Der Umgang mit den zunehmenden Resistenzen war eines der vielfältigen Themen am online durchgeführten Aargauer Pflanzenschutznachmittag, organisiert vom Team des Landwirtschaftlichen Zentrums Liebegg. Andi Distel wies einleitend auf den zunehmenden Druck auf den Pflanzenschutz hin, so wegen möglicher Rückstände in Gewässern: Dieses Jahr gibt es keine neuen Wirkstoffe, im Gegenteil würden immer mehr verboten.
Mittel immer mehr verpönt
Das vom Bund beschlossene Verordnungspaket für sauberes Trinkwasser und eine nachhaltigere Landwirtschaft bezweckt eine Halbierung der Risiken von Pflanzenschutzmitteln (PSM) bis 2027 und Massnahmen gegen die Abschwemmung. Ab 2026 darf PSM nur noch einsetzen, wer durch Prüfung die Fachbewilligung erlangt, das gilt auch für im Biolandbau eingesetzte PSM. Die vom Bundesrat im Dezember beschlossene Revision der Gewässerschutzverordnung werde den Druck weiter erhöhen. Zumal die Zulassung von PSM zu überprüfen ist, wenn in drei Kantonen über eine gewisse Zeitdauer Grenzüberschreitungen von Rückständen feststellbar sind. Und schliesslich sorge auch die Verschärfung der Direktzahlungsverordnung dafür, dass künftig weniger PSM eingesetzt würden. So dürfen für den ÖLN zahlreiche Mittel nicht mehr eingesetzt werden, da sonst die Beitragsberechtigung verlustig geht. Darunter sind auch bisher weit verbreitete Herbizide im Maisanbau.
Injektordüsen nutzen
Allerdings gehe es um jeweils geringste Konzentrationen an Rückständen, die heute im Wasser messbar sind. Distel machte den Vergleich mit einem Würfel Zucker im Hallwilersee, die Grenzwerte für PSM seien in ähnlichen Grössenordnungen oder gar um Faktoren schärfer.
Grosses Thema beim Spritzeneinsatz ist die Verhinderung der Abdrift. Distel riet zu Injektordüsen mit maximal 3 Bar Druck, so könnten künftige Auflagen eingehalten und Pufferzonen zu Gewässern reduziert werden. Er wies auf das seit drei Jahren laufende Projekt Pflanzenschutzoptimierung mit Precision Farming (Pflopf) hin, bei dem auch der Kanton Aargau beteiligt ist.
Neue Fachstelle Neobiota im Aargau
Über 14 Millionen Franken stehen im Aargau für die Aufgaben der neuen Fachstelle Neobiota in den nächsten sechs Jahren zur Verfügung. Die Schaffung geht auf die überwiesene Motion von Ralf Bucher und Mitunterzeichnenden zurück und ist mit zwei Stellen besetzt. Koordinieren, sensibilisieren und beraten stehe im Vordergrund, erklärte Thomas Hufschmid, der zusammen mit Lisa Burger zuständig ist. Auf Kantonsflächen soll die Bekämpfung von Neobioten forciert werden. Bis im März werden die bisherige Strategie aktualisiert und zwei Leitfäden erarbeitet. Eine Medienkampagne sei vorgesehen, ebenso Poster und Flyer. Es soll speziell darauf hingewiesen werden, in Gärten mehr Einheimisches statt Fremdes zu pflanzen. Vorgesehen ist auch ein Neophytensack, wie schon im Kanton Luzern im Einsatz, um Problempflanzen kostenlos zu entsorgen. Hufschmid hofft gar auf ein Verkaufsverbot von Neophyten. Flächendeckende Tilgung sei allerdings nicht mehr möglich, Ziel sei die Schadensbegrenzung. Das sei nur gemeinsam möglich. Betroffene Landwirte sollten auch Nachbarn sensibilisieren, wenn sich Problempflanzen aus dem Siedlungsgebiet verbreiten.
Gelbfallen stellen
David Metzger erwähnte, dass zwar die Risiken von PSM in den vergangenen Jahren deutlich gesenkt werden konnten und auch die Verkäufe rückläufig sind. Der Absenkpfad des Bundes mit zahlreichen Massnahmen werde diesen Trend noch verstärken. Das Verbot einiger Wirkstoffe ab diesem Jahr sei aber sehr herausfordernd, so z. B. bei der Bekämpfung des Rapsstängelrüsslers.
Der Pflanzenbaufachmann riet dazu, Gelbfallen zu stellen und den Einflug im Frühjahr gut zu überwachen, denn die Eiablagestellen seien relevant für die Bekämpfungsschwelle. Wirksame Mittel gegen den Käfer sind nur noch mit Sonderbewilligung einsetzbar.
Ein weiterer Käfer bereitet auch im Aargau Sorgen, der Maiswurzelbohrer. Im Vorjahr waren alle Fallen für den Maiswurzelbohrer belegt, wie übrigens in der ganzen Nordwestschweiz, aber auch in Bern, Zürich, Schaffhausen und Luzern. Somit gelten im Aargau flächendeckende Fruchtfolge-Auflagen, wie Thomas Hufschmid vom LZ Liebegg erklärte. Das heisst, kein Mais nach Mais im Jahr 2023, auch nicht als Zweitkultur. Und weil wohl auch in den nächsten Jahren keine Besserung in Sicht sei, sollte für die Planung der Fruchtfolge für die nächsten Jahre beachtet werden, dass auch weiterhin kein Mais nach Mais möglich sein werde.
