Die Landwirtschaft im Kanton Luzern ist im schweizweiten Vergleich äusserst produktiv. Sie ist in der Topliga in Bezug auf die Arbeitsproduktivität (in Franken pro Arbeitskraft) wie auch auf die Flächenproduktivität (in Franken pro ha). Dies ist der intensiven Tierhaltung zu verdanken. Die Bäuerinnen und Bauern im Kanton Luzern sind sehr professionelle und kompetente Tierhalter mit spezifischem Know-how in der Milch- und Schweinefleischproduktion. Hier ist vielleicht nicht zufälligerweise die Heimat des grössten Schweizer Milchverarbeiters Emmi und der Suisag, des Schweizer Zentrums für die Schweinezucht.

Vorhandene Potenziale nutzen

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Spezialkulturen und der Spezialitäten-Ackerbau stehen im Kanton Luzern im Schatten der Tierproduktion. Flächenmässig steht Luzern nicht dort, wo das aufgrund der produktionstechnischen Bedingungen erwartet werden könnte. In Bezug auf die Spezialkulturen gibt es ungenutzte und neue Potenziale, die erschlossen werden könnten und von einigen Bäuerinnen und Bauern auch genutzt werden möchten. Das Projekt «Offensive Spezialkulturen» kann hier unterstützen.

Die «Offensive Spezialkulturen» hat das Ziel, den Anbau von Spezialkulturen im Kanton Luzern zu fördern. Fabian Burch ist seit Anfang Jahr am BBZN Hohenrain als Projektleiter für diese Initiative zuständig. Dabei wird er unterstützt von einem Team mit Beraterinnen und Beratern, die spezialisiert sind auf einzelne Produktionszweige und auf Wertschöpfungsketten.

Die «Offensive Spezialkulturen» hat drei Pfeiler. Erstens die Anbauberatung: Interessierte Produzentinnen und Produzenten sollen vor und nach der Umstellung von kompetenten Beraterinnen und Beratern unterstützt werden. Zusätzlich werden mit einer Veranstaltungsreihe innovative Konzepte und Kulturen vorgestellt sowie der persönliche Austausch und das Netzwerk gepflegt.

Ein kantonales Förderprogramm

Zweitens ein Förderprogramm: Umstellungswillige Betriebe können finanziell unterstützt werden, wenn diese innovative Kulturen anbauen oder innovative Konzepte für etablierte Kulturen testen. Das Förderprogramm wird ab Mai 2024 gestartet und in einer der nächsten Ausgaben der BauernZeitung Zentralschweiz im Detail vorgestellt. Drittens die Anpassung von Rahmenbedingungen: Da es in Zukunft infolge des Klimawandels vermehrt zu Trockenperioden kommen wird, ist die Bewässerung von Kulturen und der Bau von lokalen Wasserspeichern von grosser Bedeutung. Es gilt, mit dem vor Ort verfügbaren Wasser die Erträge in Qualität und Quantität zu sichern und langfristige Schäden an den Kulturen zu verhindern. Weiter sind auch gute Rahmenbedingungen in der Raumplanung ein entscheidender Faktor: Besserer Witterungsschutz, Kühl- und Lagerräume sowie Unterkünfte für saisonale Arbeitskräfte sollen einfacher geschaffen werden können.

