Nur noch zwei statt dreizehn Rappen Marge wie im Jahr 2021 hätten Gemüsebauern dieses Jahr pro Gurke erzielt. Zu diesem Resultat kommt eine Studie des Westschweizer Konsumentenverbandes (Féderation romande des consommateurs), die Mitte Oktober vom «SonntagsBlick» aufgegriffen wurde. Die Autoren der Studie sehen den Grund in den hohen Margen von Migros und Coop. Diese halten sich jedoch bedeckt, was ihre Margen angeht. Die BauernZeitung hat bei Gemüseproduzenten nachgefragt. [REL1]
Dünger, Heizen und Jungpflanzen sind teurer geworden
So genau könne er nicht sagen, ob die Zahlen auch für ihn zutreffen, sagt Michael Moser, Gemüseproduzent aus Kerzers FR. Wie bei vielen Gemüsebaubetrieben macht er erst Ende Jahr eine genauere Nachkalkulation der Kosten und Margen, sagt aber: «Es ist ganz klar, dass unsere Marge dieses Jahr massiv gesunken ist.» Insbesondere beim Dünger, Heizen und bei den Jungpflanzen seien die Kosten gestiegen, hält er fest.
«Es ist ganz klar, dass unsere Marge dieses Jahr massiv gesunken ist.»
Michael Moser, Gemüseproduzent aus Kerzers FR
Seine Marge wird sich dieses Jahr also schmälern, was bei Migros und Coop seiner Meinung nach nicht der Fall sein dürfte. «Ich nehme an, bei den Grossverteilern ist die Marge gleich hoch geblieben», so Moser. Auch Armin Risch, Gemüseproduzent in St. Margrethen SG, sagt auf Anfrage, dass die Produktionskosten gestiegen sind und findet, die Produzentenpreise sollten steigen: «Es ist ein Appell an die ganze Branche», sagt er.
Je nach Betrieb
Man müsse aber abwägen, findet Sepp Egger. Er ist Gemüseproduzent in Bürglen TG. Auch auf seinem Betrieb sind laut seinen Angaben die Kosten für die Produktion gestiegen und er ist der Meinung: «Es braucht einen Preisrutsch nach oben.» Er sagt aber, dass eine pauschale Aussage zu den Margen schwierig sei.
«Es braucht einen Preisrutsch nach oben.»
Sepp Egger, Gemüseproduzent in Bürglen TG
Vorsichtig mit konkreten Zahlen ist auch der Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP). Er schreibt auf Anfrage der BauernZeitung, die Produktionskosten würden von Betrieb zu Betrieb variieren, wie dies die Autorin und der Autor der Studie richtig ausführen würden, und seien stark von der Gemüsekultur, der Saison und weiteren Faktoren wie Region oder Kanton, Wetterbedingungen und der Wirtschafts- und Marktlage abhängig.
Junge Generation zieht nach
Welchen Einfluss die höheren Kosten auf die Gemüsebranche haben, bleibt abzuwarten. Auch Michael Moser findet, die Preise müssten steigen, wenn das gleiche Angebot angestrebt werde. Denn viele, vor allem jüngere Produzent(inn)en würden nicht mehr nur darauf setzen, mehr zu produzieren, wie dies früher der Tenor im Gemüsebau gewesen sei. «Sie fragen sich: ‹Warum soll ich mehr produzieren, wenn ich damit nicht mehr verdienen kann?›»
«Sie fragen sich: ‹Warum soll ich mehr produzieren, wenn ich damit nicht mehr verdienen kann?›»
Michael Moser über die jüngere Generation der Gemüsebauern
Extensivierung ist also ein Thema. Das heisst: Gemüsebauflächen im Freiland werden auf Ackerbau umgestellt. Armin Risch beobachtet ebenfalls eine Änderung der Strategie im Gewächshausanbau aufgrund der gestiegenen Heizkosten. So tendiert man eher dazu, nicht mehr allzu früh mit beheizten Kulturen anzufangen, denn «jeder Tag früher bedeutet ein Tag mehr Heizen im Gewächshaus».
«Fehlende Perspektive» bei jungen Gastarbeitenden
Damit macht sich der Einfluss der jüngeren Generation bei den Produzent(innen) bemerkbar, aber nicht nur dort, auch beim ausländischen Personal zieht die jüngere Generation nach, und diese denke anders, bemerkt Michael Moser. Möglichst wenig Überstunden leisten, Fehlen auf der Arbeit und eine fehlende Perspektive nennt er als Stichworte. Rund 30 % seines Umsatzes gehen an die Personalkosten, wie er sagt. Wenn die Leistung des Personals nicht mehr stimme, habe dies einen massiven Einfluss, wie gut der Betrieb rentiere.
Fachkräfte sind rar
Es fehle vor allem an Schweizer Fachkräften, bemerkt dazu Armin Risch. Es herrsche auf dem Arbeitsmarkt eine «sehr angespannte Lage». Ausserdem habe die neue Generation kein Interesse, 55 bis 60 Stunden pro Woche zu arbeiten.
«Der Mitarbeiter muss sich wohl fühlen.»
Sepp Egger ist das Befinden seiner Mitarbeiter(inn)en wichtig
Sepp Egger beobachtet, dass die Arbeitsbedingungen im Gemüsebau in den Nachbarländern wie Deutschland und Holland besser geworden seien, die Konkurrenz habe durchaus Auswirkungen auf die Schweiz. Es sei wichtiger geworden, sich für die eigenen Mitarbeitenden zu engagieren. «Der Mitarbeiter muss sich wohl fühlen», sagt er. Er rekrutiert seine Arbeiter vor allem aus Rumänien, dabei sei es besonders wichtig, die Kontakte zu pflegen, um so neue Arbeitskräfte gewinnen zu können.