Mit der Freiwilligkeit ist das so eine Sache, vermerkte Bio-Landwirt Daniel Vetterli, als Matthias Künzler, Leiter Abteilung Natur und Landschaft Thurgau, an der Basiskonferenz des Verbands Thurgauer Landwirtschaft die Massnahme 13 «Wiedervernässen von ehemaligen Feuchtgebieten» vorstellte.

30 ha bis 2028

Diese Massnahme ist Teil der Thurgauer Biodiversitätsstrategie, freiwillig und soll nur bei Grenzertragsflächen umgesetzt werden, wo Staunässe die Regel ist und die Böden schwer zu bewirtschaften sind. Noch gibt es im Kanton Thurgau 500 ha Feuchtgebiete und Flachmoore. Das Ziel des Kantons ist, bis ins Jahr 2028 weitere 30 ha vernässen zu lassen. Das macht dann durchschnittlich 5 ha pro Jahr.

2023 begann der Kanton Thurgau auf rund 3 ha mit dem Wiedervernässen. Es handelt sich um Pachtland der Bürgergemeinde Diessenhofen. 1942 wurde diese Riedwiese erstmals drainiert. Bewirtschaftet wird die Fläche von Daniel Vetterli, der in Rheinklingen einen Betrieb bewirtschaftet, und seinem Kollegen Philemon Stauffer, ebenfalls aus Rheinklingen.

Verpächter bestimmt

Weil die westliche Fläche von Philemon Stauffer immer mehr vernässte, beantragte er beim Verpächter die Erneuerung der defekten Drainagen. Leider brachte er damit einen Stein ins Rollen. So erkundigte sich der Bürgerpräsident umgehend beim Kanton, ob sich die Fläche für eine Wiedervernässung eignen würde.

Jetzt wird vernässt

«Und schon standen die Umweltingenieure auf dem Platz», sagt Daniel Vetterli. Seit zwei Monaten ist auch ein Bagger vor Ort, eine Hütte sei abgebrochen, fünf Weiher angelegt und zur Hauptstrasse hin ein Wassersammelgraben ausgehoben worden. Nächstens werden gezielt einige Drainagen verschlossen.

Die Streuwiese zählt weiterhin zur Landwirtschaftlichen Nutzfläche und ist direktzahlungsberechtigt. Aber frisch wiedervernässte Flächen erfüllen die Bedingungen der Qualitätsstufe II häufig nicht. Der jährliche QII-Beitrag wird aber vom Kanton so lange abgegolten, bis die wiedervernässten Flächen die Bedingungen der Direktzahlungsverordnung für Qualitätsstufe II erfüllen.

Was nervt?

«Es mag mich, dass man diese Fläche wieder in Streue zurückführt. Jahr für Jahr sorgte ich für den Unterhalt der Drainagen», sagt Daniel Vetterli. Er konnte das Extensoheu verfüttern und im Herbst die Fläche als Rinderweide nutzen. Jetzt seien halt auch diese rund 3 ha von ihm und seinem Kollegen dem Nahrungsmittelkreislauf entzogen.

Auch anderes nervt ihn. Die Biodiversitätstrategie 2023–2028 und der Massnahmenplan entstanden im Rahmen einer Volksinitiative. Vier bis sechs Millionen Franken pro Jahr seien dafür reserviert – was bei Zustand der Thurgauer Kantonsfinanzen kein Pappenstiel sei, so Vetterli.

Auch sei anfänglich nur von Biodiversitätsförderung im Siedlungsraum die Rede gewesen, die Landwirtschaft ausgenommen. Aber solche Projekte im Siedlungsraum seien nicht zu finden gewesen, also hätte man gleichwohl auf die Landwirtschaft zurückgegriffen. Und im Falle von Pachtland könne von Freiwilligkeit keine Rede sein.


Nachgefragt bei Tobias Schmid, Projektleiter Naturschutz, Kanton Thurgau.

«Auf Dauer im Grundbuch»

Wie viele Hektaren haben sich für Wiedervernässen angemeldet?

[IMG 2] Tobias Schmid: 2023 haben die Arbeiten für die Wiedervernässung von rund 3 ha Wiesland begonnen. Die Initiative kam vom Grundeigentümer. Zudem laufen Gespräche für weitere 2,5 ha. Was 2024 dazu kommt, wissen wir noch nicht. Alle Grundeigentümer machen freiwillig mit.

Wie sieht Ihr Entschädigungsmodell aus?

Wir entschädigen einerseits den Landwertverlust und an­dererseits Betriebseinbussen. Je nach Qualität des wieder­vernässten Bodens beträgt die Entschädigung für den Landwertverlust einmalig zwischen Fr. 2.– und Fr. 4.–/m2. Voraussetzung dafür ist, dass die Vernässungsfläche auf Dauer im Grundbuch gesichert ist. Die Entschädigung für die Betriebseinbussen entspricht dem QII-Beitrag. Im Falle von Streuwiesen liegt dieser aktuell bei Fr. 2060.–/ha/Jahr. Zusätzlich ist bei einem ausserordentlichen Mehraufwand eine Vergütung von Fr. 1000.–/ha/Jahr vorgesehen.

Wie gehen Sie vor, um zu vernässen?

Die Massnahmen sind situationsabhängig. Meistens kommt eine Kombination von Massnahmen zum Einsatz. Im Grundsatz versuchen wir, mit möglichst kleinen Eingriffen zu arbeiten, wie zum Beispiel dem Verschliessen von Drainagen. Manchmal ist es jedoch sinnvoll, zusätzlich den Humus abzutragen, um damit andernorts produktive Landwirtschaftsböden zu schaffen. Die Flächen, die wir wiedervernässen, sind ja heute schon wenig produktiv – und dies nicht, weil der Humus fehlt, sondern weil sie nass sind. Da leistet der Humus andernorts bessere Dienste.