Es blüht weissgelb und ist durchaus hübsch anzusehen, darum wurde es einst als Schnittblume nach Europa gebracht. Aber das Einjährige Berufkraut ist ein invasiver Neophyt und ein äusserst erfolgreicher noch dazu. Es verdrängt angestammte Pflanzen, auch seltene, und stellt eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die heimische Flora dar.
Bis 50 000 Samen
Sein Erfolgsgeheimnis ist die hohe Samenmenge. Jede Pflanze verfüge über 10 000 bis 50 000 Samen, erklärt Fiona Cimei von der Fachstelle Pflanzenschutz am Strickhof im Kanton Zürich. Die leichten Samen werden durch den Wind verbreitet. Besonders wohl fühlt sich das so unschuldig aussehende Blümchen an Strassen- und Wegrändern, in Kiesgruben und auf Biodiversitätsflächen. «Im Ackerbau, etwa auf Maisfeldern, oder auch auf intensiv genutzten Wiesen haben wir keine Probleme damit», sagt Cimei. Den Befall im Kanton Zürich einzuschätzen, sei schwierig: «Es ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich.»
Bekämpfungspflicht
Laut Direktzahlungsverordnung (DZV, Art. 58, Abs. 3) müssen invasive Neophyten wie das Einjährige Berufkraut bekämpft werden. Insbesondere ist ihre weitere Ausbreitung zu verhindern. Grundsätzlich seien die Landwirte mittlerweile recht gut über die Problempflanze informiert, sagt Fiona Cimei. Die Fachstelle Pflanzenschutz weise unter anderem an jeder Flurbegehung darauf hin und informiere die Landwirte auch schriftlich.
Im Kanton Bern erhalte die Fachstelle Pflanzenschutz am Inforama laut eigenen Angaben fast keine Anfragen zum Neophyten. «Da das Einjährige Berufkraut die Ackerkulturen nicht direkt beeinflusst, ist das Interesse an der Bekämpfung nicht so gross», so Alexandra Schröder von der Berner Fachstelle Pflanzenschutz. Von den entsprechenden Fachstellen in den Kantonen Luzern und St. Gallen erhielt die BauernZeitung auf Anfrage keine Antworten zum Thema Berufkraut. Verwiesen wurde auf Ferienabwesenheiten.
Einzeln ausreissen
Gegen das Berufkraut hilft nur rigoroses Jäten. Jede einzelne Pflanze muss von Hand ausgerissen werden. Die Pflanzen müssen mit der Wurzel entfernt werden, sonst treiben sie erneut aus. Blühende Pflanzen sowie Pflanzen mit Samenständen sind in Kehrichtsäcke zu füllen und so zu entsorgen.
Wenn der Befall zu stark ist, gibt es weitere Möglichkeiten wie den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) oder Weidetieren. «Besonders gute Erfahrungen haben wir mit einer Kombination aus PSM und Schafweide gemacht», sagt Fiona Cimei. Die Pflanzenschutzmittel schwächen die Pflanzen. Die Schafe, welche das Berufkraut als einzige Tiere fressen, reduzieren den Neophyt weiter. Eine vollständige Bekämpfung könne so aber nicht erreicht werden, erklärt Cimei weiter.
Offiziell sei kein PSM gegen das Berufkraut zugelassen. Es gibt aber Mittel, die man auf Biodiversitätsförderflächen im Einzelstockverfahren einsetzen darf. Versuche hat die Zürcher Fachstelle etwa mit Mitteln gemacht, die gegen die Distel zugelassen sind. «Möchten Sie selbst ein Pflanzenschutzmittel ausprobieren, kontaktieren Sie vorher in jedem Fall die Fachstelle Pflanzenschutz.»
Beiträge streichen möglich
Im Kanton Bern sieht die Bekämpfungsstrategie ähnlich aus. «Wir empfehlen den Landwirten das Ausreissen oder häufiges Mähen», so Andreas Brönnimann von der Abteilung Naturförderung am Amt für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern. Empfohlen wird das Mähen vor der Blütenreife, bei extensiven Weiden das regelmässige Weideputzen.
Ein übermässiger Besatz an Problempflanzen in Biodiversitätsflächen kann zum Ausschluss aus der landwirtschaftlichen Nutzfläche führen und damit auch von der Beitragsberechtigung. Dies sei im Kanton Zürich aber noch nie passiert, erklärt Fiona Cimei. «Bei starkem Befall erarbeiten wir mit dem Landwirt eine dreijährige Bekämpfungsstrategie. In diesem Zeitraum versuchen wir die finanziellen Einbussen für den Landwirt so klein wie möglich zu halten.»
Extrem verseuchte Brachen müssten vorzeitig in die Fruchtfolge zurückgeführt werden, heisst es zur gleichen Frage aus dem Kanton Bern. «Das geschieht in der Regel zu Beginn des Beitragsjahres, somit hat der Bewirtschafter die Möglichkeit, eine andere Kultur anzumelden», so Andreas Brönnimann.
In der Pflicht sind aber nicht nur Landwirte, sondern auch Gemeinden und Privatpersonen, auf deren Flächen und in deren Gärten der invasive Neophyt auch gerne wuchert. «Wir dürfen dort nicht selbst tätig werden, motivieren aber die Landwirte, Gemeinden und Privatpersonen, auf das Einjährige Berufkraut aufmerksam zu machen», sagt Fiona Cimei. In vielen Fällen würden die Leute den Neophyten gar nicht kennen, aber sehr verständnisvoll reagieren.