Vielfältige Fruchtfolge
Fabian Wenzinger, neu im Team Liebegg, erläuterte Hintergründe der zunehmenden Resistenzen, das heisst die natürliche Eigenschaft von Organismen, sich an Umweltbedingungen anzupassen. Diese können beispielsweise eine PSM-Behandlung überstehen, obwohl sie absterben sollten. Problematisch sei, dass diese Eigenschaft vererbbar sei. Resistenzen seien zunehmend nicht nur bei Ackerbeikräutern gegenüber Herbiziden festzustellen, sondern auch bei Insekten gegenüber Insektiziden. «Man muss die Resistenzrisiken kennen, um dagegen anzugehen.»Es brauche ein Resistenz-Management über alle Kulturen: eine vielfältige Fruchtfolge, vorbeugende Massnahmen wie Sortenwahl, Nützlinge, Behandlung erst nach erreichter Schadschwelle. Und vor allem einen Wechsel der abnehmenden Anzahl an Wirkstoffen.
Aktuelles zu Maiswurzelbohrer und Erdmandelgras im Kanton Luzern
Auch im Kanton Luzern gibt es Befall mit dem Maiswurzelbohrer. Aber hier gilt im Rahmen eines vom Bundesamt für Landwirtschaft 2019 bewilligten und bis maximal September 2025 dauernden Pilotprojekts eine andere Strategie. Mais nach Mais ist möglich, danach gilt aber eine zweijährige Anbaupause. Dies aufgrund von Modellrechnungen des Julius-Kühn-Institutes, wonach sich dank dieser Anbaupause keine schädliche Population entwickeln könne. Zur Überwachung dient ein verdichtetes Fallennetz.
Fruchtfolge einhalten
Im Vorjahr wurden erstmals flächendeckende Kontrollen dieser Fruchtfolgeregeln durchgeführt, wie Mario Kurmann vom BBZN Hohenrain berichtet. Bei Nichtbeachtung, das heisst, wenn ein drittes Jahr in Folge Mais angebaut oder die Anbaupause von zwei Jahren nicht eingehalten wird, müsse mit Sanktionen gerechnet werden. Kurmann weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Mais als Zweitkultur, z. B. nach Gerste, ebenfalls als Maiskultur gezählt wird. Das Luzerner Pilotprojekt wird auch dieses Jahr weitergeführt, für die verbleibenden beiden Folgejahre sei dies noch offen, je nach Entwicklung der Schädlingspopulation und Regelungen zum Quarantäneorganismus. Der Maisanbau ist im Kanton Luzern sehr bedeutsam, ein Viertel der Betriebe baut Mais nach Mais an, jeweils gefolgt von zwei bis vier Jahren Kunstwiese. Bevor das Pilotprojekt mit dem Strategiewechsel gestartet wurde, verursachten die Auflagen Mehrkosten von über einer Million Franken jährlich. Weiterhin Sorgen bereitet im Mittelland, auch in Luzern, das Problemunkraut Erdmandelgras. Dieses ist eine starke Konkurrenz zu Frühjahres- und Gemüsekulturen. Und es behindert die Ernte; in Kartoffeln und Zuckerrüben können die Ausfälle 40 bis 60 % ausmachen. Einmal etabliert, ist es gemäss Merkblatt Agroscope nur schwer bekämpfbar und kaum zu kontrollieren. Wichtig ist deshalb, dass die Knöllchen nicht durch Maschinen verschleppt werden sowie Befallsherde früh erkannt und gemeldet werden.
Felder abdampfen
Im Kanton Luzern ist Erdmandelgras seit 2018 als gemeingefährlich deklariert und meldepflichtig. An die Bekämpfung leistet der Kanton freiwillige finanzielle Beiträge, als zusätzlichen Anreiz. Im Vorjahr waren in Luzern 30 Parzellen mit einer Fläche von 40 ha mit Erdmandelgras bekannt. Ein Grossteil befindet sich auf drei Betrieben. So bestehen gute Voraussetzungen, die Ausbreitung zu stoppen. Hoffnungen setzt die Branche auf ein neues Dampfgerät, das bald im Feld auf betroffenen Luzerner Parzellen getestet werden könnte, wie Mario Kurmann erklärt. Er weist darauf hin, dass die für nächsten Mittwochnachmittag, 8. Februar, vorgesehene Luzerner Pflanzenschutztagung mangels Anmeldungen abgesagt werden musste. Stattdessen soll am Dienstag, 14. Februar, 19.30 Uhr eine Online-Veranstaltung durchgeführt werden. Dabei wird neben Pflanzenschutzmittelmarkt und Quarantäneorganismen auch über den Absenkpfad Pflanzenschutzmittel informiert. Dazu plane Luzern weiterführende Massnahmen.