Erfolgsgeschichte mit dem Wein

Agrarprodukte haben dann Erfolg am Markt, wenn sie einerseits professionell produziert werden und andererseits die Wertschöpfungsketten und das Absatzpotenzial vorhanden sind. Zwei Beispiele können das für den Kanton Luzern wunderbar zeigen. Der Weinbau gehört zu den am stärksten wachsenden Produktionszweigen des Kantons Luzern. Innert 20 Jahren hat sich die Weinanbaufläche mehr als verdoppelt auf aktuell 92 ha. Der Luzerner Wein hat nicht nur quantitativ zugelegt, sondern auch qualitativ. Die Klimaverhältnisse der letzten Jahre wie auch neue Sorten wirkten sich positiv auf den hiesigen Weinbau aus. Rund 50 Erwerbswinzerinnen und Winzer bauen 50 verschiedene Rebsorten an und produzieren über 300 verschiedene Weine. Der Anteil pilzwiderstandsfähiger Sorten (Piwi) liegt bei 30 % und damit höher als in jedem anderen Rebbaukanton. Beim Wein ist der Direktverkauf sehr wichtig, die lokale Produktion hat sich in den letzten Jahren aber auch in der Luzerner Gastronomie etabliert. Eine Erfolgsgeschichte, die hoffentlich so weitergeht.

Gerstenmalz aus Luzern

Seit der Aufhebung des Bierkartells im Jahr 2000 hat sich die Bierwelt in der Schweiz zum Guten entwickelt. Kleinbrauereien sind auf den Markt gedrängt und haben Spezialbiere angeboten. Die Grossbrauereien haben reagiert und ihre Sortimente ebenfalls erweitert. Was geblieben ist: Die Biere wurden weiterhin mit importiertem Gerstenmalz gebraut. Im März 2024 ist nun das erste Luzerner Bier aus Luzerner Gerste gebraut worden. Möglich gemacht haben das Luzerner Gerstenbauern, die IG Mittellandmalz, die den Anbau und die Qualität koordiniert, eine Sammelstelle im grenznahen Oberaargau, die einzige Schweizer Mälzerei, die seit gut zwei Jahren in der Nähe von Lenzburg Gerstenmalz herstellt und die Brauerei Luzern AG. Diese Auflistung zeigt, dass es oft viele Parteien für eine Marktlancierung braucht. Im Mai 2024 kommt das erste Luzerner Bier aus Luzerner Gerste auf den Markt. Wir freuen uns, dann auf weitere, hoffentlich erfolgreiche Projekte im Bereich der Spezialkulturen anzustossen.

Markt- und Standortanalyse

Im Auftrag des Kantons Luzern hat Agridea 2022 eine Marktanalyse für ausgewählte Spezialkulturen erstellt. Dabei wurden über 20 Verarbeiter und Vermarkter in der Zentral­schweiz zur Marktentwicklung und zum Potenzial dieser landwirtschaftlichen Erzeugnisse befragt. Die von den nachgelagerten Firmen genannten Trends sind die pflanzliche Ernährung, Gesundheitsbewusstsein, Convenience sowie der Fokus auf nachhaltige und biologische Produktion. Das bringt Chancen für innovative Agrarprodukte wie beispielsweise Proteinkulturen.

Regionalität ist beliebt
Ein weiterer gesellschaftlicher Trend, der in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen hat, ist die Regionalität. Dazu ist zu erwähnen, dass es einen grossen Nachfrageüberhang bei bereits etablierten Kulturen wie etwa Äpfel, Birnen und Erdbeeren aus der Region gibt. Die Detailhändler suchen weitere Mengen an Obst und Gemüse für ihre Regio-Label, insbesondere in Bioqualität.

Spezialkulturen mögen meist Wärme
Ein zweiter Auftrag wurde der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) erteilt, um die Anbaueignung von Spezialkulturen im Kanton Luzern zu analysieren, zum Beispiel für Soja, Kichererbsen, Süsskartoffeln, Sonnenblumen oder Braugerste. Die Ergebnisse zeigen, dass im Kanton Luzern geeignete Standorte für den Anbau der gewählten Kulturen bestehen. Für einen Grossteil der untersuchten Kulturen, die mehrheitlich wärmeliebend sind, wird sich die Anbaueignung mit der Klimaerwärmung noch verbessern. kg

Mit diesem Artikel starten wir eine übers Jahr verteilte Serie von rund einem Dutzend Artikeln zur «Offensive Spezialkulturen».