahlen

Familie Rinklin bewirtschaftet mit einem Teilzeitmitarbeiter rund 4 ha Rebfläche am Tüllinger Hügel im Schlipf, auf beiden Seiten der Landesgrenze. Für die Einfuhr der Trauben von der deutschen Seite muss Urs Rinklin rechtzeitig eine Genehmigung bestellen und auch Zoll bezahlen, da die Trauben nicht unter das Zollfreipass-Abkommen der Landwirtschaft fallen.

Die genauen Rebflächen werden durch Satellitenüberwachung erhoben. Für die Flächen in Deutschland erhält der Produzent keine Direktzahlungen, und der Wein muss mit dem Vermerk «Hergestellt mit Trauben aus Deutschland» deklariert werden.

[IMG 2]

Amerikanische Rebzikade als neues Problem

Bei einer Betriebsführung sowie einem Gang durch den Rebberg und den Keller stellte Urs Rinklin den Betrieb vor. Zu den grossen Herausforderungen des Rebbaus im Schlipf gehört laut Rinklin die allgemeine Klimaerwärmung. Dadurch werde der Pilzdruck massiv erhöht. Betroffen seien davon vor allem stark wachsende Sorten. Ein Problem sei auch der frühere Erntetermin, der durch die höheren Temperaturen verursacht werde. Wenn die Tage noch lang und die Temperaturen hoch seien, würde die Lagerung und Aufbereitung der Erntemengen zu einer logistischen Herausforderung.

Auch tierische Schädlinge, wie die Kirschessigfliege oder der Japankäfer, werden begünstigt. Ein neuartiges Problem sei zudem die amerikanische Rebzikade, welche das Virus der goldgelben Vergilbung überträgt. Der Betriebsleiter arbeitet daran, einen Teil seiner Reben auf pilzwiderstandsfähige Sorten (Piwi) umzustellen. Seine bisherigen Burgundersorten seien ein wenig robuster und dadurch weniger anfällig.

Die Etikette entscheidet auch über den Absatz

Die Weine vom Wyguet Rinklin werden zu je einem Drittel über die Direktvermarktung, die örtliche Gastronomie und an Festanlässen verkauft. Zum guten Absatz würden die Flaschenetiketten beitragen, sie zeigen verschiedene Wildtiere – vom Schmetterling bis zum Dachs.

Mit einer Degustation stellte Urs Rinklin fünf seiner Weine vor. «Die Weinqualität wird im Rebberg entschieden», sagte er – und fügte an: «Ich bin nicht der Weinwerker, sondern der Weinwerdenlasser!» Seine Weine will er so wenig wie nötig beeinflussen bei der Reifung. Die Hauptsorte seines Betriebes ist der Gutedel/Chasselas, ein trockener Weisser, der zu jedem Anlass passt.

Artenvielfalt

Im zweiten Teil des Tages führte der Vogelschutz-Experte Lukas Merkelbach durch die kleinräumig genutzte Gartenlandschaft des Tüllinger Hügels und erklärte die erfolgreichen Massnahmen zum Schutz der Biodiversität.

Gartenrotschwanz: Mit 90 Brutpaaren zählt der Stadtkanton die grösste Population nördlich der Alpen.
Goldammer: Braucht für seine Brut milchreifes Sommergetreide. Durch den vermehrten Anbau von Wintergetreide ist diese Art in Deutschland praktisch ausgestorben. Doch am Tüllinger Hügel gibt es über 20 Brutpaare. Das Gebiet wurde deshalb zum europäischen Vogelschutzgebiet erklärt.
Wendehals: Für diese seltene Specht-Art bietet der Tüllinger Hügel mit Hecken und Reben idealen Lebensraum.
Reptilien: Als Reptilien sind Ringel- und Schlingnattern zu finden. Zum Erhalt der Artenvielfalt schlägt Merkelbach vor, auf den Ökowiesen ein Drittel mit einem frei wählbaren Schnittzeitpunkt zu nutzen.
Neophyten: Auch am Tüllinger Hügel gibt es Neophyten, wie einjähriges Berufkraut, kanadische Goldrute, usw. Stadt und Kanton würden Massnahmen treffen, aber das Problem bleibe dennoch bestehen.