Kommt es in der Landwirtschaft zu Abzügen oder Schäden, spricht man schnell von erheblichen Geldsummen. Dies zeigt der Fall Walther aus dem bernischen Diemerswil. Der Rübenpflanzer Thomas Walther liess die 195 Tonnen Rüben letztes Jahr durch den Rübenring verladen und nach Aarberg liefern. Daraufhin kam der Bericht, dass Walthers Lieferungen einen durchschnittlichen Fremdbesatz von 27% aufwiesen. Aktuell beträgt der durchschnittliche Gesamtabzug in der Fabrik Aarberg 9,7%. Der hohe Fremdbesatz führte zu Abzügen von mehreren tausend Franken (den genauen Betrag möchte Walther nicht abdrucken). Der Rübenpflanzer war beim Abladen der Rüben nicht vor Ort. Dies ist gemäss den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Rübenrings jedoch auch nicht vorgeschrieben.
«Rüben waren nach der Rodung sauber»
Nun ist nach mehr als einem Jahr immer noch nicht klar, wer für den hohen Fremdbesatz verantwortlich ist. Thomas Walther und Ueli Brauen von der Rüben GmbH sind der Meinung, dass ein unsachgemässes Verladen der Zuckerrüben die Ursache des hohen Fremdbesatzes war. Dies bestätigen auch andere Zeugen. «Die Rüben waren nach der Rodung sauber», betont Brauen. Der Rübenerntebetrieb von Brauen war damals für die Rodung zuständig. «Der Rübenmausfahrer hat beim Verladen eine 15 m tiefe Schicht abgetragen», ist Brauen überzeugt. «Im Anhänger hatte es ganze Grassoden (Mutten)», beobachtete er.
Einsprache, Rekurs, Anwalt
Nach Einreichung einer Einsprache und eines Rekurses bei der Schlichtungskommission des Rübenrings kam nun Anfang November ein juristisches Schreiben im Auftrag des Rübenrings (liegt der Redaktion vor). Zuvor hatten sich der Landwirt, der Rübenring, der Rübenerntebetrieb, der Präsident der Schlichtungskommission und Peter Imhof von der Schweizer Zucker AG die Situation vor Ort angeschaut. Weil danach immer noch nicht klar war, wie es zum hohen Fremdbesatz kam, holten sich der Rübenring und Thomas Walther rechtliche Unterstützung. Dies zog eine juristische Schlammschlacht mit sich.
Keine vertraglichen Pflichten verletzt
Im Schreiben begründet die Anwältin der Genossenschaft, warum der Rübenring gegenüber Thomas Walther keine vertraglichen Pflichten verletzt habe. Auch wird die Forderung auf Schadenersatz, der aus den Abzügen durch den hohen Fremdbesatz zusammengesetzt ist, zurückgewiesen.
Haufen auf Wiesenparzelle gelagert
Thomas Walther liess die Miete auf einer Wiesenparzelle anlegen. «Die Haufen sollten auf ebenem Terrain angelegt werden, damit sie von den Reinigungs- und Verlademaschinen sauber aufgenommen werden können. Dies war auf der nebenanliegenden Wiese der Fall», erklärt Walther seine Entscheidung, die Miete auf der Wiese angelegt zu haben. Dies kritisierte die Anwältin im Auftrag des Rübenrings. «Das Ablegen von Haufen auf Gras ist gemäss den AGB des Rübenrings nicht erlaubt», schreibt sie. «Das stimmt so nicht», entgegnet Thomas Walther. Auch die Recherche der BauernZeitung ergab, dass Haufen lediglich nicht auf Graswegen angelegt werden dürfen. Somit hätte Walther die AGB in diesem Belangen offenbar nicht verletzt.
Die Folgen selber tragen
Weiter bemängelt der Rübenring, dass die Parzelle angeblich «mit vielen Steinen durchsetzt» war. Somit habe das – und nicht die falsche Einstellung der
Rübenmaus – zum erhöhten Fremdbesatz geführt. Daraufhin beauftrage der Bauer das Beratungsbüro für Boden und Landwirtschaft in Wengi bei Büren BE, welches das ehemalige Rübenfeld auf Steingehalt untersuchte. Gemäss dem Inhaber des Beratungsbüros «gilt das Feld als skelettarm, das heisst, der Steingehalt ist sehr tief». Auch dass die Rüben nicht mit Vlies gedeckt waren, führte laut der Anwältin des Rübenrings zum erhöhten Fremdbesatz. «Deshalb klebte Erde an den Rüben (...) und sie waren nass». Gemäss den AGB des Rübenrings sind die «Bauern bei Regen gehalten, die Rüben mit Vlies zu decken». Somit habe Thomas Walther die Folgen dieses Umstandes selber zu tragen.
«Mir geht es nicht um das Geld»
Thomas Walther ist verärgert, dass der Rübenring jegliche Schuld von sich weist. «Mir geht es nicht um das Geld. Dies ist eine reine Prinzipfrage». Walther ist ein langjähriges Mitglied des Rübenrings und erwartete daher Unterstützung in diesem Fall. «Ich liess den Verlad und den Transport extern verrichten und stehe jetzt mit den hohen Abzügen alleine da», erzählt Thomas Walther.
Der Ball liegt nun wieder bei der Schlichtungskommission des Rübenrings. Der Rübenring wollte zum Fall Walther keine Stellungnahme abgeben.
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