Blattläuse sind in verschiedenen Kulturen ein Thema – und man könnte sie als quasi perfekte Schädlinge bezeichnen.

Weite Distanzen möglich

«Um rasch eine Population aufzubauen, können sie den Zyklus Ei–Larve–Adulte umgehen und stattdessen lebend gebären», erklärt Markus Hochstrasser von der Fachstelle Pflanzenschutz am Strickhof. Es gibt geflügelte und flügellose Generationen, fährt Janine Hitz vom Fachbereich Ackerbau fort. «Geflügelte Individuen können je nach Wind und Wetter wenige 100 Meter bis zu mehreren Kilometern zurücklegen, um eine Wirtspflanze zu finden.»

Auch wenn sie sich äusserlich ähneln, so hängen doch je nach Kultur unterschiedliche Blattlausarten an Stängeln oder Blättern. Da sie sich vom Pflanzensaft ernähren, schwächen sie ihre Wirte. «Bei Zuckerrüben können Blattläuse das Wachstum verzögern und zu einem Ertragsverlust führen», sagt Markus Hochstrasser. Ein Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist erst nach der Überschreitung der Bekämpfungsschwellen (BKS) möglich. Die Bekämpfungsschwelle definiert den Punkt, ab dem der durch Schadorganismen verursachte Schaden die Behandlungskosten übersteigt und ein wirtschaftlicher Verlust entsteht.

Auf Nützlinge achten

Blattläuse sind aber insbesondere auch als Virenüberträger gefürchtet. Bei Pflanzkartoffeln zwingt dieser Umstand zum Anbau gewisser Vermehrungsstadien unter Netzen. In Zuckerrüben überträgt die Grüne Pfirsichblattlaus die viröse Vergilbung. Sobald das entsprechende Virus im Feld angekommen ist, können es auch Schwarze Blattläuse weiterverbreiten. «Im Gemüse gilt zusätzlich, dass die Blattläuse den Zuckersaft auf untere Blätter und Früchte ausscheiden. Der ist klebrig und fördert schwarze Pilze», ergänzt Markus Hochstrasser. Das führe z. B. bei Tomaten zu unverkäuflicher Ware.

Getreide leide erst unter Blattläusen, wenn sie an der Ährenspindel die Assimilate für die Kornfüllung wegsaugen. «Im Getreideanbau halten Nützlinge die Blattläuse bislang gut in Schach.» Marienkäfer sind auch in Kartoffeln oder Zuckerrüben gern gesehene Lausvertilger, auf die es beim chemischen Pflanzenschutz Rücksicht zu nehmen gilt: Der Einsatz von Pyrethroiden kann die Nützlingspopulation stark reduzieren, weshalb sowohl Schädlings- als auch Nützlingsentwicklung vor einem Insektizideinsatz genau betrachtet und nützlingsschonende Mittel eingesetzt werden sollten.

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Typisch ist der Blattlausbefall für Leguminosen, vor allem Eiweisserbsen gelten als stark anfällig. «Bei Leguminosen sind die Grüne Pfirsichblattlaus, die Schwarze Blattlaus und die Grüne Erbsenblattlaus von Bedeutung», zählt Janine Hitz auf. Wird die Population auf der sommerlichen Wirtspflanze zu gross oder das Nahrungsangebot knapp, können Läuse wieder geflügelte Generationen bilden. «Das bedeutet, dass eine sehr stark verlauste Kultur oder BFF eine Gefahr für benachbarte Kulturen darstellen kann.» Es sei aber schwer zu sagen, wie viele Läuse dann tatsächlich übersiedeln würden. Das je nach Art enge Wirtsspektrum begrenzt das Risiko weiter.

Vorsicht Sonderbewilligung

Auch dieses Jahr sind Blattläuse häufig in Kartoffeln und Zuckerrüben zu finden. «Ob Blattlaus-Populationen sich im Frühling früh und stark vermehren, hängt von der Überlebensrate bzw. der Strenge des Winters ab», erklärt Markus Hochstrasser. In milden Wintern könnten geflügelte Adulte überleben und im Frühjahr rasch eine Explosion der Population bewirken. Wichtig ist vor dem Einsatz von Insektiziden zu prüfen, ob der Wirkstoff eine Sonderbewilligung benötigt.

N-Überschüsse vermeiden

Die deutsche Regenerativ-Beraterin Ingrid Hörner vertritt die Ansicht, dass Blattläuse Zeiger für geschwächte Pflanzen sind. Diese sendeten ein verändertes Wellenspektrum aus, das die Insekten mit ihren Fühlern wahrnehmen könnten und sie anlocke. Der Grund sind laut Hörner Probleme in der Proteinsynthese der Pflanzen, die zu mehr einfachen Aminosäuren im Blattsaft führten – ideales Futter für einfache Insekten wie Läuse.

«Nitrat-Zeiger»
Da die Proteinsynthese durch Nitrat-Überschüsse bzw. dadurch gehemmte Kupferaufnahme gestört werde, bezeichnet die Landwirtin Läuse als «Nitrat-Zeiger». Sie seien ausserdem ein Hinweis auf einen Mangel an Calcium, Phosphat und Eisen/Kupfer.

«Blattläuse befallen mehrheitlich gut wachsende Pflanzen, sie sind kein Indiz für geschwächte Kulturen», sagt hingegen Markus Hochstrasser vom Strickhof. Sein Kollege Serge Braun vom Fachbereich Boden und Düngung bemerkt, dass eine übermässige N-Düngung die Zellstruktur schwächen und dadurch anfälliger machen könne. Das erhöhe auch den Aminosäurengehalt im Blattsaft, was – da ist er mit Ingrid Hörner einig – die Pflanze für Blattläuse attraktiver macht. «Ich sehe hier den Zusammenhang.» Zwar könne durch einen erhöhten N-Gehalt die Kupferaufnahme gestört werden, das beziehe sich aber eher auf das positive geladene Ammonium (NH3). Es wirkt gegenüber dem ebenfalls positiv geladenen Kupfer als Gegenspieler.

Gleiches Fazit
Beide Sichtweisen führen indes zur Erkenntnis, dass eine bedarfsgerechte Düngung auch zum Schutz gegen Blattläuse von Vorteil ist.